09.10.2019 · IWW-Abrufnummer 211537
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 21.05.2019 – 8 Sa 279/18
Tenor:
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 12.06.2018 - Az.: 8 Ca 23/18 - wird - unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags - kostenpflichtig als unzulässig verworfen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten auf Auskunft und Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt des wettbewerbswidrigen Handelns, den die Klägerin im Wege der Stufenklage verfolgt.
Der Beklagte war in der Zeit vom 01. Dezember 2016 bis zum 31. Januar 2018 bei der Klägerin als Steuerberater angestellt in deren Zweigstelle in Koblenz. Er betreute Apotheken in steuerlichen Angelegenheiten und erhielt von der Klägerin ein Festgehalt in Höhe von 5.000,-- € brutto monatlich.
In dem Anstellungsvertrag vom 24. Oktober 2016 (Bl. 9 - 12 d.A.) vereinbarten die Parteien unter § 4 Ziffer 3 über dieses Festgehalt hinaus eine variable Vergütung unter anderem für die Akquise von inhabergeführten Einzelapotheken.
Am selben Tag schlossen die Parteien einen Zusatzvertrag, die sogenannte Mandantenschutzklausel (Bl. 13 - 14 d.A.), in der sie unter § 1 ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot und in § 2 eine Karenzentschädigung vereinbarten.
§ 5 der Mandantenschutzklausel beeinhaltet die nachfolgende Regelung:
Mit Schreiben vom 12. Dezember 2017 kündigte der Beklagte sein Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31. Januar 2018. Daraufhin stellte die Klägerin ihn von seiner Arbeitsverpflichtung frei. Unmittelbar nach Zugang der Eigenkündigung des Beklagten erhielt die Klägerin zahlreiche Mandatskündigungen mit Wirkung zum 31. Dezember 2017 und nahezu identischem Wortlaut (Anlagen K 6 - K 16 zur Klageschrift, Bl. 21 - 32 d.A.). Mit Schreiben vom 15. Dezember 2017 forderte die Klägerin den Beklagten vergeblich auf, Auskunft über seine Wettbewerbshandlungen zu erteilen.
Mit dem Novembergehalt in 2017 zahlte die Klägerin eine Akquisitionsprämie in Höhe von insgesamt 28.650,-- € an den Beklagten. Diese wurde - im Hinblick auf die Regelung unter § 5 Ziffer 2 der Mandantenschutzklausel - im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens durch Aufrechnungserklärung der Klägerin und Rückzahlung des Restbetrages durch den Beklagten rückabgewickelt.
Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, der Beklagte habe die Mandatskündigungen vorformuliert und die Mandanten noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses abgeworben. Folglich liege ein Verstoß gegen die Mandantenschutzklausel vor und der Beklagte sei zur Auskunft verpflichtet.
Mit der am 03. Januar 2018 bei dem Arbeitsgericht Koblenz eingegangenen Klage vom 02. Januar 2018 hat die Klägerin neben dem Beklagten Frau Z als Beklagte zu 2) in Anspruch genommen. Nachdem die Klägerin die Klage gegen die Beklagte zu 2) im Kammertermin vom 12.06.2018 zurückgenommen hatte, hat sie erstinstanzlich zuletzt beantragt,
Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
Der Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, der Auskunftsanspruch bestehe schon deshalb nicht, da die Klägerin nicht dargelegt habe, dass ihr infolge verbotener Beeinträchtigungen Schäden erwachsen sein könnten und sie ihr vermeintlich entgangene Geschäfte selbst getätigt hätte. Auch die haftungsbegründende Kausalität und das Verschulden seien nicht dargelegt. Der Auskunftsanspruch sei überdies erfüllt, weil streitgegenständlich ausschließlich die Mandatsverhältnisse seien, die der Mandantenschutzklausel unterfielen und er bis zum 31. Januar 2018 nicht gegen das arbeitsvertragliche Wettbewerbsverbot verstoßen habe. Zu den Kündigungen der Mandatsverhältnisse vor Ablauf des 31. Januar 2018 sei es gekommen, da die Klägerin ihn nach Zugang der Kündigung umgehend freigestellt habe und die Mandanten sich nicht mehr von ihm als betreut angesehen hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 12. Juni 2018 - 8 Ca 23/18 - verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat mit diesem Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es - zusammenfassend - ausgeführt, der Antrag auf Auskunftserteilung sei bereits unzulässig aufgrund seiner zeitlichen Unbestimmtheit. Darüber hinaus sei der Auskunftsanspruch auch unbegründet, da streitgegenständlich allein die Mandanten seien, die § 5 der Mandantenschutzklausel unterfielen, diese der Klägerin bekannt seien und sie selbst nicht behaupte, dass der Beklagte andere Mandanten während des Bestands des Arbeitsverhältnisses abgeworben habe.
