· Fachbeitrag · Ausbildungszeugnis
Gutes Betriebsklima, bessere Arbeitsleistung: So erstellen Sie das richtige Zeugnis
von Rechtsanwaltsfachangestellter Christian Noe B.A., Leipzig
| Die Erstellung von Arbeitszeugnissen für das Kanzleipersonal gehört zu den Routinearbeiten. Welche Besonderheiten gelten für Rechtsanwaltsfachangestellte, die nach ihrer Abschlussprüfung ihr Ausbildungszeugnis erhalten? Der Beitrag fasst die Ausbilderpflichten zusammen und gibt Praxishinweise für eine korrekte Gestaltung. |
1. Ausbildungszeugnis muss unaufgefordert erstellt werden
Der Zeugnisanspruch ergibt sich aus § 16 Abs. 1 S. 1 BBiG. Das Zeugnis sollte den Titel „Ausbildungszeugnis“ tragen und muss Art, Dauer und Ziel der Ausbildung sowie eine genaue Beschreibung der erworbenen Qualifikationen und Fähigkeiten enthalten (Mindestinhalt nach § 16 Abs. 2 BBiG). Es ist spätestens bei Beendigung des Ausbildungsverhältnisses, also nach erfolgreichem Abschluss der mündlichen Prüfung, beziehungsweise der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses auszuhändigen. Dieser Zeitpunkt kann auch vor dem im Berufsausbildungsvertrag als Beendigungsdatum festgelegten Zeitpunkt liegen, da die Prüfungstermine in jedem Jahr variieren. Während ein Arbeitnehmer sein Zeugnis beim Arbeitgeber verlangen muss (§ 630 S. 1 BGB, § 109 Abs. 1 S. 1 GewO), ist die Erstellung eines Ausbildungszeugnisses die Pflicht des Ausbilders. Es ist unaufgefordert und rechtzeitig zu erstellen (BAG 12.2.13, 3 AZR 121/11, Abruf-Nr. 142390).
PRAXISHINWEIS | Der Ausbilder hat die Pflicht, ein einfaches Zeugnis mit dem Mindestinhalt nach § 16 Abs. 2 BBiG zu erteilen. Für aussagekräftige Bewerbungen ist aber ein qualifiziertes Ausbildungszeugnis notwendig. Das enthält zusätzlich eine Leistungs- und Verhaltensbeurteilung (z.B. Leistungswille, Engagement in der Kanzlei, Fleiß und Zuverlässigkeit). Ein qualifiziertes Zeugnis muss der Auszubildende verlangen, § 16 Abs. 2 S. 2 BBiG. Klären Sie der Einfachheit halber frühzeitig ab, ob er ein solches wünscht, da diese Zeugnisform die Regel darstellt. Ein einfaches Zeugnis kann Misstrauen erwecken, weil es für künftige Arbeitgeber auf Unstimmigkeiten oder mangelhafte Leistungen deutet. |
Das Ausbildungszeugnis muss auf dem Kanzleibriefbogen erstellt und handschriftlich unterzeichnet werden. Im Berufsausbildungsvertrag wird die ausbildende Kanzlei und ein dortiger Ausbilder bezeichnet. Letzterer sollte das Zeugnis auch unterschreiben. Die Unterschrift mehrerer Anwälte ist möglich. Die formellen Vorgaben listet die folgende Checkliste auf:
Checkliste / Ausbildungszeugnis ‒ Form |
|
|
2. Beschreiben Sie die erworbenen Fähigkeiten in zwei Stufen
Das Ausbildungszeugnis enthält zwei Stufen. Der Auflistung allgemeiner fachlicher Fähigkeiten schließt sich jene mit besonderen Qualifikationen an.
a) Erste Stufe: Erwerb der Basis-Qualifikationen
Die Formulierungen müssen zum Ausdruck bringen, dass die grundsätzlichen Fachkenntnisse erworben wurden. Hierbei kann sich der Ausbilder an der ReNoPat-Ausbildungsverordnung orientieren, die den schulischen Ausbildungsrahmenplan und die Inhalte der betrieblichen Ausbildung enthält (iww.de/sl479).
PRAXISHINWEIS | Im Zeugnistext darf nicht nur formuliert werden, dass die Inhalte der Ausbildungsordnung während der Ausbildung vermittelt wurden. Die einzelnen Aufgaben und Tätigkeiten sind genau zu bezeichnen. |
Wesentliche zu berücksichtigende Qualifikationen sind z.B.:
- Aktenführung, Wiedervorlagen, Berechnung und Notierung von Fristen
- Termin- und Sprechzeitenvorbereitung, Mandantenkontakt
- Korrespondenz nach Diktat, mit Gerichten und Behörden
- Bearbeitung der Ein- und Ausgangspost
- Mahnverfahren und Zwangsvollstreckung
- Umgang mit der Kanzlei-EDV (Office-Paket, Anwaltssoftware, elektronischer Rechtsverkehr, Internet)
b) Zweite Stufe: Erwerb von individuellen Qualifikationen
In einer zweiten Stufe muss das Zeugnis individuelle Qualifikationen und überdurchschnittliche Kenntnisse dokumentieren, die in der Kanzlei erworben wurden, § 16 Abs. 2 S. 1 BBiG. Während der Ausbildung sollte stichpunktartig in der Personalakte festgehalten werden, auf welchen Gebieten der Auszubildende hervorzuhebende Leistungen zeigt. Ziehen Sie gegebenenfalls das Berichtsheft bei und weisen Sie auf regelmäßige Heftführung hin. Dies ist zwar im Berufsausbildungsvertrag festgelegt, wird jedoch in der Praxis häufig vergessen oder nicht nachgehalten.
|
Ein Auszubildender in einer auf Arzthaftungsrecht spezialisierten Kanzlei beherrscht die medizinische Nomenklatur überdurchschnittlich gut, ist mit dem Aufbau und der Lektüre medizinischer Gutachten vertraut und hat einen fundierten Überblick über klinische Fachrichtungen und Krankheitsbilder entwickelt. |
Holen Sie sich während oder vor dem Abschluss der Ausbildung die Einschätzung der Lehrkräfte der Berufsschule ein. An welchen Rechtsgebieten war der Auszubildende besonders interessiert, welche formell- und materiell-rechtlichen Zusammenhänge beherrscht er routiniert? Dies ist aussagekräftiger, als lediglich auf die Zeugnisnoten zu schauen und dokumentiert im Zeugnis das juristische Verständnis des Auszubildenden. Folgende Checkliste unterstützt das präzise Benennen möglicher Fachkenntnisse. Formulieren Sie auch, ob er/sie „selbstständig“ Aufgaben erledigt hat.
Checkliste / Besondere Qualifikationen ‒ Beispiele |
|
PRAXISHINWEIS | Fertigen Sie von jedem Zwischen- oder Ausbildungszeugnis eine Kopie an und legen Sie Textbausteine an, damit aussagekräftige Formulierungen für künftige Zeugnisentwürfe zur Verfügung stehen und zeitsparend individuell angepasst werden können. |