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  • · Fachbeitrag · Recruiting

    Mit relevanten Alleinstellungsmerkmalen viele passende Bewerber ansprechen

    von Marion Ketteler, Münster, kanzleiprofiling.de

    | Wer heute gute Mitarbeiter beschäftigen möchte, muss ihnen einiges bieten. Ein gutes Gehalt ist dabei nur eine Komponente von vielen. Wo der Bewerber die Möglichkeit hat, sich zwischen vielen Angeboten zu entscheiden, hat er auch die „Qual der Wahl“. Eine geplante und strategische Ausrichtung Ihrer Alleinstellungsmerkmale hebt Sie von anderen Kanzleien ab und kann dafür sorgen, dass Sie mehr Bewerbungen als die Konkurrenz erhalten. |

    1. Deshalb sollte sich eine Fachkraft bei Ihnen bewerben

    Weshalb sollte sich eine Fachkraft bei Ihnen bewerben? Diese Frage sollten Sie beantworten können, wenn Sie sich auf die Suche nach neuen und qualifizierten Mitarbeitern oder Auszubildenden machen. Haben Sie hierauf keine konkrete Antwort, haben Sie ein Problem: Sie wissen selbst nicht, was an Ihnen und Ihrer Kanzlei besonders ist ‒ wie sollte dies dann ein Bewerber erkennen?

     

    a) Das bedeutet „Alleinstellungsmerkmal“

    Indem Sie sich durch ein Alleinstellungsmerkmal von anderen durchschnittlichen Kanzleien abheben, bekommen Sie die Chance, Bewerbungen der Besten zu erhalten. Ein glasklares Alleinstellungsmerkmal ermöglicht es Ihrem Bewerber, Ihr Stellenangebot selbst in einem Markt mit nahezu identischen anderen Angeboten nicht länger als austauschbar zu erleben. Er kann sich für Ihre Kanzlei entscheiden, weil Sie den maßgeblichen Unterschied versprechen.

     

    MERKE | Der Begriff „Alleinstellungsmerkmal“ kommt aus dem Marketing und wird dort auch als Unique Selling Proposition bzw. Point (USP) bezeichnet. Eine USP bezeichnet ein herausragendes Leistungsmerkmal oder ein einzigartiges Nutzungsversprechen in übersättigten Märkten.

     

    b) Das ist Ihr Alleinstellungsmerkmal

    Für Ihr Alleinstellungsmerkmal hilft ein Blick von außen: Ihre Kanzlei ist zunächst einmal deshalb einzigartig, weil es Ihre Mitarbeiter, Ihre Mandanten und Ihre Kanzlei nur einmal auf der Welt gibt. All dies reicht aber nicht, weil das für den potenziellen Bewerber keine Relevanz hat. Er weiß nicht, wie es ist, Teil Ihres Teams zu sein, nach welchen Maßstäben Sie arbeiten oder was Ihnen im Umgang mit Ihren Mandanten wichtig ist usw. Er kennt Ihre Unternehmenskultur nicht. Sie sollten ihm hierauf also Antworten geben, damit er sich für Sie entscheiden kann. Greifen Sie etwas heraus, das Ihnen wichtig ist, und formulieren Sie dies einfach, kurz und unmissverständlich.

    2. Ihre Alleinstellungsmerkmale müssen relevant sein

    Wenn Sie Mitarbeiter von sich und Ihrer Kanzlei überzeugen wollen, müssen Sie außerdem herausfinden, was diesem Bewerber wichtig ist. Denn nur, wenn er etwas findet, das für ihn persönlich wichtig ist und andere Kanzleien nicht oder nicht in der Kombination mit anderen Benefits anbieten, haben Sie eine Chance auf eine Bewerbung. Die folgende Vorgehensweise hat sich in der Praxis bewährt, weil Sie den potenziellen Bewerber ja noch nicht persönlich kennen und ihn fragen können.

     

    a) Erstellen Sie eine „Bewerber-Persona“

    Im Marketing gibt es für den Wunschkunden die „Buyer-Persona“. Das ist eine erfundene Person, auf die das Produkt oder die angebotene Dienstleistung exakt zugeschnitten wird. Dieses Modell können Sie sich für Ihren Wunschkandidaten zunutze machen und eine „Bewerber-Persona“ erstellen.

     

    • Leitfragen für die Erstellung einer Bewerber-Persona
    • Welches Aufgabengebiet ist zu besetzen?
    • Wie stellen Sie sich Ihren perfekten Bewerber vor?
    • Wie alt ist er?
    • Welche Berufserfahrung hat er?
    • Was ist ihm in der Arbeit besonders wichtig?
    • Welcher Mehrwert könnte ihn veranlassen, sich bei Ihnen zu bewerben?
     

    b) Werden Sie konkret und schneiden Sie das Bewerber-Profil zu

    Im nächsten Schritt überlegen Sie, vor welchen Problemen, Wünschen und Bedürfnissen diese Bewerber stehen und welche Benefits Sie als Lösungen anbieten können. Sie werden feststellen: Wenn Sie sich in eine konkrete Person hineindenken, sind die Probleme und Lösungen viel greifbarer, als wenn Sie abstrakt über Ihr Alleinstellungsmerkmal nachdenken.