Zwar sei es dem Beklagten während der Dauer des Arbeitsverhältnisses, mithin bis zum 31. Januar 2018, untersagt gewesen, Mandanten abzuwerben, wovon auch § 5 der Mandantenschutzklausel keine Ausnahme ermögliche. Jedoch habe die Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargelegt, wann, was, in welcher Form der Beklagte konkret anlässlich welcher äußeren Umstände zur Abwerbung der Mandanten getan habe. Wenn ein Schadensersatzanspruch bereits dem Grunde nach nicht bestehe, so gelte dies auch für den Auskunftsanspruch, so dass die Klage bereits auf der ersten Stufe abweisungsreif sei.
Für einen Schadensersatzanspruch für die Zeit nach dem 31. Januar 2018 aus den § 5 Mandantenschutzklausel unterfallenden Mandatsverhältnissen lasse sich ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Mandantenschutzklausel überhaupt keine Anspruchsgrundlage erkennen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts ist der Klägerin am 24. Juli 2018 zugestellt worden. Die Klägerin hat hiergegen mit Schriftsatz vom 21. August 2018, der am selben Tag bei dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz einging, Berufung eingelegt.
Am Freitag, dem 21. September 2018 ging bei dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz per elektronischem Rechtsverkehr über das besondere elektronische Anwaltspostfach des Klägervertreters um 16.58 Uhr ein Dokument mit dem Dateinamen 17410180822_8_Sa_279-18_Az.pdf ein (Bl. 265 f. d. A.). Hierbei handelte es sich um die Abschrift der (irrtümlich an die Klägerin statt an den Klägervertreter gerichteten) gerichtlichen Eingangsbestätigung für die Berufung vom 22. August 2018.
Am 25. September 2018 wies das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz den Klägervertreter darauf hin, dass innerhalb der am 24. September 2018 endenden Berufungsbegründungsfrist eine Berufungsbegründung nicht eingegangen sei.
Daraufhin übersandte der Klägervertreter zunächst am 25. September 2018, 15.37 Uhr eine leere beA-Nachricht ohne Schriftsatz an das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Bl. 273 d. A.). Nachdem er von Seiten des Gerichts telefonisch hierauf hingewiesen wurde, übermittelte der Klägervertreter sodann am 25. September 2018 um 15.40 Uhr den die Berufungsbegründung beinhaltenden Schriftsatz vom 21. September 2018 und das Schreiben vom 25. September 2018, in dem er darauf hinwies, dass er die Berufungsbegründung am 21. September 2018 um 16.58 Uhr übermittelt habe (Bl. 275-306 d. A.). Aus der von ihm beigefügten Sendebestätigung (Bl. 304 f d.A.) ergibt sich die erfolgreiche Übermittlung am 21. September 2018 um 16.58 Uhr einer Nachricht mit dem Dateinamen 17410180822_8_S...18 Az.pdf.
Mit Schreiben vom 26. September 2018 wies das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz den Klägervertreter darauf hin, dass die Berufungsbegründungsschrift erstmals am 25. September 2018 (zweifach per elektronischem Rechtsverkehr) eingegangen sei. Bei dem von ihm in Bezug genommenen Dokument, welches am 21. September 2018 per elektronischem Rechtsverkehr eingereicht wurde, handele es sich nicht um die Berufungsbegründungsschrift, sondern lediglich um eine Abschrift der gerichtlichen Eingangsbestätigung für die Berufung vom 22. August 2018, die offenbar versehentlich zu der Akte zurückgereicht worden sei. Dabei nahm das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Bezug auf den in der Anlage angefügten Eingang vom 21. September 2018 nebst ausführlichem Prüfprotokoll und wies den Klägervertreter zugleich auf die Möglichkeit hin, innerhalb der bereits gesetzten Frist bis zum 11. Oktober 2018 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Maßgabe der §§ 233 ff ZPO zu stellen.
Am 27. September 2018 um 13.20 Uhr übersandte der Klägervertreter zunächst erneut eine leere elektronische beA-Nachricht. Nach telefonischem Hinweis durch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz ging am selben Tag um 14.14 Uhr der Schriftsatz vom 27. September 2018 mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ein.
Die Klägerin ist der Ansicht, ihr sei Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist zu gewähren.
Es handele sich bei der Übermittlung des falschen Dokuments am 21. September 2018 um einen Fehler der Angestellten Y des Klägervertreters, welcher der Klägerin nicht zuzurechnen sei. Die Zeugin Y sei eine ältere, ausgesprochen erfahrene, geschulte und zuverlässige Rechtsanwaltsfachkraft, die seit vielen Jahren in der Kanzlei des Klägervertreters tätig sei und bis dahin ihre Tätigkeiten - wie regelmäßige Kontrollen des Klägervertreters und seiner Berufskollegen ergeben hätten - sorgfältig und fehlerlos ausgeübt habe. Lediglich die Zeugin Y sowie eine weitere Kollegin verfügten über einen (beschränkten) Mitarbeiterzugriff auf das beA des Klägervertreters und seien berechtigt, den Fristenkalender der Kanzlei zu führen und zu überwachen.
