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  • · Fachbeitrag · Patientenrechte

    Zwangsweise Fixierung von Psychiatrie-Patienten nur mit vorheriger richterlicher Genehmigung

    von RA Benedikt Büchling, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

    | Bereits im Jahr 2017 hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) klargestellt, dass eine medizinische Zwangsbehandlung zwingend von einem Arzt angeordnet sein müsse ( CB 11/2017, Seite 10 ). Nun hat das BVerfG entschieden, dass Patienten in der Psychiatrie nur nach einer richterlichen Genehmigung für längere Zeit fixiert werden dürfen und dass Regelungen, die keinen sogenannten „Richtervorbehalt“ vorsehen, verfassungswidrig sind (Urteil vom 24.07.2018, Az. 2 BvR 309/15; 2 BvR 502/16). |

     

    Sachverhalt

    Gegenstand der Entscheidungen waren zwei Verfassungsbeschwerden: Im Freistaat Bayern war ein Patient nach vorheriger ärztlicher Anordnung mittels „7-Punkt-Fixierung“ fixiert worden, in Baden-Württemberg erfolgte eine über mehrere Tage wiederholt ärztlich angeordnete „5-Punkt-Fixierung“.

     

    Entscheidung

    Das BVerfG hat entschieden, dass die Verfassungsbeschwerden begründet sind. Die gerichtlichen Entscheidungen verletzten die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 S. 2 u. 3. i. V. m. Art. 104 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Grundgesetz (GG):

     

    • Die Fixierung in Bayern stelle einen Eingriff in dieses Grundrecht dar, an dessen Rechtfertigung strenge Anforderungen zu stellen seien. Bei einer nicht nur kurzfristigen Fixierung handele es sich um eine Freiheitsentziehung, für die Art. 104 Abs. 2 GG den weiteren, verfahrensrechtlichen Vorbehalt einer richterlichen Entscheidung vorsehe. Wegen der mit der Fixierung verbundenen hohen Eingriffsintensität sei die nicht nur kurzfristige Fixierung sämtlicher Gliedmaßen auch im Rahmen eines bereits bestehenden Freiheitsentziehungsverhältnisses ‒ wie in der geschlossenen Psychiatrie ‒ als eigenständige Freiheitsentziehung zu qualifizieren, die eine erneute richterliche Genehmigung erfordere.

     

    • Der im Fall aus Baden-Württemberg einschlägige § 25 PsychKHG BW enthalte keine Regelung dahin gehend, dass der Betroffene nach Beendigung der Fixierung auf die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit hinzuweisen ist. Auch sehe die Regelung nur das Erfordernis einer ärztlichen Anordnung vor. Eine richterliche Entscheidung sei nicht vorgesehen, weshalb der Gesetzgeber seinem Regelungsauftrag nicht nachgekommen, die Regelung mithin verfassungswidrig, sei.

     

    FAZIT | Die Entscheidungen sind zu begrüßen. Der Richtervorbehalt dient der verstärkten Sicherung des Grundrechts auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG. Er zielt auf eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme durch eine unabhängige neutrale Instanz ab. Gerade bei derart freiheitsentziehenden Maßnahmen wie der „5- bzw. 7-Punkt-Fixierung“ ist die Installation eines weiteren Kontrollorgans unerlässlich.

     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2018 | Seite 2 | ID 45586679