Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Personalrecruiting

    Onboarding ‒ Vom ersten Bewerberkontakt bis zum Kennenlerntag in der Kanzlei

    von David Scherf, Köln, klein-partner.com

    | Onboarding ist ein zentraler Punkt einer erfolgreichen Personalstrategie und bezeichnet die Einarbeitung und Integration von neuen Mitarbeitern durch das Unternehmen. Es führt dazu, dass sich Bewerber und neue Mitarbeiter ab dem ersten Kennenlernen mit dem Unternehmen verbunden fühlen. Onboarding „passiert“ nicht einfach so, sondern bedarf auch in der Kanzlei einer geordneten Struktur, verantwortlicher Personen und ehrlicher Begeisterung. |

    1. Schritt: Kontaktaufnahme

    Das Onboarding und die Bindung neuer Mitarbeiter beginnt bereits mit dem ersten Kontakt zur Kanzlei (und nicht erst mit dem ersten Arbeitstag), wenn der Interessent/Bewerber Ihre Online-Stellenanzeige, Ihren Post in den sozialen Medien oder Ihre Kanzlei als Suchergebnis in einer der gängigen Online-Suchmaschinen findet. In diesem Moment wird er sich zum ersten (und möglicherweise letzten) Mal näher mit Ihnen beschäftigen! Sie haben dabei nicht viel Zeit. Denn Interesse lässt erfahrungsgemäß schon nach wenigen Sekunden nach, sofern es nicht durch etwas gefesselt wird. Damit beginnt die sog. Candidate Experience. Ein ansprechender Internetauftritt, eine professionelle Karriereseite, ein attraktiver und mit Inhalt gefüllter Auftritt in den sozialen Medien verlängert die Verweildauer Ihres potenziellen neuen Mitarbeiters.

     

    • Beispiele: Der gelungene Außenauftritt der Kanzlei
    • Sprechen Sie die menschliche Neugierde an. Teilen Sie also am besten persönliche, unternehmensinterne (nicht vertrauliche) Dinge, also Bilder des Teams, der Büros, des sozialen Miteinanders.
    • Schreiben Sie persönliche Geschichten über Ihre Mitarbeiter, über sich, über Ihre Werte.
    • Verlinken Sie einen virtuellen Rundgang durch Ihre Räumlichkeiten.
    • Stellen Sie Videos online, z. B. Interviews mit einzelnen Mitarbeitern.
    • Schreiben oder sagen Sie in einem Video, warum Sie ein toller Arbeitgeber sind, z. B. weil Sie wissen, wie wichtig Ihre Mitarbeiter Ihnen sind, weil Sie wissen, was Onboarding bedeutet und es auch mit Überzeugung leben.
    • Seien Sie einfach, ehrlich, sympathisch.
     

    2. Schritt: Reaktion auf die (Online-)Bewerbung

    Falls Bewerbungen bei Ihnen online eingehen, ggf. sogar über eine separate HR-Software oder über ein Bewerberpostfach, sollten Sie unbedingt eine nette, ansprechende und automatisierte Antwort an den Bewerber hinterlegen. In jedem Fall sollten Sie den Erhalt der Bewerbung bestätigen, sich für das Interesse bedanken und eine Frist angeben, innerhalb derer Sie wieder von sich hören lassen.

     

    Falls sich unter den Eingängen eine Bewerbung finden, die Sie auf Anhieb interessiert, zögern Sie nicht lange und rufen Sie den Bewerber an, gern auch noch an demselben Tag. Damit rechnet fast niemand und das kommt immer gut an, wenn Sie es richtig formulieren (i. S. v. „bei so einer tollen Bewerbung wollte ich Sie und mich nicht unnötig weiter warten lassen!“). Dann können Sie zeitnah zum Kennenlernen einladen und Dauer, benötigte Unterlagen, Parkplatzsituation etc. klären. Damit sammeln Sie Pluspunkte, bevor das erste persönliche Kennenlernen überhaupt stattfindet.

    3. Schritt: Das eigentliche Bewerbungsgespräch

    Im Bewerbungsgespräch punkten Sie, wenn Sie die Perspektive Ihres Gegenübers übernehmen, der nervös ist und positiv aufgeregt zu Ihnen kommt. Fragen Sie sich, was helfen kann, die Nervosität zu lindern und für ein Wohlfühlen zu sorgen. Dann kann das erste persönliche Kennenlernen beginnen. Führen Sie ein wertschätzendes, angenehmes, offenes und zielgerichtetes Bewerbungsgespräch und überzeugen Sie den Bewerber von sich und der Stelle.

     

    • Beispiele, damit ein offenes Gespräch gelingt
    • Klären Sie den Ablauf bereits im Vorhinein (Inhalte, Dauer, Teilnehmer).
    • Schon am Empfang sollte der Bewerber persönlich und herzlich begrüßt werden.
    • Alle Gesprächsteilnehmer sollten pünktlich erscheinen.
    • Der Bewerber sollte freundlich bewirtet werden.
     