Der Klägervertreter habe den Berufungsbegründungsschriftsatz vom 20. September 2018 am Morgen des 21. September 2018 nochmals überarbeitet und auf Kanzleipapier ausgedruckt, unterschrieben und die neue Fassung der Zeugin Y zusammen mit weiteren Dokumenten in der Unterschriftsmappe zurück gegeben. Dabei habe er auf einem gelben Klebezettel auf dem Schriftsatz vermerkt, dass der unterschriebene Schriftsatz von der Zeugin Y eingescannt, im Kanzleilaufwerk unter der elektronischen Akte abgespeichert und für den Versand des Dokumentes via beA vorbereitet werden solle. Die Zeugin Y habe den nunmehr auf den 21. September 2018 datierten Schriftsatz auftragsgemäß eingescannt und in der elektronischen Akte der Klägerin abgespeichert. Im Folgenden habe sie sich über ihre Mitarbeiterkennung im beA des Unterzeichners eingeloggt und als Entwurf eine E-Mail an das Landesarbeitsgericht vorbereitet, der sie versehentlich statt des Berufungsschriftsatzes die Eingangsbestätigung des Gerichts vom 22. August 2018 beigefügt habe. Das beigefügte Dokument habe sie im Entwurf als Schriftsatz bezeichnet und die Verwechslung wahrscheinlich auch aufgrund der Tatsache, dass die Eingangsbestätigung und die Berufungsbegründung unter derselben internen Aktennummer (174410), einem ähnlichen Datum (180822 gegenüber 180921) und demselben gerichtlichen Aktenzeichen (8_Sa_279-18) eingescannt waren, nicht bemerkt. Die Erledigung der aufgetragenen Arbeiten habe die Zeugin Y durch deutliche Häkchen auf dem gelben Klebezettel des Klägervertreters vermerkt, den sie diesem zusammen mit dem Schriftsatz zurückgegeben habe. Der Klägervertreter habe den als Entwurfsmail vorbereiteten Schriftsatz mit dem Anhang "Schriftsatz" sodann kurz vor 17.00 Uhr via beA an das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz übersandt, wobei er anhand der Zahlenkombination und des gerichtlichen Aktenzeichens davon ausgegangen sei, dass es sich bei der angehängten Datei um den Berufungsbegründungsschriftsatz handele. Er habe die Versandbestätigung ausgedruckt und sie dem Schriftsatz in der Unterschriftenmappe beigefügt sowie auf einem weiteren gelben Klebezettel an die Zeugin Y vermerkt, dass die Berufungsfrist nun aus dem Fristenkalender gestrichen und die Dokumente sowohl in der Papierakte als auch in der elektronischen Akte abgelegt werden können ("1. Frist streichen, 2. z.d.A."). In dem Schriftsatz vom 14. Mai 2019 erklärt die Klägerin, die Zeugin Y sei angewiesen gewesen, das Prüfprotokoll dahingehend zu kontrollieren, ob der Zugang des Schriftsatzes bestätigt wurde und erst danach die Versandbestätigung zusammen mit dem Schriftsatz in der Akte abzulegen und die Frist aus dem Fristenkalender der Kanzlei zu streichen.
Die Klägerin ist der Auffassung, es handele sich um ein (leicht) fahrlässiges Handeln der Zeugin Y bei der Verwechslung der fast identischen Dateien, das ihr nicht zugerechnet werden könne. Zu berücksichtigen sei auch, dass sich zum Zeitpunkt der Einlegung der Berufungsbegründung der elektronische Rechtsverkehr erst seit drei Wochen in der praktischen Anwendung befunden habe. In der Interimsphase des elektronischen Rechtsverkehrs seien die Gerichte gehalten, mit einer erleichterten Wiedereinsetzungspraxis zu helfen.
Die Klägerin verweist auf den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 15. August 2018 - 2 AZN 269/18 -, wonach die prozessuale Fürsorgepflicht die Gerichte verpflichte, eine Partei auf einen offenkundigen Formmangel eines bestimmten Schriftsatzes hinzuweisen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass bis zum späten Abend des 24. September 2018 noch ein Hinweis des Gerichts (oder auch des Prozessbevollmächtigten der Gegenseite) hätte erfolgen können, wonach es sich bei der am 21. September 2018 eingereichten Datei offensichtlich nicht um den Berufungsbegründungsschriftsatz handele, sondern um eine gerichtliche Eingangsbestätigung. Auf einen entsprechenden Hinweis hin hätte der Klägervertreter die vorbereitete Berufungsbegründung mit nur einem "Mausklick" fristwahrend bei Gericht einreichen können.
Zur Berufungsbegründung trägt die Klägerin vor, das Urteil sei überraschend, da kein Hinweis auf die Unzulässigkeit des Auskunftsantrags erfolgt sei. Darüber hinaus rügt sie die Tatsachenfeststellung als fehlerhaft, da der Beklagte auch Mandanten abgeworben habe, die nicht unter § 5 der Mandantenschutzklausel fielen. Der Schadensersatzanspruch bestehe mangels Unterbrechung der haftungsausfüllenden Kausalität auch für die Zeit nach dem 31. Januar 2018. Das Arbeitsgericht überspanne die Anforderungen an die Darlegungslast, weil sie nicht wissen könne, in welcher Form der Beklagte die Mandanten abgeworben habe. Da der Beklagte die kündigenden Mandanten unstreitig über die Beendigung seiner Tätigkeit bei der Klägerin zum 31. Januar 2018 unterrichtet, also vor der Übergabe seiner Eigenkündigung mit ihnen gesprochen haben müsse, weil er danach freigestellt gewesen sei, und die Kündigungsschreiben unstreitig vorformuliert habe, sei von einer Abwerbung auszugehen, zumal alle Mandanten zu der X Koblenz gewechselt seien, deren Geschäftsführer der Beklagte sei.
