Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Nachricht · Umwandlungssteuerrecht

    Entstehung eines Einbringungsgewinns II durch eine Verschmelzung

    | Soweit im Rahmen eines Anteilstauschs unter dem gemeinen Wert eingebrachte Anteile innerhalb eines Zeitraums von 7 Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt durch die übernehmende Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar veräußert werden und soweit beim Einbringenden der Gewinn aus der Veräußerung dieser Anteile im Einbringungszeitpunkt nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gewesen wäre, ist nach § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006 a. F. der Gewinn aus der Einbringung im Wirtschaftsjahr der Einbringung rückwirkend als Gewinn des Einbringenden aus der Veräußerung von Anteilen zu versteuern (Einbringungsgewinn II). |

     

    Der BFH musste nunmehr darüber entscheiden, ob eine nach einer Einbringung erfolgte Aufwärtsverschmelzung eine rückwirkende Besteuerung eines Einbringungsgewinns II auslöst.

     

    Sachverhalt

    Kläger und A waren mit Anteilen von jeweils 50 % an einer GmbH (A-GmbH) beteiligt, deren Stammkapital 25.000 EUR betrug. Die Anteile wurden zu einem Gesamtkaufpreis von 27.500 EUR erworben. Dies entsprach auch dem Buchwert.

     

    Mit notariellem Vertrag aus 2011 wurde das Stammkapital der T-GmbH, an welcher der Kläger und A ebenfalls zu je 50 % beteiligt waren, von 25.600 EUR auf 27.600 EUR erhöht. Dabei übernahmen der Kläger und A die 2 neu gebildeten Gesellschaftsanteile in Höhe von jeweils 1.000 EUR und erbrachten ihre Einlage durch Einbringung ihrer Anteile an der A-GmbH. Angesetzt wurden die Buchwerte. Der gemeine Wert der Anteile an der A-GmbH betrug zum 31.12.2011 30.121,74 EUR. Mit Wirkung zum 31.12.2011 wurde die A-GmbH ‒ gleichfalls zu Buchwerten ‒ auf die T-GmbH verschmolzen („Verschmelzung zur Aufnahme“, sog. Aufwärtsverschmelzung).

     

    In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2011) gab der Kläger einen Veräußerungsgewinn aus diesem Vorgang in Höhe von 1.310 EUR an, den er unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens mit 787 EUR ansetzte. Hieran hielt das FA sowohl im Einkommensteuerbescheid vom 30.7.12 als auch in der Einspruchsentscheidung vom 14.12.2012 fest. Die Klage, mit der der Kläger geltend machte, die Verschmelzung habe nicht zu einem Einbringungsgewinn i. S. des § 22 Abs. 2 S. 1 des UmwStG geführt, war erfolgreich. Das FG Hamburg änderte den angefochtenen Bescheid dahingehend, dass die nach dem Teileinkünfteverfahren anzusetzenden Einkünfte aus der Verschmelzung in Höhe von 787 EUR nicht der Besteuerung unterliegen. Kurz vor Zustellung des Urteils wurde der Einkommensteuerbescheid (aus anderen Gründen) geändert.

     

    Entscheidung

    Der BFH hob die Entscheidung des FG aus verfahrensrechtlichen Gründen auf. Hintergrund war, dass das FG über den ‒ „alten“ ‒ Bescheid vom 30.7.2012 entschieden hatte. Dieser Bescheid wurde jedoch durch den Bescheid vom 1.6.2015 und damit vor Zustellung des Urteils (am 19.6.2015) geändert. Da dieser Änderungsbescheid damit neuer Gegenstand des nach wie vor anhängigen finanzgerichtlichen Verfahrens wurde (§ 68 S. 1 FGO), habe das FG über die Rechtmäßigkeit eines nicht (mehr) wirksamen Bescheids entschieden. Dementsprechend war das Urteil des FG aufzuheben.

     

    Der BFH entschied allerdings auch in der Sache und wies die Klage ab. Anders als vom FG angenommen, unterliege der Einbringungsgewinn nämlich der Besteuerung.

