· Fachbeitrag · § 6 EStG
Keine Aufdeckung der stillen Reserven bei freiwilligem Landtausch
| Für den freiwilligen Landtausch gelten einkommensteuerrechtlich dieselben Rechtsfolgen wie beim Regelflurbereinigungs- und beim Baulandumlegungsverfahren. Der Austausch von Grundstücken im Rahmen eines freiwilligen Landtauschs ist daher nicht nach den für den (freiwilligen) Tausch von Wirtschaftsgütern maßgeblichen Grundsätzen des § 6 Abs. 6 EStG zu beurteilen, sondern ‒ soweit Wertgleichheit besteht ‒ einkommensteuerrechtlich neutral. |
Sachverhalt
Im Streitfall ging es um einen Landwirt mit abweichendem Wirtschaftsjahr. Im Jahr 2011 trat dieser mit weiteren Land- und Forstwirten der Region in Verhandlungen über einen Landtausch von land- sowie forstwirtschaftlich genutzten Flächen. Anlass des beabsichtigten Landtauschs war eine Arrondierung der betroffenen Flächen und die hieraus resultierende Bewirtschaftungserleichterung.
Nach Abschluss der Tauschverhandlungen beantragten die Tauschpartner im September 2012 bei der zuständigen Flurbereinigungsbehörde die Durchführung des freiwilligen Landtauschs (§ 103c Abs. 1 Satz 1 des Flurbereinigungsgesetzes ‒ FlurbG). Im April 2013 ordnete die Bezirksregierung den freiwilligen Landtausch antragsgemäß an (§ 103c Abs. 2 i. V. m. § 86 Abs. 2 Nr. 1 FlurbG). Auf Grundlage des Antrags erließ sie im September 2013 einen Tauschplan (§ 103f Abs. 1 und 2 FlurbG) und ordnete nach dessen Unanfechtbarkeit Ende Oktober 2013 seine Ausführung an (§ 103f Abs. 3 FlurbG).
Als Ergebnis des freiwilligen Landtauschs tauschte der Steuerpflichtige rund 61.000 qm Fläche herein und 57.000 qm Fläche weg. Zum Ausgleich von Mehrausweisungen von rund 4.000 qm hatte er zudem 815 EUR zu zahlen, zum Ausgleich für die Übernahme von Holzbeständen weitere 2.785 EUR (insgesamt 3.600 EUR).
Das FA vertrat die Auffassung, der Steuerpflichtige habe durch den freiwilligen Landtausch einen Buchgewinn erzielt, der ‒ anders als bei einer gesetzlich angeordneten Flurbereinigung ‒ zu steuerpflichtigen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft führe.
Entscheidung
Entgegen der Auffassung des FA hat der BFH eine Anwendung von § 6 Abs. 6 EStG verneint.
Der BFH stellt klar, dass dem freiwilligen Landtausch der Gedanke einer ungebrochenen Fortsetzung des Eigentums an einem „verwandelten“ Grundstück ebenso zugrunde liegt wie dem Verfahren der Regelflurbereinigung oder der städtebaulichen Umlegung (§§ 45 ff. des Baugesetzbuchs), sodass auch bei einem freiwilligen Landtausch eine Änderung des Eigentumsrechts nicht in der Person des Eigentümers, sondern im Gegenstand des Eigentums eintritt.
Für das Regelflurbereinigungs- und das Baulandumlegungsverfahren hat der IV. Senat des BFH bereits mehrfach entschieden, dass der Austausch von Grundstücken im Rahmen eines Umlegungsverfahrens nicht nach den für den (freiwilligen) Tausch von Wirtschaftsgütern maßgeblichen Grundsätzen ‒ insbesondere § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG ‒ zu beurteilen ist. Vielmehr sind der in das Umlegungsverfahren eingebrachte Grundbesitz und der daraus im Zuteilungswege erlangte Grundbesitz, soweit insgesamt wertgleich, als wirtschaftlich identisch zu werten. Dies hat die einkommensteuerrechtlichen Folge, dass u. a. keine Gewinnrealisierung nach Tauschgrundsätzen eintritt. Die zugeteilten Grundstücke sind „Surrogat“ der eingebrachten Grundstücke.
Da der freiwillige Landtausch ebenfalls vom Surrogationsprinzip beherrscht wird und als behördlich geleitetes Verfahren auch ansonsten eher mit dem Regelflurbereinigungs- und dem Baulandumlegungsverfahren vergleichbar ist als mit dem privatrechtlichen Tausch, bei dem insbesondere der hereingetauschte Vermögensgegenstand nicht rechtlich an die Stelle des weggetauschten Vermögensgegenstands tritt, gelten einkommensteuerrechtlich dieselben Folgen wie beim Regelflurbereinigungs- und beim Baulandumlegungsverfahren.
Dem entspricht es im Übrigen, dass § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a des Grunderwerbsteuergesetzes sowohl den Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land im Flurbereinigungsverfahren als auch durch den entsprechenden Rechtsvorgang im freiwilligen Landtauschverfahren von den der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgängen ausnimmt.
Auch der Umstand, dass der freiwillige Landtausch ‒ insoweit anders als das Regelflurbereinigungsverfahren, das auf Anordnung der Flurbereinigungsbehörde initiiert wird ‒ von den Beteiligten eigeninitiativ beantragt wird, vermag an dem Ergebnis nichts zu ändern. Denn die Flurbereinigungsbehörde ist gleichwohl „Herrin des Verfahrens“.
Im Streitfall war das FG daher zutreffend davon ausgegangen, dass der freiwillige Landtausch ‒ ebenso wie gesetzlich geregelte Grundstücksaustauschverfahren ‒ nicht nach den für den (freiwilligen) Tausch von Wirtschaftsgütern maßgeblichen Grundsätzen zu beurteilen ist, sondern infolge der eintretenden Surrogation keine Gewinnrealisierung eintritt.
Fundstelle
- BFH 23.10.19, VI R 25/17, iww.de/astw, Abruf-Nr. 213868