Die Klägerin trägt in der Berufungsinstanz erstmals vor, der Beklagte habe verhindert, dass die Apothekerin W Mandantin der Klägerin geworden sei, habe aber bei der Übergabe der Kündigung erklärt, dass er dieses Mandat "mitnehme". Die Klägerin erklärt, dass sie bezüglich der gekündigten Mandate von einem entgangenen Gewinn von 339.678,19 €, nämlich 5.146,67 € pro Monat für die regelmäßige Laufzeit eines Vertrages von 5,5 Jahren ausgehe bei einem durchschnittlichen Ertrag von 28,5 % vom Umsatz (vgl. Berechnung Seite 16 des Schriftsatzes vom 21. September 2018, Bl. 292 d.A.).
Die Klägerin beantragt,
Der Beklagte beantragt,
Nach Auffassung des Beklagten liegen hinreichende Wiedereinsetzungsgründe nicht vor, weshalb die Berufung bereits unzulässig sei. Selbst nach dem Vortrag der Klägerin sei von einem Auswahl- und Überwachungsverschulden im Hinblick auf das eingesetzte Personal des Klägervertreters auszugehen, da er nicht darlege, eindeutige Anweisungen an das Büropersonal betreffend der Ausgangs- bzw. Zugangskontrolle bei der Nutzung des beA erteilt und diesbezüglich stichprobenartige Kontrollen durchgeführt zu haben. Der Klägervertreter hätte das zuständige Personal zumindest dahingehend belehren müssen, dass bei Übermittlung von Daten per beA stets der Erhalt der Eingangsbestätigung zu kontrollieren sei und hätte selbst zumindest stichprobenartig Überprüfungen durchführen müssen. Hierbei wäre anhand der Dokumentation und der Benennung des Schriftsatzes mit der Größe von 200 Kilobyte erkannt worden, dass jedenfalls ein Dokument mit 28 Seiten in Gestalt eines so kleinen Datensatzes nicht übermittelt worden sein kann, da dies lediglich einem einseitigen Schreiben entspreche. Entsprechend der Kontrolle der übermittelten Seitenzahlen bei einem Fax anhand des ausgedruckten Sendeberichtes sei bei der Übermittlung von Schriftsätzen mit Hilfe des beA die Dokumentation der übermittelten Schriftsatzgröße auf die Kilobyte-Zahl hin zu prüfen, worüber der Klägervertreter das Büropersonal hätte informieren müssen.
Der Beklagte rügt, dass der klägerseits vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der Zeugin Y vom 27. September 2018 eine Vielzahl der von der Klägerin vorgetragenen Umstände zur Darlegung des Wiedereinsetzungsgrundes nicht zu entnehmen sei.
Der Beklagte erklärt, ein Hinweis betreffend die Unzulässigkeit des Auskunftsantrags sei nicht erforderlich gewesen, da sich Rechtsausführungen hierzu bereits in dem Schriftsatz des Beklagten vom 29. Januar 2018 bzw. dem beigefügten Urteil des Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 23. März 2007 - 6 Sa 854/06 - fänden. Im Übrigen beruhe die angefochtene Entscheidung nicht etwa auf einem Hinweismangel, da die Klägerin den Auskunftsantrag in der Berufungsbegründung lediglich betreffend des Endzeitpunktes 31. Januar 2018 begrenzt habe, jedoch nicht im Hinblick auf den Anfangszeitpunkt, so dass der Antrag nach wie vor unbestimmt sei.
Das Arbeitsgericht habe ohne Beanstandung im Wege der Tatbestandsberichtigung durch die Klägerin zutreffend festgestellt, dass sämtliche Mandanten, deren Weggang gemeinsam mit dem Beklagten die Klägerin rüge, der Ausnahmeregelung unter § 5 der Mandantenschutzklausel unterfielen. Dies gelte insbesondere auch für die Mandanten Dr. V, U, R, W und S. § 5 der Mandantenschutzklausel stehe jedoch seinem klaren Wortlaut nach der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen für Ereignisse nach dem 31. Januar 2018 entgegen. Schließlich habe die Klägerin sich insoweit die Mitnahme dieser Mandanten durch den Beklagten im Wege der Rückzahlung der Akquisitionsprämie vergüten lassen.
Der Beklagte erklärt, das Arbeitsgericht habe zu Recht von der Durchführung einer Beweisaufnahme zur Aufklärung vermeintlich weiterer Umstände abgesehen, da es an einem konkreten Tatsachenvortrag der Klägerin zur Mandantenabwerbung während des bestehenden Arbeitsverhältnisses fehle.
Der Beklagte trägt vor, der Vortrag der Klägerin betreffend die Apothekerin W sei nicht nur unzutreffend, sondern auch verspätet.
