· Fachbeitrag · Umsatzplanung
Wirtschaftliche Kanzleiführung: Sieben Tipps für Ihren Erfolg
von Ilona Cosack, ABC AnwaltsBeratung Cosack, Mainz
| Der Anwalt ist nicht nur Organ der Rechtspflege, er führt seine Kanzlei auch als Wirtschaftsunternehmen und trägt Verantwortung für sich und seine Mitarbeiter. Nur wenn der Anwalt finanziell unabhängig ist, kann er für seine Mandanten das beste Ergebnis erzielen. Planen Sie daher Ihren Umsatz und steuern Sie ihn bewusst. |
1. Umsatzplanung
In vielen Kanzleien betrachtet man im Nachhinein die Umsätze und ärgert sich, wenn diese rückläufig sind. Eine gezielte Vorausplanung und Steuerung findet nicht statt.
Besser ist: Legen Sie Ihre Umsatzziele für das Jahr im Voraus fest. Innerhalb der einzelnen Monate ist es durchaus normal, wenn Umsätze schwanken. Das hängt mit den Rechtsgebieten, die von der Kanzlei angeboten werden, monatlichen Besonderheiten, Urlaubszeiten und auch mit dem Jahreswechsel zusammen. Wichtig ist, dass das Jahresziel im Plan bleibt.
Ob der Plan erreicht wird, lässt sich anhand der erstellten Rechnungen überprüfen: In Höhe Ihres geplanten Mindestumsatzes für den Monat müssen Rechnungen erstellt werden.
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Vermerken Sie auf Ihren Rechnungen ein Fälligkeitsdatum, das 10 Tage nach Ihrem Rechnungsdatum liegt. Damit verbessern Sie die Liquidität der Kanzlei.
Erstellen Sie niemals eine Rechnung ohne Fälligkeitsdatum. Ein Zahlungsziel von 30 Tagen hingegen wird meist nicht früher bezahlt. |
Sofern Rechnungen korrigiert oder storniert werden müssen, achten Sie darauf, dass die alte Rechnung aus der „Offenen-Posten-Liste“ entfernt wird. Nur dann ist diese ein ideales Instrument, um auf einen Blick die Außenstände zu erfassen und gegebenenfalls in eigener Sache tätig zu werden.
Ein Mandant, der bei Ihnen Rechnungen offenstehen hat, wird Sie nicht erneut beauftragen. Klären Sie deshalb umgehend, warum der Mandant die Rechnung nicht bezahlt. So haben Sie die Möglichkeit, Einwände und Unstimmigkeiten zu entkräften und gleichzeitig die Gelegenheit, weitere Mandate zu akquirieren.
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Ob Sie die Klärung selbst erledigen oder an geeignetes Personal delegieren, hängt von der Struktur Ihrer Kanzlei und dem jeweiligen Mandanten ab. In manchen Fällen ist es angenehmer, diese Aufgabe zu delegieren. Befürchten Sie, dass der Mandant unzufrieden ist, haben Sie die Chance, im Rahmen eines aktiven Beschwerdemanagements den Mandanten wieder zu gewinnen. Hier hat sich das Zwei-Stufen-Telefonat bewährt, bei dem in der ersten Stufe Ihr Personal das Telefonat führt und Sie in der zweiten Stufe selbst mit dem Mandanten telefonieren. |
2. Analyse
Steuern Sie aktiv dagegen, wenn Sie feststellen, dass Ihr Umsatzziel nicht erreicht wird. Dazu ist es notwendig, die Zahlen der Kanzlei zu analysieren.
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R. ist seit 12 Jahren Rechtsanwalt, Einzelanwalt mit Fachanwaltstitel, kämpft aber mit rückläufigen Mandatszahlen. Zwar hat er immer genug zu tun und auch sein Umsatz ist so, dass er einigermaßen sein Auskommen haben sollte. Der Gewinn existiert aber nur auf dem Papier, Liquidität ist nicht vorhanden. R. zahlt noch Schulden ab, die aus der Anfangszeit der Kanzlei resultieren. Seine Kosten hat R. größtmöglich reduziert, sodass der Gewinn auf dem Papier steigt. Dies hat Steuernachzahlungen, Steuervorauszahlungen und höhere Beiträge für das Versorgungswerk zur Folge. Welcher Weg führt aus dieser Misere? |
In einer solchen Situation müssen zunächst die letzten drei Jahre der betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) überprüft werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Buchhaltung in der Kanzlei erledigt oder extern durch einen Steuerberater gebucht wird.
Aber Vorsicht: Bei dem in Anwaltskanzleien gebräuchlichen Kontenrahmen SKR03 wird als Honorarkonto das Konto 8000 verwendet. Alle Nettoeinnahmen werden oft nur auf dieses Konto 8000 gebucht. Es fehlen die Informationen, welche Umsätze in den einzelnen Rechtsgebieten erzielt wurden.
