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  • · Nachricht · § 16 EStG

    Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung von Veräußerungsrenten

    | Wurde ein Betrieb gegen wiederkehrende Leistungen veräußert, kann das Wahlrecht zwischen Sofortversteuerung und nachgelagerter Versteuerung bis zur Bestandskraft eines nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheids erstmalig oder geändert ausgeübt werden, sofern die Grenzen des § 351 Abs. 1 AO eingehalten werden. |

     

    Hintergrund

    Bei der Veräußerung eines Anteils i. S. d. § 16 EStG gegen Leibrente hat der Steuerpflichtige die Wahl zwischen der sofortigen Versteuerung eines Veräußerungsgewinns nach den §§ 16, 34 EStG einerseits und einer nicht tarifbegünstigten Besteuerung andererseits.

     

    Die sofortige Versteuerung des Veräußerungsgewinns nach §§ 16, 34 EStG würde in Form des Unterschiedsbetrags zwischen dem Kapitalwert der Rente sowie den Veräußerungskosten und dem auf den Veräußerungszeitpunkt ermittelten Wert des Betriebsvermögens (§ 16 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG) erfolgen.

     

    Die nicht tarifbegünstigte Besteuerung würde in Höhe der nachträglichen Betriebseinnahmen im Jahr des Zuflusses nach § 24 Nr. 2 EStG in Verbindung mit § 15 EStG erfolgen.

     

    Dieses Wahlrecht beruht auf einer teleologischen Reduktion des grundsätzlich zwingenden Anwendungsbereichs der §§ 16, 34 EStG in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Besteuerung. Es trägt vor allem dem Umstand Rechnung, dass zum einen die Leibrentenforderung mit ihrem Gegenwartswert zu bewerten ist und damit der Veräußerungsgewinn bereits im Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den wesentlichen Betriebsgrundlagen verwirklicht wird, zum anderen jedoch - gemessen an der statistischen Wahrscheinlichkeit - der vorzeitige Tod des Rentenberechtigten nicht zu einer (rückwirkenden) Korrektur des Veräußerungsgewinns führt und deshalb der Ansatz des Veräußerungsgewinns mit der Folge verbunden sein kann, dass der Veräußerer Gewinne zu versteuern hat, die er tatsächlich zu keinem Zeitpunkt erzielt bzw. erzielen kann.

     

    Sachverhalt

    Im Streitfall wurde zunächst die Sofortbesteuerung durchgeführt und bestandskräftig. Nach einer Bescheidänderung wegen § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zulasten des Steuerpflichtigen machte dieser im Einspruchsverfahren gegen den Änderungsbescheid die nachgelagerte Besteuerung geltend. Das FA lehnte dies unter Hinweis auf den bestandskräftigen Steuerbescheid, in dem die Sofortbesteuerung gewählt worden war, ab.

     

    Entscheidung

    Vor dem FG bekam der Steuerpflichtige jedoch recht. Das FG entschied, dass Antrags- oder Wahlrechte, für deren Ausübung - wie im Streitfall - im Gesetzeswortlaut keine ausdrückliche zeitliche Begrenzung vorgesehen ist, grundsätzlich nur bis zum Eintritt der Bestandskraft des entsprechenden Steuerbescheids erstmals oder in geänderter Weise ausgeübt werden können. Die Änderung eines Antrags- oder Wahlrechts ist aber auch zuzulassen, wenn und soweit der Bescheid lediglich partiell noch nicht formell und materiell bestandskräftig ist. Das erfasst diejenigen Fälle, in denen Änderungsbescheide auf der Grundlage einer selbstständigen Änderungsvorschrift - z. B. §§ 172 ff. AO - die teilweise Durchbrechung der Bestandskraft bewirken.

     

    Wird ein solcher Änderungsbescheid angefochten, folgt aus § 351 Abs. 1 AO, dass die Änderung der Antrags- oder Wahlrechtsausübung nur möglich ist, wenn die dadurch zu erzielende Steueränderung den durch die partielle Durchbrechung der Bestandskraft gesetzten Rahmen nicht verlässt. Die Vorschrift begrenzt die Anfechtbarkeit und damit auch die durch den Einspruch bewirkte Änderbarkeit eines Änderungsbescheids auf den Umfang der Änderung und stellt damit u. a. klar, dass es im Übrigen bei der zuvor eingetretenen Bestandskraft bleibt. Bewegt sich - wie im Streitfall - die durch eine zulässige Änderung eines Antrags- oder Wahlrechts bewirkte Steueränderung innerhalb des Rahmens des § 351 Abs. 1 AO, ist es nach § 157 Abs. 2 AO gleichgültig, ob die Änderung einen Bezug zu den Veräußerungsgewinnen aufweist.

     

    Wenn die steuerlichen Auswirkungen der Ausübung des Antrags- oder Wahlrechts nicht über den durch § 351 Abs. 1 AO gezogenen Rahmen hinausgehen, wird die zeitliche Grenze für die erneute oder anderweitige Ausübung eines Wahlrechts jedenfalls dann erst durch die formelle Bestandskraft des steuererhöhenden Änderungsbescheids gezogen, wenn erst durch die erstmalige Erfassung eines weiteren steuererheblichen Sachverhalts im Änderungsbescheid überhaupt die wirtschaftliche Notwendigkeit entsteht, sich mit der geänderten Ausübung eines einkommensteuerrechtlichen Antrags- oder Wahlrechts für denselben Veranlagungszeitraum zu befassen.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 44727471