Er rügt, der von der Klägerin angenommene entgangene Gewinn in Höhe von 339.678,19 € sei völlig utopisch und nicht substantiiert dargelegt. Insbesondere wäre der Klägerin eine Weiterführung der Mandate über den 31. Januar 2018 hinaus gar nicht möglich gewesen, da diese ohne Weiterbetreuung durch den Beklagten nicht bei der Klägerin geblieben wären, zumal persönliche Kontakte ausschließlich zu der Person des Beklagten bestanden hätten.
Mit Schriftsatz vom 14. Mai 2019 hat die Klägerin insbesondere weitere Anhaltspunkte für Wettbewerbsverstöße des Beklagten betreffend die Apothekerin W aus V, Frau Q von der XX Apotheke und den Verkauf der VV-Apotheke geschildert, von denen sie erst nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens erfahren habe.
Der Beklagte hat im Kammertermin vom 21. Mai 2019 zu diesem Schriftsatz im Hinblick auf die neu vorgetragenen Tatsachen einen Schriftsatznachlass beantragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens sowie des Vorbringens der Parteien zur Wiedereinsetzung wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 12. Juni 2018 - 8 Ca 23/18 - ist gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs.1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 ArbGG, § 522 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
I. Die gemäß § 64 Abs. 2 b ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist unzulässig, da die Berufung nicht innerhalb der von § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG bestimmten Frist formgerecht begründet worden ist.
Das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 12. Juni 2018 - 8 Ca 23/18 - ist der Klägerin am 24. Juli 2018 zugestellt worden. Die Berufung ist am 21. August 2018 und somit innerhalb der einmonatigen Frist des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG bei dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangen. Die zweimonatige Berufungsbegründungsfrist lief am Montag, 24. September 2018 ab. Die Berufungsbegründung ging erst am 25. September 2018 und somit nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG bei dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz ein.
II. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist der Klägerin nicht zu gewähren.
1. Gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 233 Satz 1 ZPO ist einer Partei auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten.
Der Antrag muss gemäß § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO innerhalb einer einmonatigen Frist gestellt werden, die mit dem Tag beginnt, an dem das Hindernis behoben ist (§ 234 Abs. 2 ZPO). Die Form des Wiedereinsetzungsantrages richtet sich nach der Form der versäumten Prozesshandlung. Die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, sind anzugeben und im Antrag oder im Verfahren glaubhaft zu machen, § 236 Abs. 1, Abs. 2 ZPO.
2. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 27. September 2018, der am selben Tag bei dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz einging, in der gebotenen Form einen statthaften Antrag auf Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist gestellt. Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat erstmals durch den gerichtlichen Hinweis vom 25. September 2018 Kenntnis davon erlangt, dass innerhalb der am 24. September 2018 endenden Berufungsbegründungsfrist eine Berufungsbegründungsschrift bei Gericht nicht eingegangen ist. Auf seinen Einwand hin, er habe die Berufungsbegründungsschrift bereits am 21. September 2018 per beA übersandt, hat das Gericht ihn am 26. September 2018 darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Eingang lediglich um eine Abschrift der gerichtlichen Eingangsbestätigung für die Berufung vom 22. August 2018 handelte. Da die Klägerin bereits am darauffolgenden Tag, den 27. September 2018 den Antrag auf Wiedereinsetzung stellte, ist die Frist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO gewahrt.
3. Der Wiedereinsetzungsantrag vom 27. September 2018 ist jedoch unbegründet, da ein Wiedereinsetzungsgrund nicht vorliegt.
a. Die Klägerin war nicht ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist gehindert.
Zwar trifft sie selbst offensichtlich kein Verschulden, jedoch kommt es auf die Zurechnung des Verschuldens ihres Bevollmächtigten an.
Gemäß § 85 Abs. 2 ZPO steht das Verschulden des Prozessbevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich.
Ist das Fristversäumnis allerdings infolge eines Fehlverhaltens von Büropersonal des Prozessbevollmächtigten eingetreten, liegt kein der Partei zuzurechnendes Verschulden vor, wenn der Prozessbevollmächtigte seine Kanzlei ordnungsgemäß organisiert, insbesondere zuverlässiges Personal ausgewählt und dieses ausreichend überwacht hat (BAG 25. Mai 2017 - 5 AZR 614/15 - Rn. 18, juris).
Aufgrund des von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgetragenen und anwaltlich versicherten und von der Mitarbeiterin Y des Prozessbevollmächtigten zum Teil eidesstattlich versicherten Sachverhalts erscheint es nicht, wie es für eine Glaubhaftmachung nach § 294 ZPO erforderlich wäre, als überwiegend wahrscheinlich, dass die Berufungsbegründungsfrist ohne Verschulden des Prozessbevollmächtigten versäumt wurde.
Denn nach dem von der Klägerin geschilderten Sachverhalt hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin selbst am 21. September 2018 das Dokument, welches er für die Berufungsbegründungsschrift hielt, per beA an das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz übersandt.