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Definieren Sie für jedes Rechtsgebiet ein separates Honorarkonto in Ihrer Buchhaltung. So können Sie nachvollziehen, welche Umsätze in den einzelnen Rechtsgebieten erzielt werden. Nur so erhalten Sie auf Dauer brauchbare Auswertungen, die Rückschlüsse auf die Zielgruppenorientierung in Ihrer Kanzlei zulassen. |
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Vermeiden Sie es, Rechtsgebiete wie „Allgemeines Zivilrecht“, „Beratung“ oder „Sonstiges“ als Sammelbecken zu verwenden. Je detaillierter die Aufschlüsselung, desto eher können Sie erkennen, ob Ihre Kanzlei auf dem richtigen Weg ist. Nur wenn Sie wissen, in welchen Rechtsgebieten Sie welche Umsätze erzielen, können Sie strategische Entscheidungen treffen. 50 Prozent der Umsätze im „Allgemeinen Zivilrecht“ machen eine solche Auswertung nutzlos. |
Bilanzierende Kanzleien unterliegen der Soll-Versteuerung, d.h. die Umsatzsteuer ist fällig, nachdem die Rechnung geschrieben wurde, obwohl der Mandant diese noch nicht bezahlt hat. Bei Kanzleien, die ihre Einnahmen im Rahmen der Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Nr. 3 UStG versteuern (Ist-Versteuerung), wird die Umsatzsteuer erst fällig, wenn die Zahlung auf dem Kanzleikonto eingegangen ist.
§ 4 BORA verpflichtet den Anwalt, Fremdgeld getrennt von eigenem Geld aufzubewahren: Die Umsatzsteuer, die Sie dem Mandanten in Rechnung stellen, ist Fremdgeld und wird buchhalterisch auf ein separates Konto gebucht (s. auch Steben, AK 13, 74, für die Verauslagung von Mandantengeldern).
Problem: Auf dem Bankkonto erscheint der Eingang von Honorar und Umsatzsteuer insgesamt und damit besteht die Gefahr, dass „gefühlt“ mehr Geld zur Verfügung steht als tatsächlich ‒ denn 19 Prozent des Zahlungseingangs sind Fremdgeld.
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Buchen Sie die Umsatzsteuer auch auf dem Bankkonto separat: Daher richten Sie ein zweites Bankkonto als Umsatzsteuerkonto ein. So ist sichergestellt, dass die zu zahlende Umsatzsteuer bei Fälligkeit auch zur Verfügung steht. |
3. Controlling
Kein Controlling ohne Zeiterfassung: Erfassen Sie auch bei RVG-Mandaten den Zeitaufwand, den Sie pro Akte benötigen ‒ im Idealfall auch die Zeit, die im Sekretariat gebraucht wird. So erkennen Sie, wann ein RVG-Mandat unwirtschaftlich wird.
Erfassen Sie dann die Anzahl Ihrer Arbeitsstunden. Selbst bei bestem Zeitmanagement werden Sie einen bestimmten Anteil Ihrer Zeit nicht abrechnen können, z.B. Wartezeiten bei Gericht, Wege- und Reisezeiten zu Terminen, Zeiten, in denen Sie sich Ihrem Personal, der Organisation, Ihrem Marketing und dem Management Ihrer Kanzlei widmen, usw. Diese nicht verrechenbare Zeit ist abzuziehen, sodass nur die Stunden bleiben, in denen Sie Gebühren auslösen. Je nach Produktivität und Möglichkeit, Aufgaben zu delegieren, verbleibt von Ihrer Arbeitszeit gemäß dem folgenden Beispiel nur die Hälfte.
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Sie wollen einen Umsatz von 120.000 EUR jährlich erzielen. Dies entspricht 2.500 EUR pro Woche. Bei einer Arbeitszeit von 50 Stunden pro Woche, davon sind etwa 50 Prozent verrechenbar, verbleiben 25 Stunden, sodass ein Sollerlös pro Stunde von 100 EUR netto notwendig ist.
Ihr Mandant beauftragt Sie in einer Angelegenheit mit einem Streitwert von 4.000 EUR. Im Gerichtsverfahren fallen 1,3 Verfahrensgebühr (327,60 EUR) und 1,2 Terminsgebühr (302,40 EUR) an, insgesamt also Nettogebühren von 630 EUR. Folge: Arbeiten Sie in dieser Akte mehr als sechs Stunden, wird sie unwirtschaftlich. |
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Überprüfen Sie Ihre Akten und führen Sie in den Fällen, die den Sollerlös von 100 EUR unterschreiten, das Honorargespräch auch während eines laufenden Mandats. Vielfach wird der Mandant einer Vergütungsvereinbarung aufgeschlossen gegenüberstehen, wenn Sie ihm den Nutzen kommunizieren. |
Kalkulieren Sie bei neuen Mandaten den Aufwand und stellen Sie die voraussichtlichen gesetzlichen Gebühren gegenüber. Mit einiger Übung erkennen Sie, wann es sinnvoll ist, mit dem Mandanten eine Vergütungsvereinbarung zu schließen.