     

    • Beispiel: Vereinbarkeit von Familie und Beruf

    Sie sind selbst begeisterter Familienvater und möchten jungen Müttern eine gute berufliche Perspektive bieten. Aus Erfahrung wissen Sie: Alleinerziehende Mütter sind besonders engagierte Fachkräfte, weil sie für das regelmäßige Einkommen ihrer Familie verantwortlich sind. Mütter mit Kindergartenkindern wollen in der Regel nicht Vollzeit arbeiten.

     

    Ihre Lösung ist: Sie bieten von vornherein eine Teil- oder Gleitzeitstelle an und wollen auf jeden Fall eine junge Mutter einstellen. Da Sie das bei anderen Stellen auch schon praktizieren, stellt Sie das vor keine großen Herausforderungen. Sie überlegen außerdem zusätzlich, was für die Bewerberin gut passen könnte:

     

    • Der Verdienst in Teilzeit ist in der Regel nicht besonders hoch: Zum Ausgleich und als Anreiz könnten Sie der Bewerberin einen zusätzlichen Kita-Zuschuss gewähren. Das entlastet die Familienkasse sofort und ist für Sie günstiger als ein höheres Bruttogehalt.
    • Kinder im Kindergartenalter werden häufig krank: Hier kann es helfen, wenn Sie die Arbeitnehmerin nicht zur Abgabe einer Krankmeldung auffordern, wenn sie einen Tag zu Hause bleibt. Das erspart ihr den Gang zum Kinderarzt. Oder Sie stocken das Kinderkrankengeld auf und zahlen die Differenz, damit die Mutter keinen finanziellen Schaden erleidet, wenn sie sich um ihr krankes Kind kümmert. Darüber hinaus kann eine flexible Homeoffice-Lösung dieses Problem lösen.

     

    • Mütter arbeiten gerne wohnortnah und haben in der Regel ein höheres Umweltbewusstsein: Bieten Sie der Bewerberin ein Job-Fahrrad für den Weg zum Büro an. Dies kann sogar ein E-Bike, ein Lastenfahrrad oder eines sein, mit dem die Mutter ihre Kinder transportieren kann. Sie könnten im Rahmen der Sachbezugsversteuerung zudem über die monatliche Zustellung einer Öko-Kiste mit Biolebensmitteln nachdenken, die an den jeweiligen Wohnort der Mitarbeiter geliefert wird.
     

    Natürlich müssen Sie nicht jedes Problem Ihrer zukünftigen Mitarbeiter lösen. Aber Sie erreichen viel mehr Aufmerksamkeit am Markt, weil sich genau diejenigen angesprochen fühlen, die diese Bedürfnisse haben. Dadurch, dass Sie sofort konkrete Lösungen anbieten, untermauern Sie Ihr Image als verantwortlicher Arbeitgeber, der sich gut um seine Mitarbeiter kümmert. Der Kreis Ihrer Konkurrenten wird definitiv kleiner werden. Die Chance, dass sich Mütter in Ihrer Kanzlei bewerben, wird signifikant steigen.

     

    PRAXISTIPP | Manchen Mehrwert erkennen Kanzleiinhaber nicht als solchen an, weil er für sie und die Kollegen selbstverständlich ist. Für Bewerber ist er das aber vielleicht nicht. Erwähnen Sie deshalb auch unbedingt „Selbstverständlichkeiten“ in Ihren Stellenanzeigen.

     

    c) Mehrere Stellen erfordern mehrere Persona

    Und was machen Sie, „wenn Sie auf Dauer nicht nur Mütter beschäftigen wollen“? Sie sollten für jede freie Stelle eine eigene „Bewerber-Persona“ erstellen. Viele Benefits lassen sich durch andere gleichwertige ersetzen oder sind für mehrere Bewerbergruppen interessant. Ihr Alleinstellungsmerkmal ist nicht „in Stein gemeißelt“ und darf auch größer oder umfassender formuliert sein. Für Ihre Stellenanzeigen suchen Sie sich dann die Benefits heraus, die mit hoher Wahrscheinlichkeit genau die Bewerber anziehen, die Sie auch beschäftigen wollen.

    3. Halten Sie Ihre Versprechen

    Ihre USP müssen überprüfbar sein. Sie können die Welt noch so bunt malen ‒ wenn Sie sich an Ihre eigenen Versprechen nicht halten, werden die Mitarbeiter schneller wieder weg sein, als Ihnen lieb ist. Nehmen Sie deshalb nur solche Benefits in Ihre Stellenanzeige auf, die Sie sicher einhalten. So verbiegen Sie sich und Ihre Kanzlei nicht und bekommen dennoch passende Bewerbungen. Ein Alleinstellungsmerkmal zu entwickeln und darzustellen ist nicht schwierig. Damit heben Sie sich auf jeden Fall aus der Masse der nichtssagenden Stellenangebote ab und verhindern gleichzeitig, dass sich Menschen bewerben, die nicht zum Anforderungsprofil passen.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2022 | Seite 154 | ID 47697834