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  • · Nachricht · § 34 EStG

    Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Kapitalabfindung von Kleinbetragsrenten aus Altersvorsorgeverträgen

    | Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten erfordert zusätzlich die Außerordentlichkeit dieser Einkünfte. Hierfür ist im Falle der Kapitalisierung von Altersbezügen entscheidend, dass eine solche Zusammenballung der Einkünfte in dem betreffenden Lebens-, Wirtschafts- und Regelungsbereich nicht dem typischen Ablauf entspricht. Ob darüber hinaus in dem konkreten Vertrag die Möglichkeit einer Kapitalabfindung bereits von Anfang an vorgesehen war oder nicht, hat demgegenüber nur indizielle Bedeutung. |

     

    Sachverhalt

    Der im Jahr 1950 geborene Steuerpflichtige schloss 2007 mit einem Anbieter einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag, einen Banksparplan, ab. In den Vertragsbedingungen heißt es: „Würde bei gleichmäßiger Verrentung des bis zu Beginn der Auszahlungsphase angesammelten Kapitals eine monatliche Rente resultieren, die 1 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV nicht übersteigt, kann die Bank das Kapital zu Beginn der Auszahlungsphase förderunschädlich an den Sparer auszahlen.“

     

    2013 teilte der Anbieter mit, der Vertrag falle unter die Kleinbetragsrenten-Regelung, sodass das Guthaben bei einer Kündigung zum nächstmöglichen Termin förderunschädlich ausgezahlt werde. Am 30.9.2013 erhielt der ‒ zu diesem Zeitpunkt 63-jährige ‒ Steuerpflichtige eine Kapitalabfindung von rund 7.500 EUR. Ein Teilbetrag von ca. 6.900 EUR beruhte auf geförderten Eigenleistungen des Steuerpflichtigen sowie Zinsen.

     

    Das FA besteuerte diesen Teilbetrag der Kapitalabfindung im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2013 als „Leistung aus einem Altersvorsorgevertrag“ gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG in vollem Umfang.

     

    Entscheidung

    Nach erfolglosem Klageverfahren hob der BFH die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies den Streitfall zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an das FG zurück. Hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (§ 34 Abs. 1 EStG) auf die Kapitalabfindung vorliegen, ist der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif.

     

    Zunächst stellte der BFH heraus, dass § 22 Nr. 5 Satz 13 EStG im Streitjahr noch nicht anwendbar war und für frühere Zeiträume keine entscheidende Bedeutung hat. Nach dieser mit Wirkung ab 1.1.2018 eingeführten Vorschrift ist für Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen nach § 93 Abs. 3 EStG die Steuersatzermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG entsprechend anzuwenden.

     

    Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG lagen im Streitfall ebenfalls nicht vor, da die Kapitalisierung eines Anspruchs auf laufende Zahlungen grundsätzlich keine Entschädigung darstellt. Dies gilt erst recht dann, wenn die Kapitalisierungsmöglichkeit ‒ wie im Streitfall ‒ von vornherein vertraglich vereinbart war.

     

    Dagegen konnte der BFH nicht abschließend entscheiden, ob eventuell die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG als Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten vorliegen. Denn die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes erfordert sowohl nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 1 EStG als auch nach dem Einleitungssatz des § 34 Abs. 2 EStG zusätzlich die „Außerordentlichkeit“ dieser Einkünfte. Dies dient der Einschränkung des eher weit geratenen Wortlauts des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG.

     

    Allein der Umstand, dass die Möglichkeit der Kapitalisierung einer Kleinbetragsrente von Anfang an im Altersvorsorgevertrag vorgesehen war, steht der Anwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG nicht zwingend entgegen. Vielmehr ist entscheidend, ob die Kapitalisierung laufender Rentenansprüche im Bereich der Altersvorsorgeverträge (§§ 82 ff. EStG) als atypisch anzusehen ist. Zur diesbezüglichen Prüfung wurde der Streitfall an die Vorinstanz mit folgenden Hinweisen zurückverwiesen:

     

    • Für die vorzunehmende wertende Beurteilung ist nicht allein auf die Teilmenge der Kleinbetragsrenten abzustellen, sondern auf sämtliche Altersvorsorgeverträge, deren Auszahlungsphase während der Geltung der im Streitjahr maßgebenden Rechtslage (d. h. vom Inkrafttreten des AltEinkG am 1.1.05 bis zum Inkrafttreten des § 22 Nr. 5 Satz 13 EStG am 1.1.2018) begonnen hat.

     

    • Der Gesetzgeber hat zwischenzeitlich mehrere Möglichkeiten zur Kapitalisierung der laufenden Auszahlungsansprüche aus Altersvorsorgeverträgen eingeführt und dadurch den Zweck dieser Art der Altersvorsorge ‒ die Gewährleistung einer lebenslangen laufenden Versorgung ‒ jedenfalls in Teilbereichen infrage gestellt. Den gesetzlichen Regelungen zur Basisversorgung, insbesondere zur gesetzlichen Rentenversicherung, sind derartige Kapitalisierungsmöglichkeiten hingegen weiterhin fremd. Dies spricht dafür, dass der Gesetzgeber selbst die Kapitalisierungsmöglichkeit im Bereich der zweiten Schicht nicht als atypisch ansieht.

     

    • Der BFH konnte mangels statistischen Materials weder beurteilen, ob es sich bei den Kleinbetragsrenten um atypische Einzelfälle handelt, noch liegen ihm Informationen dazu vor, ob es bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 93 Abs. 3 EStG nur in atypischen Einzelfällen tatsächlich zur Wahl der Kapitalabfindung kommt. Dies wird das FG ‒ erforderlichenfalls durch Anfragen bei Organisationen, die über entsprechendes statistisches Material verfügen dürften, wie z. B. die zentrale Stelle (§ 81 EStG), Verbraucherschutzorganisationen sowie Verbände der Anbieter ‒ festzustellen haben.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 46173546

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