     

    Der BFH beurteilte ‒ in einem ersten Schritt ‒ die Einbringung der Anteile als qualifizierten Anteilstausch. Der Einordnung der Einbringung der Anteile an der A-GmbH in die T-GmbH gegen Gewährung neuer Anteile an den Kläger als qualifizierter Anteilstausch i. S. des § 21 Abs. 1 S. 2 Halbsatz 1 UmwStG 2006 a.F. stehe nicht entgegen, dass die übernehmende Gesellschaft vor der Einbringung keine Anteile an der erworbenen Gesellschaft inne gehabt habe. Ebenfalls unschädlich für die Annahme eines qualifizierten Anteilstausches sei, dass jeweils hälftige Beteiligungen ‒ nicht aber eine einheitliche Mehrheitsbeteiligung ‒ eingebracht worden sei. Erforderlich sei lediglich, dass die übernehmende Gesellschaft „nach der Einbringung“ ‒ und damit unter Berücksichtigung sämtlicher eingebrachter Anteile ‒ insgesamt die Stimmrechtsmehrheit habe (BMF 11.11.11, Rz 21.09).

     

    Die ‒ nach dem Anteilstausch vollzogene ‒ Verschmelzung der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft („Verschmelzung zur Aufnahme“, Aufwärtsverschmelzung) sei jedoch als Veräußerung i. S. des § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006 i. d. F. des JStG 2009 anzusehen.

     

    Aus § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 2 i. V. m. § 22 Abs. 2 S. 6 UmwStG 2006 a.F. sei nicht abzuleiten, das entgeltliche Übertragungen vom Veräußerungsbegriff des § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006 a.F. ausgenommen sind und lediglich unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 2 UmwStG 2006 a.F. zur rückwirkenden Besteuerung des Gewinns aus der Einbringung führen. Vielmehr enthalte diese Regelung eine Ausnahme vom Veräußerungsbegriff lediglich für zum Buchwert vollzogene Einbringungsvorgänge. Die Aufwärtsverschmelzung sei aus Sicht der Muttergesellschaft als ein tauschähnlicher Vorgang zu beurteilen. Dieser sei als Veräußerung der Anteile anzusehen und führe damit zur Entstehung eines Einbringungsgewinns II.

     

    Erläuterungen

    Der BFH beurteilt den Vorgang einer Aufwärtsverschmelzung als Veräußerung. Zwar entstehen im Rahmen einer (Aufwärts-)Verschmelzung auf den alleinigen Anteilseigner (Muttergesellschaft) keine neuen Anteile. Jedoch geht das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers (Tochtergesellschaft) einschließlich der Verbindlichkeiten im Rahmen der in § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Umwandlungsgesetzes angeordneten Gesamtrechtsnachfolge auf die Muttergesellschaft über. „Im Gegenzug“ gehen die von ihr gehaltenen Anteile an der Tochtergesellschaft unter. Somit stellt sich die Aufwärtsverschmelzung aus Sicht der Muttergesellschaft als ein tauschähnlicher Vorgang dar. Dieser ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH einer Veräußerung der Anteile gleichzustellen.

     

    Der BFH weist darauf hin, dass es nicht darauf ankommt, ob der Einbringende die sich nach der Folgeumwandlung ergebende Unternehmensstruktur auch ohne die vorangegangene Einbringung steuerneutral hätte erreichen können. Entscheidend ist ‒ im Steuerrecht allgemein ‒ kein gedachter, sondern der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt.

     

    Mit seiner Entscheidung schließt sich der BFH somit der herrschenden Meinung an, wonach die Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine Gesellschafterin, eine Anteilsveräußerung i. S. d. § 22 Abs. 1 und 2 UmwStG 2006 darstellt, obwohl die übertragende Gesellschaft untergeht und keine neuen Gesellschaftsanteile gewährt werden.

     

    Der Einbringungsgewinn II wird in § 22 Abs. 2 S. 3 UmwStG 2006 a.F. übrigens als der Betrag definiert, um den der gemeine Wert der eingebrachten Anteile im Einbringungszeitpunkt nach Abzug der Kosten für den Vermögensübergang den Wert, mit dem der Einbringende die erhaltenen Anteile angesetzt hat, übersteigt, vermindert um jeweils ein Siebtel für jedes seit dem Einbringungszeitpunkt abgelaufene Zeitjahr. Ein solcher Gewinn war vorliegend anzusetzen.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 45412818