Zwar hatte die Mitarbeiterin Y als Entwurf eine E-Mail an das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vorbereitet, der sie versehentlich die gerichtliche Eingangsbestätigung vom 22. August 2018 statt des Berufungsbegründungsschriftsatzes vom 21. September 2018 beifügte. Jedoch hätte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den als Entwurfs-Mail vorbereiteten Schriftsatz nicht ungeprüft per beA an das Gericht übersenden dürfen.
Darüber hinaus hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sodann die Versandbestätigung ausgedruckt, dem Schriftsatz in der Unterschriftenmappe beigefügt und auf einem gelben Klebezettel an die Zeugin Y vermerkt, dass die Berufungsfrist nun aus dem Fristenkalender gestrichen und die Dokumente sowohl in der Papierakte als auch in der elektronischen Akte abgelegt werden können ("1. Frist streichen, 2. z.d.A."). Damit hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin selbst aktiv verhindert, dass durch die Zeugin Y eine Ausgangs- bzw. Fristenkontrolle stattfindet, denn nach seiner ausdrücklichen Anweisung, die Frist zu streichen, erübrigte sich jede weitere Prüfung.
Zwar trägt die Klägerin in dem Schriftsatz vom 14. Mai 2019 vor, die Zeugin Y sei ebenso wie bei einer Versendung von Schriftstücken per Telefax auch bei der Versendung per beA angewiesen worden, das Prüfprotokoll dahingehend zu überprüfen, ob der Zugang des Schriftsatzes bestätigt wurde und erst danach die Versandbestätigung zusammen mit dem Schriftsatz in der Akte abzulegen und die Frist aus dem Fristenkalender der Kanzlei zu streichen. Dies widerspricht jedoch der Schilderung in dem Schriftsatz vom 27. September 2018, wonach der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in diesem konkreten Fall gerade keine derartige Anweisung erteilt hat, sondern statt dessen ausdrücklich anordnete, die Frist zu streichen und die Dokumente sowohl in der Papierakte als auch in der elektronischen Akte (ohne weitere Prüfung) abzulegen. Selbst wenn es also eine allgemeine Anweisung der im Schriftsatz vom 14. Mai 2019 geschilderten Art gegeben haben sollte, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in dem vorliegenden Fall die gegenteilige Anordnung erteilt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin durfte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sich bei der Versendung des Schriftsatzes über sein besonderes elektronisches Anwaltspostfach an das Gericht nicht darauf verlassen, dass die Zeugin Y der Entwurfs-Mail das richtige Dokument beigefügt hatte. Insbesondere konnte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gerade bei sorgfältiger Überprüfung der Zahlenkombination - trotz Ähnlichkeit und Identität des gerichtlichen Aktenzeichens - erkennen, dass es sich bei der angehängten Datei nicht um den Berufungsbegründungsschriftsatz handelte. Aus der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 25. September 2018 vorgelegten Sendebestätigung betreffend des Versands vom 21. September 2018 (Bl. 304 ff d.A.) ergibt sich eindeutig, dass die als "Schriftsatz" bezeichnete Anlage mit einer Größe von 200 KB den Dateinamen "17410180822_8_S...18 Az.pdf" trug. Demgegenüber lautete der Dateiname der Berufungsbegründungsschrift "17410180925_8 _Sa_279_18_PA_wg_Begründung.pdf". Darüber hinaus weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auch anhand der angegebenen Dateigröße von 200 KB hätte erkennen können, dass es sich offensichtlich nicht um den 28seitigen (tatsächlich 27seitigen) Berufungsbegründungsschriftsatz handeln konnte. Da für die Durchführung der Ausgangs- und Zugangskontrolle im elektronischen Rechtsverkehr die gleichen Anforderungen gelten wie bei der Übersendung per Telefax, ist entsprechend der Prüfung der Sendeberichts auf die Anzahl der gefaxten Seiten hin, die Angabe der übermittelten Datenmenge in Kilobyte zu beachten.
Aus diesen Gründen liegt ein eigenes Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vor, so dass es letztlich nicht auf die Frage ankommt, ob ein Verschulden der Mitarbeiterin Y der Klägerin zugerechnet werden kann.
Im vorliegenden Fall trifft den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zudem ein Organisationsverschulden mangels Einrichtung einer wirksamen Ausgangskontrolle für fristwahrende Schriftsätze.
Im Rahmen der Ausgangskontrolle gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Rechtsanwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen.
Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages durch eine dazu beauftragte Bürokraft anhand des Fristenkalenders nochmals selbstständig überprüft wird. Bei einer Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur Ausgangskontrolle nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden. Die Überprüfung des Sendeberichts kann lediglich dann entfallen, wenn der Rechtsanwalt seine Kanzleiangestellten angewiesen hat, die Frist erst nach telefonischer Rückfrage beim Empfänger zu streichen (BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 614/15 - Rn. 20, 22 juris).
Ebenso wie bei Übersendungen per Telefax werden bei Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs die an den Beteiligten zu stellenden Sorgfaltsanforderungen nicht gewahrt, wenn dieser nicht für eine wirksame Ausgangskontrolle des auf diesem Übertragungsweg übersandten Schriftsatzes sorgt. Für den erfolgreichen Abschluss des auf elektronischem Wege erfolgten Schriftverkehrs sind dementsprechend Erhalt und ordnungsgemäße Kontrolle der Eingangsbestätigung unabdingbar (Bayerisches Landessozialgericht 03. Januar 2018 - L 17 U 198/17 - Rn. 12, juris).
