· Fachbeitrag · Betriebliche Fortbildung
Unentgeltliche Mehrarbeit als Werbungskosten?
von StB Sonja Steben, Herberg, Dr. Schlüter & Partner GbR, Dortmund
| Ständige Fortbildung gehört zum Berufsalltag des Anwalts, sei es durch Lesen von Fachliteratur und Urteilen, den Besuch von Vortragsveranstaltungen oder Fachanwaltslehrgängen. Angebote gibt es genug, der berufliche Druck ist enorm. Doch der zeitliche Einsatz ist hoch und muss häufig zusätzlich zum normalen Arbeitsalltag geleistet werden. Da stellt sich die Frage: Begründet die in der Regel unentgeltlich zu erbringende Mehrarbeit zumindest Werbungskosten, die steuermindernd berücksichtigt werden? |
Gerade angestellte Rechtsanwälte verpflichten sich häufig im Rahmen ihres Arbeitsvertrags dazu, eine vorgegebene Anzahl unentgeltlich erbrachter Überstunden zugunsten der Fortbildung einzusetzen und ihrem persönlichen Zeitsaldo zu entnehmen. Nur wenn mehr Stunden als vereinbart für berufliche Qualifizierungen aufgewendet werden, werden sie wie Arbeitszeit vergütet. Fraglich ist, ob der Vorgang steuermindernd eingesetzt werden kann. Das Problem ist dabei: Eigentlich sind gar keine Kosten entstanden.
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Der angestellte Rechtsanwalt R hat sich verpflichtet, jährlich eine Eigenbeteiligung von 40 Stunden für berufliche Fortbildung einzusetzen. R errechnet für sich einen Stundenlohn von rund 45 EUR. Im Rahmen seiner Steuererklärung setzt er 40 EUR x 45 Stunden = 1.800 EUR Fortbildungskosten auf der Anlage N als Werbungskosten an. Berechtigterweise? |
Die Oberfinanzdirektion (OFD) Nordrhein-Westfalen hat jetzt in einer veröffentlichten Kurz-Info auf das vermeintliche Gestaltungsmodell aufmerksam gemacht und eine Absage erteilt (OFD NRW 20.3.14, Kurzinfo ESt 11/14). Die Verwendung von (im Ergebnis unentgeltlich) zu erbringender Mehrarbeit begründet keine Werbungskosten nach § 9 EStG. Denn diese sind beruflich veranlasste und tatsächlich entstandene Aufwendungen in Geld oder Geldeswert. Sie sind berücksichtigungsfähig, wenn und sobald sie beim Steuerpflichtigen abgeflossen sind und so bei ihm zu einer endgültigen Vermögensminderung geführt haben (§ 11 Abs. 2 EStG). Ein steuermindernder Abzug in Form eines entgangenen beziehungsweise aus dem Zeitsaldo entnommenen Lohns scheidet daher aus. Die Verpflichtung, für die persönliche Qualifizierung eine Eigenbeteiligung einzubringen, führt nicht zu einer tatsächlichen Ausgabe. Abziehbar sind nur tatsächlich geleistete Aufwendungen.
PRAXISHINWEIS | Prüfen Sie, ob eine unmittelbare Beteiligung an den Fortbildungskosten nicht günstiger ist als die Erbringung unentgeltlicher Mehrarbeit. Echte Ausgaben für Kursgebühr und Unterrichtsmaterial, Fahrtkosten zur Schulung und eventueller Verpflegungsmehraufwand sind unstrittig steuerwirksame Werbungskosten. |