    4. Schritt: Der Probetag zum Kennenlernen

    Haben Sie das Bewerbungsgespräch „geschafft“, geht Ihr Onboarding auch schon in die nächste wichtige Phase. Es empfiehlt sich ein Kennenlerntag, der wie ein erster Arbeitstag gestaltet werden kann. Dafür sollte sich auch ein verantwortlicher Mitarbeiter Ihrer Kanzlei Zeit nehmen. Der Bewerber kann jetzt sehen, ob die Punkte „stimmen“, die im Bewerbungsgespräch besprochen wurden. Für Sie gilt dies gleichermaßen und Sie können probeweise Tätigkeiten erledigen lassen und schauen, wie der Bewerber diese angeht und löst. Beide Seiten erhalten fundierte Erkenntnisse und können sich entscheiden, ob sie einen Arbeitsvertrag schließen wollen.

     

    Übersicht / Vorteile eines Probetags zum Kennenlernen

    Für den Bewerber
    Für die Kanzlei
    • Wie ist mein Arbeitsweg (Dauer, Stau, Anbindung, Parken)?
    • Wie sieht mein Arbeitsplatz aus (Ausstattung, Technik, Lautstärke, etc.)?
    • Wer ist mein Team?
    • Wie sympathisch sind die Kollegen?
    • Wer kümmert sich um mich?
    • Wie wird kommuniziert (intern/extern)?
    • Wie werden Aufgaben erledigt?
    • Wie habe ich mich am Ende des Tages gefühlt? Will ich wiederkommen?
    • Was sagt Ihr Team zum Bewerber?
    • Wie kommt der Bewerber menschlich an?
    • Passt er in die Teamstruktur?
    • Wie hat sich der Bewerber verhalten? Wie kommuniziert er?
    • Wie hat der Bewerber fachliche Fragen gelöst oder wie ist er diese angegangen?
    • Wie motiviert war er?
     

    Beachten Sie | Führen Sie am Ende des Probetags unbedingt ein erneutes Gespräch mit dem Bewerber, geben Sie und holen Sie sich Feedback. Sprechen Sie aber vorher unbedingt mit Ihrem Team oder dem Verantwortlichen des Tages und holen dort eine Meinung ein. Denn das Team muss den Bewerber schließlich später einarbeiten und mit ihm zusammenarbeiten. Zeigen sich schon hier Widerstände, kann sich eine Einstellung gegen den Willen des Teams schnell negativ für die Kanzlei auswirken. Sollten Sie die Zusammenarbeit aber wünschen, machen Sie dies deutlich und klären den Arbeitsvertrag entweder direkt oder senden diesen zeitnah zu.

     

    Wünscht der Bewerber Bedenkzeit, gewähren Sie diese. Fragen Sie aber nach, was ihn noch zweifeln lässt. Meist ist dies eher ein grundsätzliches Thema ‒ viele Bewerber möchten einfach noch „eine Nacht darüber schlafen“ oder Rücksprache mit der Familie halten. Bauen Sie keinen Zeitdruck auf. Denn wenn Sie überzeugt haben, wird sich der Bewerber für Sie entscheiden.

     

    • Übersicht: Die Vorteile von Onboarding

    Die neue Kraft

    • ist deutlich schneller effizient in Ihrer Kanzlei einsetzbar
    • fühlt sich vom ersten Kontakt an wahrgenommen und wertgeschätzt
    • erlebt eine professionelle Struktur/Handhabung
    • wird noch motivierter und leistungsfähiger
    • wird an die Hand genommen und nicht allein gelassen
    • wird fachlich, sozial und Ihre Kanzleiwerte betreffend integriert
    • identifiziert sich von Beginn an mit Ihrer Kanzlei und steht loyal zu Ihnen
    • sie kommuniziert dies z. B. an alte Kollegen oder in den sozialen Medien
    • kann weitere Bewerbungen hervorbringen
    • wird bestätigt, mit dem Wechsel zu Ihnen richtig entschieden zu haben
    • ist von Beginn an nachsichtiger, falls doch mal etwas im Alltag schiefläuft
     

    5. Nach dem Probetag, vor dem ersten Arbeitstag

    Sie brauchen einen Mitarbeiter, der (als Ansprechpartner bzw. Mentor) die Verantwortung für den neuen Kollegen mit Freude, der nötigen Erfahrung, fachlicher und sozialer Kompetenz und dem angemessenen Pflichtbewusstsein übernimmt und sich ab dem ersten Tag die notwendige Zeit freihält. Dem Verantwortlichen müssen Sie zwingend Freiräume zugestehen und erlauben, in der Einarbeitungszeit Aufgaben abzugeben. Das sollten Sie rechtzeitig planen und organisieren.

     

    Zusammen mit dem Verantwortlichen sollten Sie einen Einarbeitungsplan erstellen. Damit kann der neue Mitarbeiter sehen, wer was wann von ihm erwartet ‒ der Verantwortliche kann sich orientieren, vergisst nichts, dokumentiert und hat Struktur in der Einarbeitung. Legen Sie den Einarbeitungsplan in die Begrüßungsmappe, in der die neue Kraft weitere Informationen findet, die für einen reibungslosen Start sorgen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Wie es nach dem Kennenlerntag weitergeht, lesen Sie in einer der nächsten AK-Ausgaben.
    Quelle: Ausgabe 07 / 2024 | Seite 124 | ID 48534656