Im vorliegenden Fall hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin kurz nach Übermittlung des Dokuments via beA an das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eine Sendebestätigung, nämlich die von ihm mit Schriftsatz vom 25. September 2018 vorgelegte (Bl. 37 ff d.A.), erhalten. Er hätte dafür Sorge tragen müssen, dass bei Unterbleiben einer Kontrolle durch ihn selbst zumindest eine dazu beauftragte Bürokraft die Sendebestätigung daraufhin überprüft, ob das richtige Dokument an das zuständige Gericht erfolgreich übermittelt worden ist und dass erst danach die Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender gestrichen wird. Wie bereits dargelegt, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Schriftsatz vom 14. Mai 2019 zwar behauptet, Frau Y sei angewiesen worden, das Prüfprotokoll dahingehend zu überprüfen, ob der Zugang des Schriftsatzes bestätigt wurde und erst danach die Versandbestätigung zusammen mit dem Schriftsatz in der Akte abzulegen und die Frist aus dem Fristenkalender der Kanzlei zu streichen. Jedoch legt er nicht dar, dass Frau Y nach seinen Anweisungen hätte kontrollieren müssen, ob der richtige Schriftsatz übermittelt worden ist. Darüber hinaus widerspricht seine Darlegung zu seiner Vorgehensweise in diesem konkreten Einzelfall in dem Schriftsatz vom 27. September 2018 dieser behaupteten allgemeinen Anweisung. Denn wie bereits dargelegt, hat er Frau Y ausdrücklich angewiesen, die Frist zu streichen und Schriftsatz und Versandbestätigung zu den Akten zu nehmen.
Wenn man bedenkt, dass eine wirksame Ausgangskontrolle grundsätzlich einen mehrstufigen Schutz gegen Fristversäumungen erfordert (Greger in Zöller, 32. Aufl. 2018, § 233 ZPO, Ausgangskontrolle, juris), dann fehlt diese hier offensichtlich, so dass ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorliegt.
b. Ein Wiedereinsetzungsgrund ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer gerichtlichen Hinweispflicht.
Eine gerichtliche Hinweispflicht kann aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG folgen, die zugunsten der Verfahrensbeteiligten einen Anspruch auf ein faires gerichtliches Verfahren begründen. Die sich daraus ergebende prozessuale Fürsorgepflicht verpflichtet die Gerichte eine Partei auf einen offenkundigen Formmangel eines bestimmten Schriftsatzes hinzuweisen. Einen solchen hat das Bundesarbeitsgericht angenommen bei der Übermittlung einer Nichtzulassungsbeschwerde durch ein elektronisches Dokument, wenn diese mit einer Container-Signatur im EGVP des Bundesarbeitsgerichts eingeht. Dann könne ein Verfahrensbeteiligter erwarten, dass dieser Vorgang in angemessener Zeit bemerkt werde und innerhalb eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs die notwendigen Maßnahmen getroffen werden, um ein drohendes Fristversäumnis zu vermeiden. Unterbleibe ein gebotener Hinweis, sei der Partei Wiedereinsetzung zu bewilligen, wenn dieser Hinweis bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang so rechtzeitig hätte erfolgen müssen, dass der Partei noch die Fristwahrung möglich gewesen wäre. Könne der Hinweis im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs nicht mehr so rechtzeitig erteilt werden, dass die Frist durch die erneute Übermittlung des fristgebundenen Schriftsatzes noch gewahrt werden könne, oder gehe trotz rechtzeitig erteilten Hinweises der formwahrende Schriftsatz erst nach Fristablauf ein, scheide eine Wiedereinsetzung allein aus diesem Grund aus. Aus der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht der staatlichen Gerichte folge keine generelle Verpflichtung zur sofortigen Überprüfung der Formalien eines als elektronisches Dokument eingereichten Schriftsatzes. Dies enthöbe die Verfahrensbeteiligten und deren Bevollmächtigte ihrer Verantwortung für die Einhaltung der Formalien und überspanne die Anforderungen an die Grundsätze des fairen Verfahrens (BAG 15. August 2018 - 2 AZN 269/18 - Rn. 11, juris).
Vorliegend durfte die Klägerin nach den Umständen des Einzelfalles im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs nicht davon ausgehen, so rechtzeitig darauf hingewiesen zu werden, dass es sich bei dem am 21. September 2018 übermittelten Dokument nicht um die Berufungsbegründungsschrift handelte, dass ein Fristversäumnis hätte vermieden werden können.
Denn anders als in dem Fall, in dem das elektronische Dokument einen Formmangel hat, übermittelte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 21. September 2018 nicht etwa formal fehlerhaft den Berufungsbegründungsschriftsatz vom 21. September 2018, sondern statt dessen - formal einwandfrei per beA - ein ganz anderes Dokument, nämlich die gerichtliche Eingangsbestätigung betreffend die Berufung vom 22. August 2018. Dies ist kein für das Gericht erkennbarer, offenkundiger Formmangel.
