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  • · Fachbeitrag · Grunderwerbsteuer

    Änderung eines Grunderwerbsteuerbescheids nach Kaufpreisherabsetzung

    | § 16 Abs. 3 GrEStG lässt als spezielle Korrekturvorschrift zu § 1 GrEStG unter den dort näher aufgeführten Voraussetzungen auf Antrag die Änderung einer Steuerfestsetzung zu, wenn die Gegenleistung nach Entstehung der Steuer herabgesetzt wird. |

     

    Eine nachträgliche Herabsetzung der Gegenleistung erlaubt nur dann eine Änderung der Steuerfestsetzung, wenn

    • die Herabsetzung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet (§ 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG) oder
    • die Herabsetzung (Minderung) aufgrund des § 437 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vollzogen wird (§ 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG).

     

    Tritt ein Ereignis ein, das nach § 16 Abs. 3 GrEStG die Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung begründet, endet die Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 AO) insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses (§ 16 Abs. 4 GrEStG).

     

    Streitig war, ob die Herabsetzung der Gegenleistung i. S. d. § 16 Abs. 3 GrEStG eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ermöglicht.

     

    Sachverhalt

    Mit dem Kaufvertrag erwarb die Klägerin von einer GmbH Ackerflächen, Grünland, Umland, Wald und sonstige Flächen. Aufgrund nachträglicher Kaufpreissenkung beantragte die Klägerin die Änderung der festgesetzten Grunderwerbsteuer. Das FA lehnte diese ab, da die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 GrEStG nicht erfüllt seien. Das FG gab der Klage statt.

     

    Entscheidung des BFH

    Der BFH hob die Entscheidung auf. Entgegen der Auffassung des FG habe der Grunderwerbsteuerbescheid aufgrund der Herabsetzung des Kaufpreises nicht nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert werden können. Eine Änderungsbefugnis ergebe sich auch nicht aus anderen Vorschriften.

    Der Umstand, dass einem Ereignis ertragsteuerrechtlich Rückwirkung zukomme, sei für Zwecke der Grunderwerbsteuer nicht ausschlaggebend.

     

    Dies begründete der BFH damit, dass anderenfalls § 16 Abs. 4 GrEStG ausnahmslos leer liefe. Denn mit dem Ende des Kalenderjahres einer Kaufpreisherabsetzung i. S. d. § 16 Abs. 3 GrEStG würde dann die vierjährige Festsetzungsverjährung nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO erneut beginnen. Damit bedürfe es des § 16 Abs. 4 GrEStG nicht, wonach die Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 AO) lediglich nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses endet.

     

    Bei § 16 GrEStG handele es sich um eine am Besteuerungszweck orientierte gegenläufige Korrekturvorschrift zu § 1 GrEStG. § 1 GrEStG knüpfe an steuerverwirklichende Vorgänge an, ohne das weitere Schicksal dieser Vorgänge zu berücksichtigen. Deswegen sei auch bei nachträglicher Herabsetzung der Gegenleistung in § 16 Abs. 3 GrEStG eine niedrigere Festsetzung der Steuer vorgesehen. Allerdings sei die Korrekturvorschrift des § 16 Abs. 3 GrEStG bei Kaufpreisminderungen im Gegensatz zu unbeschränkter Korrektur bei Kaufpreiserhöhungen nach § 9 GrEStG zeitlich und inhaltlich stark eingeschränkt. So berechtigt eine einvernehmliche nachträgliche Herabsetzung unabhängig aus welchem Rechtsgrund oder Motiv nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG nur innerhalb einer zweijährigen Frist nach Steuerentstehung zur Änderung der Grunderwerbsteuer. Dagegen sei die Änderung nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG zeitlich ‒ abgesehen vom Antragserfordernis ‒ nicht eingeschränkt, jedoch inhaltlich auf den gesetzlichen Minderungsanspruch nach § 437 BGB begrenzt. Zwar lag eine Herabsetzung des Kaufpreises vor. Da die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 GrEStG jedoch im Übrigen nicht vorlagen, war die begehrte Änderung der bestandskräftigen Steuerfestsetzung zu versagen.

     

    Erläuterungen

    Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird auf Antrag die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt oder die Steuerfestsetzung geändert, wenn die Herabsetzung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet oder wenn die Herabsetzung (Minderung) aufgrund des § 437 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vollzogen wird (§ 16 Abs. 3 GrEStG).

     

    Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist eine Anwendung von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht zulässig. Dies ergibt sich aus dem Zusammenspiel mit § 16 Abs. 4 GrEStG. Die Vorschrift liefe nämlich anderenfalls ausnahmslos leer, würde man die Änderung zulassen. Denn mit dem Ende des Kalenderjahres einer Kaufpreisherabsetzung i. S. d. § 16 Abs. 3 GrEStG würde die vierjährige Festsetzungsverjährung nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO erneut beginnen. Damit bedürfte es der Regelung in § 16 Abs. 4 GrEStG nicht, wonach die Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 AO) lediglich nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses endet. Daraus ist abzuleiten, dass für eine Anwendung von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO neben § 16 Abs. 3 GrEStG kein Raum ist.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 47054178