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Der Begriff des Inkassounternehmens ist nicht eng auszulegen.
| Der BGH (27.11.19, VIII ZR 285/18) hat Legal-Tech-Unternehmen ein gutes Stück den Weg geebnet. Geschäftsmodelle, die darauf basieren, zunächst eine Forderung des Kunden gegenüber einem Dritten dem Grunde und der Höhe nach festzustellen, um sie für den Kunden gegen Erfolgsbeteiligung einzuziehen, sind als Inkassodienstleistung anzusehen. Die damit einhergehende Rechtsberatung ist von der Ausnahme im Rechtsdienstleistungsgesetz gedeckt, wenn das Unternehmen eingetragen ist. Das Inkassounternehmen ist auch aktivlegitimiert. |
Konkret wurde der Fall von www.wenigermiete.de verhandelt. Es geht darin um die Abtretung von Ansprüchen aus einem Mietverhältnis an den Inkassodienstleister LexFox GmbH. Die GmbH bietet softwarebasiert über die von ihr betriebene Internetseite einen Check u. a. der Miethöhe auf Zulässigkeit mit Blick auf die Mietpreisbremse. Gibt es Grund zur Beanstandung, kann der Mieter die Gesellschaft beauftragen, den Vermieter zu rügen bzw. Ansprüche gerichtlich zu verfolgen. Als Gegenleistung erhält die Gesellschaft einen Teil der Mietersparnis. Das LG Berlin hatte den Schwerpunkt der Tätigkeit in einer unerlaubten Rechtsberatung gesehen und die Inkassodienstleistung nur als Folgegeschäft und dem Unternehmen kein Klagerecht zugesprochen.
Wie der BGH ebenfalls entschieden hat, führt die zwischen dem Mieter und dem Unternehmen getroffene Vereinbarung eines Erfolgshonorars und einer Kostenübernahme auch nicht zu einer Interessenkollision i. S. d. § 4 RDG und einer daraus folgenden Unzulässigkeit der von der Klägerin für den Mieter erbrachten Inkassodienstleistungen. Nach dieser Vorschrift dürfen Rechtsdienstleistungen, die unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben können, nicht erbracht werden, wenn hierdurch die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährdet wird.
Aus Sicht der Kunden ist dieses Urteil erfreulich. Denn ihnen bleibt ein niedrigschwelliges Beratungsangebot erhalten und sie können risikolos ihre Ansprüche geltend machen. Aus Sicht der Anbieter werden auf diese Weise „Massenmärkte“ für standardisierte Beratungsleistungen erschlossen, in denen im Einzelfall die Einschaltung eines Anwalts zu teuer oder für den Anwalt gemessen am zu erwartenden Aufwand uninteressant gewesen wäre.