Im nachfolgenden weiteren Verlauf des Verfahrens hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz den Prozessbevollmächtigten der Klägerin sowohl am 25. September 2018 als auch am 27. September 2018 telefonisch unmittelbar nach Zugang darauf hingewiesen, dass er jeweils eine leere elektronische beA-Nachricht ohne weiteren Inhalt übermittelt hatte. In diesen Fällen war für das Gericht erkennbar, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ein Dokument übersenden wollte und dies offensichtlich fehlgeschlagen war. Daraufhin ist unmittelbar in Erfüllung der prozessualen Fürsorgepflicht jeweils ein telefonischer Hinweis erfolgt, obwohl der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Übrigen anhand der Sendebestätigung selbst hätte erkennen können, dass der beA-Nachricht gar keine Datei angehängt war. Im Fall der Übermittlung der Eingangsbestätigung vom 22. August 2018 an das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz um 16.58 Uhr am 21. September 2018 handelte es sich jedoch im Gegensatz dazu nicht um eine leere beA-Nachricht, so dass gerade nicht offensichtlich erkennbar war, dass die Übermittlung des zutreffenden Dokuments fehlgeschlagen war. Da nach den Geschäftszeiten des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz, die dem Klägervertreter bekannt sein dürften, am 21. September 2018, Freitagnachmittag, um 16.58 Uhr die Geschäftsstelle nicht mehr besetzt war, wurde der entsprechende Transfervermerk auch erst am 24. September 2018 ausgedruckt und zu der Akte genommen. Die Akte ist der damals zuständigen Vorgesetzten am 24. September 2018 sodann vorgelegt worden, wobei diese nicht erkennen konnte, dass der Prozessbevollmächtigte anstatt der Eingangsbestätigung vom 22. August 2018 eigentlich den Berufungsbegründungsschriftsatz hatte übersenden wollen. Der Berufungsbegründungsschriftsatz hätte bis zum Ablauf des 24. September 2018 auch noch eingehen können. Zu erwarten, dass das Gericht den Prozessbevollmächtigten der Berufungsklägerin am letzten Tag des Laufs der Berufungsbegründungsfrist darauf hinweist, dass eine Berufungsbegründung noch nicht eingegangen sei, würde die Anforderungen an die Grundsätze des fairen Verfahrens deutlich überspannen, auch wenn kurz zuvor aus nicht erkennbarem Grund ein anderes Dokument übersandt worden ist. Es geht im vorliegenden Fall daher nicht um die Einhaltung der Formalien bei der Übermittlung eines fristwahrenden Schriftsatzes, sondern um die Frage, inwiefern das Gericht die Beteiligten darauf hinweisen muss, dass sie ein Dokument aus nicht nachvollziehbaren Gründen übermittelt haben oder gar, dass eine Frist abläuft.
Erst Recht bestand keine Veranlassung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin darauf hinzuweisen, dass er am 21. September 2018 aus nicht erklärlichen Gründen ein Dokument übermittelt hat.
Im vorliegenden Fall ist die Klägerin auf die eigene Verantwortung der Verfahrensbeteiligten und ihrer Prozessbevollmächtigten für die Einhaltung von Fristen zu verweisen.
Dem steht auch der Einwand des Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht entgegen, dass sich zum Zeitpunkt der Einlegung der Berufungsbegründung der elektronische Rechtsverkehr erst seit drei Wochen in der praktischen Anwendung befunden habe, weshalb in dieser Anfangsphase die Anforderungen insgesamt noch nicht überspannt werden dürften.
Gerade im Fall von Anfangsschwierigkeiten bei der Nutzung des beA, muss der Prozessbevollmächtigte eine erhöhte Sorgfalt an den Tag legen, wie z.B. durch besondere Hinweise an seine Beschäftigten auf gewissenhafte Kontrolle des Zugangs von Eingangsbestätigungen bei der Nutzung des beA, um trotzdem die fristgerechte Einlegung von Schriftsätzen zu gewährleisten (so auch Bayerisches Landessozialgericht 03. Januar 2018 - L 17 U 298/17 - Rn. 16, juris).
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat im maßgeblichen Zeitraum im Allgemeinen die notwendige Sorgfalt bei der Nutzung des beA vermissen lassen, was die zweimalige Übersendung einer leeren beA-Nachricht innerhalb einer kurzen Zeitspanne im vorliegenden Verfahren zeigt. Auf die von der Beklagten angeführten Beispiele anderer Verfahren kommt es nicht an.
Im Besonderen verzichtete der Prozessbevollmächtigte der Klägerin - wie dargelegt - auf die notwendige Kontrolle des Eingangs der Berufungsbegründung durch seine Angestellte, obwohl er selbst die Eingangsbestätigung offensichtlich nicht sorgfältig geprüft hatte, da er weder das abweichende Aktenzeichen, noch die zu geringe Kilobytezahl bemerkte.
Daher ist die Fristversäumung verschuldet, der Wiedereinsetzungsantrag unbegründet und die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
C. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen
Verkündet am 21.05.2019