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  • · Fachbeitrag · Zustellung

    Wiedereinsetzung, wenn Verlängerungsantrag verloren gegangen ist

    von RA Martin W. Huff, Geschäftsführer RAK Köln, LLR Rechtsanwälte Köln

    | Es ist immer noch ein typischer Fall: Wenige Tage vor dem Ablauf einer Berufungsbegründungsfrist merkt der Rechtsanwalt, dass er die Begründung nicht schafft. Also stellt er ‒ mit einigen Tagen Vorlaufzeit ‒ einen Fristverlängerungsantrag per Post, der aber beim Gericht nicht ankommt. Das LG Berlin gewährte die ‒ beantragte ‒ Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht und verwarf die Berufung als unzulässig. Das machte der BGH nicht mit ‒ das LG Berlin hätte die Wiedereinsetzung gewähren müssen. |

     

    Entscheidungsgründe

    Der BGH bleibt in aller Deutlichkeit bei seiner Auffassung, dass ein Rechtsanwalt darauf vertrauen darf: Einem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist wird entsprochen, wenn sich dieser auf erhebliche Gründe i. S. d. § 520 Abs. 2 S. 3 ZPO stützt. Daran werden keine hohen Anforderungen gestellt. Der Hinweis des Prozessbevollmächtigten auf die Arbeitsüberlastung reiche daher aus (22.6.21, VIII ZB 56/20, Abruf-Nr. 223825). Eine Partei dürfe grundsätzlich darauf vertrauen, dass der einige Tage vor dem Ablauf der Frist abgesandte Brief rechtzeitig beim Gericht eingeht, weil die Postlaufzeiten eingehalten und im Bundesgebiet werktags aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag ausgeliefert werden. Verluste oder Verspätungen dürften nicht der Partei angelastet werden. Es genüge die eidesstattliche Versicherung, dass der Brief in einen Briefkasten eingeworfen wurde. Der Rechtsanwalt müsse auch nicht zwingend prüfen, ob die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist vor Ablauf der Frist gewährt wurde.

     

    Relevanz für die Praxis

    Diese BGH-Entscheidung stellt eine sehr gute und aktuelle Zusammenfassung der Rechtsprechung der verschiedenen Senate zur Wiedereinsetzung, Fristenkontrolle und erstmaligen Fristverlängerung dar. Der Beschluss zeigt auch, dass der BGH eher großzügiger als die Instanzgerichte ist, die oft ‒ aus welchen Gründen auch immer ‒ viel zu hohe Anforderungen an Formalien stellen. Zwar wird sich die Frage nach den Postlaufzeiten zu den Gerichten ab dem 1.1.22 erledigen, weil die Rechtsanwälte dann alle Schriftsätze und Anträge über das beA versenden müssen. Aber für viele andere Schreiben bleiben die Ausführungen des BGH weiter aktuell.