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  • · Nachricht · § 15b EStG

    Zwischengewinne als Verlust im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen

    | Negative Zwischengewinne stellen grundsätzlich keine Verluste i. S. d. § 15b Abs. 1 EStG dar. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG kann nicht dahin verstanden werden, dass ein vorgefertigtes Konzept i. S. d. § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG stets dann vorliegt, wenn sich ein Verlust im Rahmen der Anwendung des progressiven Steuersatzes auswirkt, während ein Gewinn lediglich dem Abgeltungsteuersatz unterliegt. |

     

    Grundsatz

    Nach den Regelungen in § 15b Abs. 1 EStG (diese gelten gem. § 20 Abs. 2b Satz 1 EStG sinngemäß auch für Kapitaleinkünfte), dürfen Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell nur mit Einkünften, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt, verrechnet werden.

     

    Ein Steuerstundungsmodell i. S. d. § 15b Abs. 1 EStG liegt vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen (§ 15b Abs. 2 Satz 1 EStG). Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen (§ 15b Abs. 2 Satz 2 EStG). Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen (§ 15b Abs. 2 Satz 3 EStG).

     

    Entscheidung

    Der BFH hat nun erneut deutlich gemacht, dass negative Zwischengewinne grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich der §§ 15b, 20 Abs. 2b Satz 1 EStG fallen. Zwar können auch negative Einnahmen aufgrund von Zwischengewinnen zu negativen Einkünften führen. Sie stellen jedoch regelmäßig keine Aufwendungen zur Erzielung unangemessener steuerlicher Verluste in Form von negativen Kapitaleinkünften dar.

     

    Der Zwischengewinn des Veräußerers eines Investmentanteils ist nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 4 InvStG das Entgelt für die ihm noch nicht zugeflossenen oder als zugeflossen geltenden Zinserträge, zinsähnlichen Erträge und Ansprüche des Investmentvermögens. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz InvStG gehört der Zwischengewinn zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn es sich nicht um Betriebseinnahmen des Anlegers, Leistungen nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa i. V. m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG oder Leistungen i. S. d. § 22 Nr. 5 EStG handelt. Diese Regelung gilt für sämtliche Anleger von Investmentfonds und damit auch für Privatanleger. Mit dem Zwischengewinn werden die Zinserträge und Zinssurrogate, die bereits während des Geschäftsjahres des Investmentvermögens „erzielt“ werden, im Falle der unterjährigen Rückgabe oder Veräußerung des Investmentanteils der Besteuerung unterworfen.

     

    Erzielt der Erwerber eines Investmentfonds negative Einnahmen aufgrund von Zwischengewinnen, so ist dies der zutreffenden wirtschaftlichen Zuordnung des Zinsanspruchs geschuldet. Ein entsprechender Verlust und ein sich in der weiteren Folge ergebender Steuerstundungseffekt sind Folge des getätigten Rechtsgeschäfts, nicht hingegen einer modellhaften Gestaltung. Die Zahlung von Zwischengewinnen führt daher regelmäßig nicht zu einem wirtschaftlich unangemessenen Steuervorteil des Anteilerwerbers i. S. d. § 15b EStG. Dies gilt auch dann, wenn der Zwischengewinn 10 % des Kaufpreises übersteigt. Denn auch in diesem Fall soll durch die steuerliche Berücksichtigung des negativen Zwischengewinns eine Überbesteuerung des Anlegers vermieden werden.

     

    Im Streitfall waren die Zwischengewinne keine Verluste i. S. d. § 15b EStG. Eine Einschränkung der Verlustverrechnung folgte auch nicht aus § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG. Danach liegt ein vorgefertigtes Konzept i. S. d. § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG auch vor, wenn die positiven Einkünfte nicht der tariflichen Einkommensteuer unterliegen. Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung des § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG Modelle erfassen, die das Steuersatzgefälle zwischen der tariflichen Einkommensteuer gemäß § 32a EStG und dem gesonderten Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 32d EStG dadurch ausnutzen, dass die negativen Einkünfte der tariflichen Einkommensteuer und die positiven Einkünfte der Abgeltungsteuer unterliegen. Diese Zielsetzung kommt nach Auffassung des BFH im Wortlaut des § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG jedoch nicht zum Ausdruck. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG kann daher nicht so verstanden werden, dass ein vorgefertigtes Konzept i. S. d. § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG stets dann vorliegt, wenn sich ein Verlust im Rahmen der Anwendung des progressiven Steuersatzes auswirkt, während ein Gewinn lediglich dem Abgeltungsteuersatz unterliegt. Vor diesem Hintergrund konnte allein der Umstand, dass im Streitfall die aus den Zwischengewinnen resultierenden negativen Einkünfte dem progressiven Steuersatz unterlagen, während die im Jahr 2009 zu versteuernden positiven Einkünfte der Abgeltungsteuer unterfielen, keine Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 15b EStG begründen, und zwar auch dann nicht, wenn die Grenze des § 15b Abs. 3 EStG überschritten ist.

     

    Letztlich kann aus der Ausnutzung des Steuersatzgefälles auch nicht auf eine missbräuchliche Gestaltung i. S. d. § 42 AO geschlossen werden. Der BFH konnte dahingestellt lassen, ob die Anwendung des § 42 AO im Streitfall bereits deshalb ausgeschlossen war, weil die §§ 20 Abs. 2b Satz 2, 15b EStG als speziellerer Missbrauchstatbestand lex specialis und damit vorrangig und ausschließlich anwendbar waren. Denn ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 AO liegt nicht vor, da Vorteile aufgrund unterschiedlicher Steuersätze der Schedulenbesteuerung immanent sind.

     

    Fundstelle

    • BFH 7.5.19, VIII R 29/15, iww.de/astw, Abruf-Nr. 210295
    Quelle: ID 46112539

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