· Fachbeitrag · Rechtsschutzversicherung
Rationalisierungsabkommen ‒ Fluch oder Segen?
von RA Burkard Lensing, LL.M., FA Versicherungsrecht, Münster
| Mindestens 16 Prozent der deutschen Anwälte haben ein Rationalisierungsabkommen mit einem Rechtsschutzversicherer abgeschlossen (Hommerich/Kilian, AnwBl 10, 789). Hierbei handelt es sich um eine Abrechnungsvereinbarung, in der sich der Anwalt verpflichtet, gegenüber dem Mandanten nur bestimmte Gebührenpauschalen zugrunde zu legen. Im Gegenzug vermittelt ihm der Versicherer sogenannte freie Mandate seiner Versicherten. Lohnt sich dieser Gebührenverzicht in Erwartung eines erhöhten Mandatsaufkommens für den Anwalt? Diese Frage klärt der folgende Beitrag. |
1. Abrechnungsabkommen: Interesse der Anwälte wächst
Im Mittelpunkt der Gebührenpauschalierung stehen die Beratungs- und die Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Vertretung (§ 34 RVG, Nr. 2300 VV RVG). Üblich ist eine Pauschalierung der Beratungsgebühr zwischen 60 und 100 EUR und eine Festlegung der (Rahmen-)Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Vertretung zwischen 0,8 und 1,1. Die Gebührenabschläge bewegen sich je nach Rechtsschutzversicherer (RSV) in einem Rahmen zwischen 20 bis 40 Prozent (Hommerich/Kilian, AnwBl 06, 262).
Die Ersparnis der RSV durch die Rationalisierungsabkommen wird auf rund 2,2 Mrd. EUR geschätzt. Die Versicherungswirtschaft betont, sie beabsichtige mit den Abkommen nicht in erster Linie, Kostensenkungspotenziale zu nutzen, sondern die Bedürfnisse der Rechtsschutzkunden zu befriedigen. Schon lange reiche es dem Kunden nicht mehr, wenn der RSV lediglich die Kosten eines Rechtsstreits erstatte. Der Kunde erwarte einen Mehrwert an Dienstleistung: Der RSV solle ihn durch einen Rechtsschutzfall navigieren. Beratung und Empfehlung seien gefragt. Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) aus 2013 erwarten in der Tat 81 Prozent der Befragten vonseiten des RSV eine Beratung zum weiteren Vorgehen und 67 Prozent die Empfehlung eines Rechtsanwalts (zur Problematik der freien Anwaltswahl OLG Bamberg NJW 12, 2282; Lensing, VuR 12, 97; BGH NJW 14, 630; Armbrüster, VuR 12, 167). 65 Prozent der Befragten erwarten Angebote für außergerichtliche Einigungsversuche, 55 Prozent eine erste rechtliche Einschätzung am Telefon, und 34 Prozent vertrauen der Anwaltsempfehlung des RSV.
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