· Fachbeitrag · § 23 EStG
Einnahmen aus dem Handel mit Kryptowährungen
| Eine Aussetzung der Vollziehung ist aus tatsächlichen Gründen geboten, wenn sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht nachprüfen lässt, wie der Gewinn aus dem „An- und Verkauf von Kryptowährungen“ ermittelt wurde bzw. die „Kalkulation des privaten Veräußerungsgeschäfts nach der FIFO-Methode gemacht“ wurde und es insbesondere nicht bekannt ist, mit welchen der zahlreichen Kryptowährungen gehandelt wurde, welche Vorgänge als An- bzw. Verkauf qualifiziert wurden und wie genau die Zeitpunkte der Vorgänge ermittelt wurden. |
Sachverhalt
Streitig ist in der Hauptsache, ob vom Antragsteller erklärte Einkünfte aus privaten Spekulationsgeschäften durch den Handel mit Kryptowährungen steuerpflichtig sind.
Entscheidung
Im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gewährte das FG die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids im vom Antragsteller begehrten Umfang. Nach Auffassung des FG ist dies im Streitfall alleine schon deshalb gerechtfertigt, weil das FA einen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften besteuert, ohne den zugrunde liegenden Sachverhalt aufgeklärt zu haben.
Nach Aktenlage wurde bislang überhaupt nicht geprüft, was eigentlich besteuert werden soll. Denn wie im Streitfall der angegebene Gewinn aus dem An- und Verkauf von Kryptowährungen ermittelt wurde bzw. die „Kalkulation des privaten Veräußerungsgeschäfts nach der FIFO-Methode gemacht“ wurde, erschloss sich dem FG aus den bislang vorliegenden Unterlagen nicht. Es ist nicht bekannt, um welche von den zahlreichen Kryptowährungen (nach Angaben des Antragstellers im Wesentlichen keine Bitcoins, sondern diverse andere) es sich im Streitfall handelt, welche Vorgänge der Antragsteller als An- bzw. Verkauf qualifiziert hat und wie genau er die Zeitpunkte der Vorgänge ermittelt hat. Insoweit „aufklärende“ Unterlagen wurden vom Steuerpflichtigen angekündigt, aber nicht eingereicht und auch vom FA bislang nicht angefordert.
Auf Basis der bisherigen Angaben und Unterlagen konnte das FG nicht prüfen, ob im Streitfall ein steuerpflichtiger Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften vorliegt. Da es sich hierbei um einen steuererhöhenden Sachverhalt handelt, trägt die Finanzbehörde insoweit die Feststellungslast. Für eine (vorwerfbare) Verletzung der Mitwirkungspflicht sieht das FG dann keinen Raum, wenn der Steuerpflichtige ‒ wie im Streitfall ‒ überhaupt nicht zur Mitwirkung aufgefordert und herangezogen wurde.
Neben den tatsächlichen Zweifeln sieht das FG im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung auch ausreichend rechtliche Zweifel, die die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids im begehrten Umfang rechtfertigen. So ist die steuerliche Behandlung von Kryptowährungen, soweit ersichtlich, bisher noch nicht Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung gewesen. Dem FA mag zwar zuzugeben zu sein, dass die bestehenden steuerlichen Vorschriften ausreichend sind, konkret die Besteuerung von Geschäftsvorfällen mit einer Kryptowährung zu beurteilen. So kann möglicherweise eine konkrete Kryptowährung ein Wirtschaftsgut darstellen und somit ihr An- und Verkauf nach §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2. Satz 1 EStG einen Besteuerungstatbestand erfüllen. Finanzgerichtliche Rechtsprechung in dem Sinne liegt hierzu ‒ ebenso wenig wie Rechtsprechung des BFH ‒ nicht vor.
Lediglich das FG Baden-Württemberg hat in seinem Urteil vom 2.3.2018, 5 K 2508/17 (EFG 2018, 1167; zu An- und Verkauf von Finaltickets), am Rande durchblicken lassen, dass es eine Besteuerung von Spekulationsgeschäften mit Kryptowährungen ebenso wenig für zulässig halte wie die seiner Entscheidung zugrunde liegenden Geschäfte mit Finaleintrittskarten.
Das FG Berlin-Brandenburg hat demgegenüber in seiner Entscheidung im Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz (Beschluss vom 20.6.2019, 13 V 13100/19, BB 2020, 46) keine Zweifel gehabt, dass Spekulationen mit Kryptowährungen nach §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2. Satz 1 EStG steuerpflichtig seien. Diese Entscheidung, auf die sich das FA fast ausschließlich bezieht und deren Argumentation sich zu eigen macht, ist jedoch für das FG nicht nachvollziehbar. Im Streitfall war daher aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen die Aussetzung der Vollziehung im begehrten Umfang zu gewähren.
Fundstelle
- FG Nürnberg 8.4.20, 3 V 39/19, iww.de/astw, Abruf-Nr. 216708