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  • · Fachbeitrag · § 18 EStG

    Steuerrechtliche Anerkennung mehrstöckiger Freiberufler-Personengesellschaften

    | Eine Unterpersonengesellschaft erzielt freiberufliche Einkünfte, wenn neben den unmittelbar an ihr beteiligten natürlichen Personen alle mittelbar beteiligten Gesellschafter der Obergesellschaften über die persönliche Berufsqualifikation verfügen und in der Unterpersonengesellschaft zumindest in geringfügigem Umfang leitend und eigenverantwortlich mitarbeiten. |

     

    Hintergrund

    Eine freie Berufstätigkeit im Sinne des § 18 EStG muss durch die persönliche, qualifizierte Arbeitsleistung des Berufsträgers geprägt sein. Diesem Umstand ist auch Rechnung zu tragen, wenn sich eine Personengesellschaft (Obergesellschaft) an einer anderen Personengesellschaft (Untergesellschaft) beteiligt.

     

    Weil sämtliche Gesellschafter-Mitunternehmer der Untergesellschaft die Merkmale des freien Berufs erfüllen müssen und die Obergesellschaft selbst diese Merkmale nicht erfüllen kann, ist allerdings zur Anerkennung einer mehrstöckigen Freiberufler-Personengesellschaft erforderlich, dass auch alle mittelbar an der Untergesellschaft beteiligten Gesellschafter der Obergesellschaft die Tatbestandsmerkmale des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfüllen. Denn freiberufliche Einkünfte können nicht allein durch das Halten einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung, sondern immer nur dadurch erzielt werden, dass der Steuerpflichtige durch eine eigene Tätigkeit die Merkmale des freien Berufs in seiner Person erfüllt.

     

    Weil jeder Gesellschafter eigenverantwortlich und leitend tätig sein muss, ist zur Anerkennung einer mehrstöckigen Freiberufler-Personengesellschaft weiter zu verlangen, dass alle Obergesellschafter ‒ zumindest in geringfügigem Umfang ‒ auch in der Untergesellschaft leitend und eigenverantwortlich mitarbeiten. Anderenfalls vermitteln sie der Tätigkeit der Untergesellschaft ein schädliches Element der Nichtfreiberuflichkeit.

     

    Entscheidung

    Im Streitfall hatte das FG die von der Steuerpflichtigen erzielten Einkünfte zutreffend als solche aus Gewerbebetrieb qualifiziert, da nicht sämtliche mittelbar an der Steuerpflichtigen beteiligten Obergesellschafter leitend und eigenverantwortlich in der Steuerpflichtigen als Untergesellschaft tätig waren.

     

    • Eine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit der Obergesellschafter ergibt sich nicht daraus, dass die Obergesellschafter im Rahmen von Gesellschafterversammlungen über wesentliche Fragen des Konzerns wie die Finanzierung der Gesellschaften, Investitionen oder das Umsatzwachstum sowie über wesentliche Maßnahmen in den Untergesellschaften wie Praxiseinkäufe und die Bestellung weiterer Komplementäre getroffen haben. Denn diese Tätigkeiten erfüllen nicht die Tatbestandsmerkmale des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Es handelt sich vielmehr um geschäftsleitende, kontrollierende und koordinierende kaufmännische Tätigkeiten, die nicht zur berufstypischen freiberuflichen Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zählen.

     

    • Eine freiberufliche Tätigkeit folgt auch nicht daraus, dass im Konzern überregionale Arbeitsgruppen bestanden, in denen die Obergesellschafter als Spezialisten bei der Bearbeitung von Mandaten anderer Untergesellschaften mitgewirkt haben. Denn eine Mitarbeit sämtlicher Obergesellschafter war im Streitfall weder im Hinblick auf die Mandate der Steuerpflichtigen noch im Hinblick auf die Mandate der anderen Untergesellschaften gegeben.

     

    • Letztlich wurde eine freiberufliche Tätigkeit der Steuerpflichtigen auch nicht dadurch begründet, dass die Obergesellschafter in den Obergesellschaften und zumindest in einer anderen Untergesellschaft des Konzerns als Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt leitend und eigenverantwortlich tätig geworden sind. Denn dies ersetzt nicht das Erfordernis, dass die Obergesellschafter auch in der Steuerpflichtigen als Untergesellschaft ‒ wenn auch nur in geringem Umfang ‒ leitend und eigenverantwortlich tätig werden. Dieses „doppelte Tätigkeitserfordernis“ ergibt sich bereits daraus, dass auch bei der einstöckigen Personengesellschaft jeder Gesellschafter sowohl im Hinblick auf seine Qualifikation als auch im Hinblick auf die Art und Weise seines Tätigwerdens für die Gesellschaft die Merkmale der Freiberuflichkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfüllen muss, um auf Ebene der Mitunternehmerschaft freiberufliche Einkünfte zu erzielen. Nichts anderes kann für mehrstöckige Personengesellschaften gelten.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 47018672