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  • · Fachbeitrag · Prozesskosten

    So werden Prozesskosten einkommensteuerlich berücksichtigt

    von StBin Dipl.-Kauffrau Vera Frey, Schwerte

    | Streitigkeiten zwischen Parteien führen nicht selten vor ein Gericht. Fraglich ist, wie diese Prozesskosten steuerlich berücksichtigt werden können. |

    1. Betrieblich oder beruflich bedingt

    Ist der Rechtsstreit betrieblich oder beruflich bedingt, bzw. steht er in einem Zusammenhang mit einer Einkünfteerzielungsabsicht, können die Prozesskosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend gemacht werden. Dies ist z. B. bei Arbeitsprozessen der Fall, wenn es um Arbeitslohn, eine Kündigung oder das Fortbestehen eines Arbeitsverhältnisses geht.

    2. Privat bedingt

    Demgegenüber ist die steuerliche Berücksichtigung von privat motivierten Rechtsstreitigkeiten eingeschränkt. Derartige Prozesskosten können nur als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige ansonsten Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr erfüllt werden können. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, sind nach Ansicht des Gesetzgebers ‒ in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung ‒ die Prozesskosten nicht zwangsläufig. Daher sind die Aufwendungen für das Führen eines Zivilprozesses regelmäßig nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.

     

    • Die Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr im üblichen Maß befriedigen zu können, besteht beispielsweise, wenn der Steuerpflichtige infolge einer Vertragsverletzung oder einer unerlaubten Handlung eine Erwerbsunfähigkeitsrente einklagen muss oder einen Arzthaftungsprozess führt. Reine Schadenersatzprozesse fallen allerdings nicht in diese Kategorie. Es müssen schon schwere gesundheitliche Schäden vorliegen.

     

    • Ist der private Wohnbereich betroffen, handelt es sich zwar bei dem Wohnen grundsätzlich um ein lebensnotwendiges Bedürfnis. Die Existenzgrundlage des Steuerpflichtigen ist jedoch regelmäßig nicht gefährdet. Folglich sind derartige Prozesse, wie z. B. wegen Baumängeln oder Mieterstreitigkeiten, nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig.

     

    • Auch Scheidungskosten und Kosten für familienrechtliche Auseinandersetzungen sind vom Abzug ausgeschlossen. Derartige Aufwendungen dienen regelmäßig nicht der Sicherung der Existenzgrundlage und der Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse. Dies hat jüngst der BFH in seinem Urteil vom 18.5.17 (VI R 9/16, Abruf-Nr. 195889) nochmals bestätigt.

     

    • Der BFH hat entschieden, dass Aufwendungen für die Adoption eines Kindes keine außergewöhnlichen Belastungen i.S. von § 33 EStG sind. Der BFH hat damit seine frühere Rechtsauffassung nochmals bekräftigt, wonach der Entschluss zur Adoption nicht auf einer Zwangslage, sondern auf einer freiwilligen Entscheidung beruhe (BFH 10.3.15, VI R 60/11, Abruf-Nr. 178027).

     

    • Strafverteidigungskosten sind nicht betrieblich veranlasst, wenn die zur Last gelegten Taten nicht in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden sind (BFH 12.6.02, XI R 35/01, Abruf-Nr. 030014).

     

     

    3. Prozess muss nicht mit Urteil enden

    Betrifft ein Rechtsstreit existenzielle und lebensnotwendige Bereiche, so sind Aufwendungen auch abzugsfähig, wenn der Prozess nicht durch ein Urteil, sondern durch einen Vergleich beendet oder ein Schlichtungsverfahren eingeleitet wird.

     

    Beachten Sie | Berücksichtigt werden nur Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen, die die zumutbare Eigenbelastung übersteigen.

    4. Berechnung

    Zur Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung ist auf das aktuelle Urteil des BFH vom 19.1.17 (VI R 75/14, Abruf-Nr. 192930) hinzuweisen:

     

    • Hiernach richtet sich die Höhe der zumutbaren Eigenbelastung nicht mehr ausschließlich nach dem höheren Prozentsatz, sobald der Gesamtbetrag der Einkünfte als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung die in § 33 Abs. 3 EStG Grenzen überschreitet.

     

    • Stattdessen ist nur der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den im Gesetz genannten Grenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz zu belasten. Es findet somit neuerdings eine gleitende Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung statt.
    Quelle: Ausgabe 01 / 2018 | Seite 17 | ID 45006703