4. Strategie
Ermitteln Sie die Akten, die den Sollerlös von 100 EUR nicht erreichen. Wenn Sie feststellen, dass von Ihren laufenden Akten nicht alle geeignet sind, um den geplanten Umsatz zu erzielen, empfiehlt es sich, eine Einteilung der Mandate in Kategorien vorzunehmen. Im Idealfall können Sie diese Kategorisierung bei Ihren bestehenden und bei neuen Mandanten in Ihrer Software festhalten, sodass auch nach diesen Kriterien selektiert werden kann.
Nach dem Pareto-Prinzip erzielen Sie mit 20 Prozent Ihrer Mandanten 80 Prozent Ihres Umsatzes. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Sie mit 80 Prozent Ihrer Mandanten lediglich 20 Prozent Ihres Umsatzes generieren. Es ist deshalb zielführend, Ihre Mandanten in A-, B- und C-Kategorien einzuteilen.
Dabei sind A-Mandanten die Mandanten, die für Ihre Kanzlei wichtig sind (VIP-Mandate). Neben dem monetären Faktor (wie viel Umsatz ist mit diesem Mandanten zu generieren?) sind auch die weichen Faktoren wichtig: Wie ist das Zahlungsverhalten des Mandanten? Werden Rechnungen pünktlich bezahlt? Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit dem Mandanten insgesamt: Hält er Fristen ein und ist angenehm im Umgang mit dem Anwalt und den Mitarbeitern? Und ein weiteres wichtiges Kriterium: Ist er ein Multiplikator und empfiehlt Sie aktiv weiter?
B-Mandanten sind die, die für die Kanzlei die solide wirtschaftliche Grundlage bilden, C-Mandanten die, die unterm Strich „mitgeschleppt” werden, obwohl sie kaum zum Erfolg der Kanzlei beitragen, andererseits viel Zeit und Kapazität binden.
Trennen Sie die Spreu vom Weizen und vergeben Sie die Kategorie C an Mandanten, von denen Sie sich trennen bzw. zukünftig Mandate nicht mehr annehmen wollen.
Wenn Sie zu C-Mandanten „Nein” sagen und sich stattdessen auf die A-Mandanten konzentrieren, haben Sie mehr Zeit für Ihre umsatzstärksten Kunden, was sich positiv auf den Gesamtumsatz auswirkt.
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Erstellen Sie dazu einen Betreuungsplan und halten Sie ihn konsequent ein.
Beispielhaft könnte ein Betreuungsplan wie folgt aussehen:
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Legen Sie Ihre A-Mandanten fest. Wichtig ist, dass Sie mit diesen Mandanten im Gespräch bleiben, sei es über Telefonate oder ein persönliches Treffen. Ein Mittagessen ist immer ein guter Anlass, bei Unternehmermandanten nach dem „Rechten“ zu sehen. Je nach Mandantenstruktur können Sie auch Privatmandanten in den Betreuungsplan einbeziehen.
Diese Mandantenpflege zahlt sich aus, Sie werden auf Dauer in Ihrer festgelegten Zielgruppe die richtigen Mandanten finden und über aktives Empfehlungsmarketing weitere neue Mandanten generieren.
5. Fazit
Beherzigen Sie folgende „goldene Regeln“:
- 1. Nehmen Sie sich Zeit, um Ihre Kanzlei als Unternehmen zu führen. Betrachten Sie diese wichtige Aufgabe wie ein A-Mandat, das Ihnen übertragen wird.
- 2. Legen Sie eine Akte „Anwaltsmanagement” an und machen Termine mit sich selbst. Notieren Sie dazu regelmäßige Fristen, die wie gerichtliche Notfristen behandelt werden und unabdingbar einzuhalten sind.
- 3. Beginnen Sie, Ihren Umsatz systematisch zu planen.
- 4. Erfassen Sie den Zeitaufwand in allen Akten. Schließen Sie bei Mandaten, die mit RVG nicht wirtschaftlich geführt werden können, Vergütungsvereinbarungen.
- 5. Nutzen Sie ein konsequentes Forderungsmanagement für Ihre offenen Rechnungen.
- 6. Strukturieren Sie Ihre BWA mit aussagekräftigen Konten.
- 7. Kategorisieren Sie Ihre Mandanten und erstellen Sie einen Betreuungsplan, den Sie regelmäßig umsetzen.