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  • · Nachricht · § 32 EStG

    Kindergeldanspruch bei Zweitausbildung durch zeitliche Zäsur

    | Setzt ein Kind nach Beendigung der Ausbildung zur Steuerfachangestellten seine Berufsausbildung mit den weiterführenden Berufszielen „Staatlich geprüfter Betriebswirt“ und „Steuerfachwirt“ nicht zum nächstmöglichen Zeitpunkt fort, handelt es sich bei der nachfolgenden Fachschulausbildung um eine Zweitausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. In diesem Fall schließt eine mehr als 20 Wochenstunden umfassende Erwerbstätigkeit während der Zeit des Wartens auf den Antritt der Fachschulausbildung und während deren Durchführung einen Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG aus. |

     

    Sachverhalt

    Im Streitfall erhielt der Anspruchsberechtigte bis einschließlich Juni 2013 Kindergeld für seine Tochter. Diese absolvierte nach ihrem Abitur eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten, die sie am 21.6.2013 abschloss. Anschließend nahm sie eine Vollzeitbeschäftigung in ihrem Ausbildungsbetrieb auf. Am 19.9.2013 meldete sie sich bei einer Fachschule für Wirtschaft der Fachrichtung Betriebswirtschaft (Schwerpunkt Steuern) in Teilzeitform an. Sie bekam eine Zusage für das Schuljahr 2014/2015. Zum 1.4.2014 wechselte sie in eine andere Steuerberatungskanzlei und arbeitete dort zunächst mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden, die sie ab September 2014 auf 36 Stunden reduzierte. Am 20.8.2014 nahm sie ihre Ausbildung an der Fachschule für Wirtschaft auf.

     

    Die Familienkasse lehnte die Kindergeldgewährung ab Juli 2013 mit der Begründung ab, die Tochter habe sich bereits in einer Zweitausbildung befunden und sei einer schädlichen Erwerbstätigkeit nachgegangen.

     

    Entscheidung

    Der BFH bestätigte diese ablehnende Entscheidung im Revisionsverfahren. Die im Zeitraum Juli 2013 bis September 2015 ausgeübte Tätigkeit ist keine i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG, da lediglich eine Beschäftigung ohne überwiegenden Ausbildungscharakter vorlag. Eine Berücksichtigung wegen einer Übergangszeit i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG kam für den Zeitraum Juli 2013 bis August 2014 wegen Überschreiten der Höchstdauer von 4 Monaten nicht in Betracht. Für den Zeitraum Juli 2013 bis August 2013 lagen die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG ebenfalls nicht vor, da für diesen Zeitraum keine Bemühungen der Tochter um einen Ausbildungsplatz vorlagen.

     

    Die im Streitzeitraum von August 2014 bis September 2015 durchgeführte Fachschulausbildung erfüllte dagegen ohne weiteres die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG. Außerdem erfüllte die Tochter mit der Anmeldung im September 2013 bis August 2014 die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG. Gleichwohl kam eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung nicht in Betracht, da bereits eine erstmalige abgeschlossene Berufsausbildung vorlag und die Tochter während der Zeiträume, in denen sie auf den Antritt der Ausbildung bei der Fachschule gewartet und in denen sie die Ausbildung an der Fachschule durchgeführt hatte, einer schädlichen Erwerbstätigkeit i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nachgegangen war.

     

    Im Streitfall stellte die Ausbildung zur Steuerfachangestellten bereits eine abgeschlossene erstmalige Ausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG dar. Denn die Tochter hatte weder im Anschluss an die Beendigung der Ausbildung zur Steuerfachangestellten mit der Ausbildung an der Fachschule für Wirtschaft begonnen noch hatte sie sich für eine bereits im Jahr 2013 beginnende Ausbildung beworben. Schulorganisatorische oder andere objektive Gründe, die einer Aufnahme der Ausbildung im August 2013 statt erst im August 2014 entgegengestanden hätten, lagen ebenfalls nicht vor.

     

    Vielmehr hatte sie ihren ersten (objektiv) berufsqualifizierenden Abschluss genutzt, um mit diesem im Rahmen einer regulären Erwerbstätigkeit ohne Ausbildungscharakter Einkünfte zu erzielen. Diese Erwerbstätigkeit erfolgte auch nicht nur in einem Überbrückungszeitraum zwischen dem Ende der Steuerfachangestelltenausbildung und dem nächstmöglichen Beginn der Fachschulausbildung und bildete somit eine zeitliche Zäsur zwischen zwei hierdurch verselbstständigten Ausbildungen.

     

    Auch war die ausgeübte Erwerbstätigkeit anspruchsschädlich. Denn die in § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG vorgesehene 20-Stunden-Grenze wurde überschritten, da die wöchentliche Arbeitszeit zunächst 40 und ab September 2014 36 Stunden betrug. Mangels festgestellter Ausbildungsinhalte lag auch kein Ausbildungsdienstverhältnis vor. Ebenso fehlte es an den Voraussetzungen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses i. S. der §§ 8 und 8a SGB IV.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 45384193