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  • · Nachricht · ErbStG

    Wie errechnet sich der Bereicherungswert bei einer gemischten Schenkung?

    | Der Wert der Bereicherung ist bei einer gemischten Schenkung durch Abzug der Gegenleistung vom Steuerwert zu ermitteln. Das gilt auch dann, wenn im Einzelfall der nach dem Bewertungsgesetz ermittelte Steuerwert hinter dem gemeinen Wert zurückbleibt. | 

    Hintergrund

    Bei einer gemischten Schenkung zahlt der Begünstigte ein Entgelt, das den wahren Wert des übertragenen Wirtschaftsguts unterschreitet. Eine gemischte Schenkung ist dann gegeben, wenn einer höherwertigen Leistung eine Gegenleistung von geringerem Wert gegenübersteht und die höherwertige Leistung neben Elementen der Freigebigkeit auch Elemente eines Austauschvertrags enthält. Dabei lässt sich die höherwertige Leistung nicht in 2 selbstständige Leistungen aufteilen (BFH 30.1.13, II R 6/12).

     

    Über eine ‒ teilweise ‒ Unentgeltlichkeit und die Frage einer Bereicherung ist dabei nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden. Bei einer gemischten Schenkung unterliegt nur der (unselbstständige) freigebige Teil der Zuwendung der Schenkungsteuer. Dieser Teil bestimmt sich nach bisheriger BFH-Rechtsprechung nach dem Verhältnis des Verkehrswerts der Bereicherung des Bedachten zum Verkehrswert der Leistung des Schenkers (BFH 13.9.17, II R 32/16, BStBl II 18, 296).

     

    Noch nicht abschließend geklärt war bisher, ob der Wert der Bereicherung insoweit durch Abzug der gegebenenfalls kapitalisierten Gegenleistung vom Steuerwert oder das Verhältnis zwischen dem Verkehrswert des zugewendeten Gegenstands und dem Wert der Gegenleistung ermittelt werden kann.

     

    Sachverhalt

    Im aktuellen Fall übertrug ein Onkel sein Grundstück auf seinen steuerpflichtigen Neffen. Als Gegenleistung dafür wurde eine monatlich zu zahlende Rente in Höhe von 300 EUR vereinbart. Der Neffe verpflichtete sich im Gegenzug, den Onkel zu pflegen, zu verköstigen und erforderliche Gänge zum Arzt oder zur Apotheke vorzunehmen. Darüber hinaus behielt sich der Onkel ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht an der Wohnung im 1. Obergeschoss sowie die Mieteinnahmen aus einer vermieteten Wohnung im Erdgeschoss vor.

     

    Das FA vertrat die Auffassung,dass es sich bei der Grundstücksübertragung um eine gemischte Schenkung handele. Es legte einen steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von 223.300 EUR zugrunde. Diesen ermittelte das FA, indem es vom festgestellten Steuerwert des Grundstücks den Kapitalwert der Nutzungs- und Duldungsauflagen, den Kapitalwert der Leistungsauflage, die Erwerbsnebenkosten und den Freibetrag in Höhe von 20.000 EUR abzog (Erbschaftsteuer: 44.660 EUR).

     

    Der Neffe legte hiergegen Einspruch ein und stellte beim FG einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV), da er ernste Zweifel hatte, ob der Wert der Bereicherung vom FA zutreffend ermittelt worden war. Seiner Auffassung nach ist die gemischte Schenkung durch eine Verhältnismäßigkeitsrechnung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen.

     

    Das zuständige FG gab dem Antrag auf AdV teilweise statt. Der BFH bestätigte die AdV.

     

    Entscheidungsgründe

    Der BFH verneinte über die gewährte AdV hinaus ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des mit dem Einspruch angefochtenen Schenkungsteuerbescheids.

     

    Nach geltender Verwaltungsauffassung und weit überwiegender Ansicht in der Kommentarliteratur sei bei einer gemischten Schenkung, für die die Steuer nach dem 31.12.2008 entstehe, keine gesonderte Berechnung des Verhältnisses zwischen dem Verkehrswert des zugewendeten Gegenstands und dem Wert der Gegenleistung mehr erforderlich. Dieser Auffassung schließt sich der BFH an.

     

    Da sich die Bewertung des zugewandten Grundstücks, das mit einem Zweifamilienhaus bebaut ist, seit dem 1.1.2009 an dem gemeinen Wert orientiert, sei der Wert der Bereicherung bei einer gemischten Schenkung durch bloßen Abzug der ggf. kapitalisierten Gegenleistung vom Steuerwert des zugewandten Grundstücks zu ermitteln. Das gelte auch dann, wenn im Einzelfall der nach dem BewG ermittelte Steuerwert ausnahmsweise hinter dem gemeinen Wert zurückbleibe.

     

    Erläuterungen

    Bleibt bei einer Zuwendung gegen Gegenleistung der Wert der Gegenleistung hinter dem Wert des Zuwendungsgegenstands zurück, kann eine gemischt-freigebige Zuwendung (= gemischte Schenkung) vorliegen. Besteht eine auffallende, über ein geringes Maß deutlich hinausgehende Diskrepanz zwischen Leistung und Gegenleistung, begründet dies die widerlegbare Vermutung, dass die Zuwendung im Umfang der Bereicherung unentgeltlich war, d. h., dass dem Zuwendenden der Wertunterschied bekannt und bewusst war. Ein solches Missverhältnis wird regelmäßig angenommen, wenn die tatsächliche Gegenleistung die sonst übliche angemessene Gegenleistung um 20 bis 25 % unterschreitet. Die übernommenen Verpflichtungen machten im Besprechungsfall ‒ ohne Berücksichtigung des § 14 Abs. 2 BewG ‒ zusammengerechnet einen Kapitalwert in Höhe von 74.042 EUR und damit weniger als 30 % des festgestellten Grundstückswerts aus.

     

    Entscheidend war, dass sich die Bewertung des Grundstücks an dem gemeinen Wert orientiert (§ 12 Abs. 3 ErbStG i. V. m. §§ 157 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3, 182 Abs. 2 Nr. 3, 183 BewG). In den Fällen, in denen dies zutrifft, kann der Wert der Bereicherung bei einer gemischten Schenkung somit durch bloßen Abzug der ‒ ggf. kapitalisierten ‒ Gegenleistung vom Steuerwert des zugewandten Grundstücks ermittelt werden. Bei einer gemischten Schenkung, für die die Steuer nach dem 31.12.2008 entsteht, ist damit keine gesonderte Berechnung des Verhältnisses zwischen dem Verkehrswert des zugewendeten Gegenstands und dem Wert der Gegenleistung mehr erforderlich.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 45455252