· Fachbeitrag · RVG-Reform
Diese Neuerungen bringen bares Geld in Strafsachen
von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz
| Was viele nicht wissen: Seit dem 1.8.13 stellen gemäß § 17 Nr. 10 RVG das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren gebührenrechtlich verschiedene Angelegenheiten dar. Diese Neuerungen haben bei der praktischen Gebührenabrechnung gravierende ‒ positive ‒ Auswirkungen. |
1. Ermittlungs- und anschließendes gerichtliches Verfahren
Seit Inkrafttreten des RVG war streitig, ob es sich beim vorbereitenden und dem nachfolgenden erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren um eine Angelegenheit oder um mehrere Angelegenheiten handelt. Bedeutsam war dies vor allem bei der Berechnung der Postentgeltpauschalen. Seit dem 1.8.13 ist klargestellt: Es handelt sich stets um zwei Postentgeltpauschalen.
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Gegen Mandant M. wurde wegen des Verdachts einer Straftat ermittelt. Nachdem der beauftragte Rechtsanwalt R. eine Einlassung gegenüber der Staatsanwaltschaft abgibt, erhebt diese Anklage vor dem AG. R. wird auch im gerichtlichen Verfahren beauftragt. Im ersten Hauptverhandlungstermin wird M. freigesprochen.
Lösung: Die Postentgeltpauschale kann jeweils gesondert abgerechnet werden. Ausgehend von den Mittelgebühren kann folgendermaßen abgerechnet werden:
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2. Pflichtverteidigung ohne Anrechnung von Zahlungen
Dadurch, dass es sich seit dem 1.8.13 um zwei verschiedene Angelegenheiten handelt, ist ebenfalls geklärt, dass Zahlungen und Vorschüsse, die ein Beschuldigter im Ermittlungsverfahren leistet, nicht auf die Vergütung aus der Landeskasse im gerichtlichen Verfahren angerechnet werden können.
Gleichzeitig mit der Änderung des § 17 Nr. 10 RVG ist auch die (Anrechnungs-)Regelung des § 58 Abs. 3 S. 1 RVG geändert worden. Dort heißt es nun: „In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen, sind Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der gerichtlichen Bestellung oder Beiordnung für seine Tätigkeit in einer gebührenrechtlichen Angelegenheit erhalten hat, auf die von der Staatskasse für diese Angelegenheit zu zahlenden Gebühren anzurechnen.“
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Gegen den in Haft einsitzenden Mandanten M. wird wegen des Verdachts einer Straftat ermittelt. Rechtsanwalt R. wird beauftragt. R. vereinbart mit dem Mandanten für das Ermittlungsverfahren eine Pauschale in Höhe von 3.000 EUR, die auch gezahlt wird. R. gibt eine Einlassung gegenüber der Staatsanwaltschaft ab. Zudem kommt es zu einem Haftprüfungstermin, in dem M. auf freien Fuß kommt. Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage vor dem AG. R. wird im gerichtlichen Verfahren als Pflichtverteidiger bestellt. Im ersten Hauptverhandlungstermin wird M. aus Mangel an Beweisen freigesprochen.
Lösung: Das Ermittlungsverfahren und das Verfahren vor dem AG stellen gebührenrechtlich verschiedene Angelegenheiten dar. Die Zahlung von 3.000 EUR, die R. im Ermittlungsverfahren erhalten hat, ist nur auf die Gebühren aus der Landeskasse (vgl. § 48 Abs. 6 RVG) dieses Verfahrensabschnitts, nicht aber auf die aus der Landeskasse zu zahlenden Gebühren des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Ausgehend von den Mittelgebühren kann folgendermaßen abgerechnet werden:
Diesen Betrag kann R. aus der Landeskasse nicht mehr verlangen, da die Zahlung von 3.000 EUR anzurechnen ist.
Die Anrechnung der Zahlung von 3.000 EUR kommt auf den Abschnitt des gerichtlichen Verfahrens nicht mehr in Betracht. Nach der Rechtslage vor dem 1.8.13 hätte R. aus der Staatskasse keinerlei Zahlungen mehr erhalten. |