22.10.2019 · IWW-Abrufnummer 211791
Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 03.07.2019 – 5 Sa 104/19
1. Ein Oberarzt kann einen vertraglichen Anspruch gegen den Chefarzt und/oder den Krankenhausträger haben, an den Privatliquidationseinnahmen des Chefarztes beteiligt zu werden. Liegen keine eindeutigen Erklärungen vor, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob und ggf. gegen wen ein Anspruch besteht.
2. Ein Anspruch kann sich gegen den Krankenhausträger aus einer betrieblichen Übung und gegen den Chefarzt aus einer praktischen Übung ergeben (im Anschluss an LAG Köln 13.01.2011 - 6 Sa 942/10 ).
3. Besteht ein vertraglicher Anspruch gegen den Chefarzt, kann dieser das Vertragsverhältnis zum Oberarzt nicht schrankenlos kündigen. Eine Kündigung ist unwirksam, wenn sie gegen das Gebot der Rücksichtnahme ( § 241 Abs. 2 BGB ) verstößt. Dies kann der Fall sein, wenn der Chefarzt das Vertragsverhältnis zum Oberarzt kündigt, obwohl er weiterhin Liquidationserlöse erzielt und der Chefarztvertrag eine Beteiligung der nachgeordneten ärztlichen Mitarbeiter vorsieht. Ob die Kündigung zusätzlich einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB unterliegt (so LAG Köln 13.01.2011 - 6 Sa 942/10 ), bleibt offen.
Tenor:
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 05.12.2018 - 4 Ca 663/18 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 22.000,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.000,00 € seit dem 02.02.2017, 02.03.2017, 02.04.2017, 02.05.2017, 02.06.2017, 02.07.2017, 02.08.2017, 02.09.2017, 02.10.2017, 02.11.2017, 02.12.2017, 02.01.2018 02.01.2018, 02.03.2018, 02.04.2018, 02.05.2018, 02.06.2018, 02.07.2018, 02.08.2018, 02.09.2018, 02.10.2018 und 02.11.2018 zu zahlen.
II. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
III. Die Berufung des Beklagten zu 1) wird zurückgewiesen. (*)
IV. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/3 und der Beklagte zu 1) zu 2/3.
V. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger an den Privatliquidationen des Beklagten zu 1) zu beteiligen.
Der Kläger ist bei der Beklagten zu 2) bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem 1. Januar 1998 als leitender Oberarzt angestellt. Auf den Inhalt des Arbeitsvertrages wird Bezug genommen. Der Beklagte zu 1) ist Chefarzt der von der Beklagten zu 2) betriebenen Klinik für Hals - Nasen - Ohren - Heilkunde und plastische Gesichtschirurgie.
Der Beklagte zu 1) ist berechtigt, auf eigene Rechnung Privatpatienten in der Klinik zu behandeln. § 12 des Arbeitsvertrages des Beklagten zu 1) bestimmt:
Ausdrückliche Abreden über die Beteiligung des Klägers an den Honorareinnahmen des Beklagten zu 1) bestehen nicht. Der Beklagte zu 1) zahlte bis Dezember 2016 seit mehreren Jahren monatlich 2.000 € an den Kläger. Außer dem Kläger erhielten bis zu drei weitere Ärzte Zahlungen. Der Beklagte zu 1) reduzierte die Zahlung an den Kläger ab Januar 2017 auf monatlich 1.000 €. Mit Schreiben vom 14. Februar 2018 kündigte er "höchst vorsorglich" eine möglicherweise bestehende Verpflichtung gegenüber dem Kläger zum 28. Februar 2018. Gleichwohl leistete er weiter Zahlungen an den Kläger, nach seinen Angaben in unterschiedlicher Höhe, aber jeweils unter 1.000 € monatlich. Der Kläger hat angegeben, er habe weiterhin 1.000 € erhalten.
Die Beklagte zu 2) wies die vom Beklagten zu 1) vorgenommenen Zahlungen an den Kläger in ihren Abrechnungen als "Chefarztzahlung" aus und führte Steuern und Sozialabgaben ab.
Der Beklagte zu 1) hat für die Jahre 2015 bis 2017 Angaben zu seinen Privatliquidationen und den geleisteten Poolzahlungen gemacht. Er hat ausgeführt, er habe an die nachgeordneten Ärzte für 2015 statt geschuldeter 22.745,30 € 58.250 €, für 2016 statt geschuldeter 16.686,68 € 48.250 € und für 2017 statt geschuldeter 18.118,86 € 45.000 € gezahlt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagten seien als Gesamtschuldner verpflichtet, an ihn monatlich 2.000 € als Poolbeteiligung zu zahlen. Zwischen ihm und dem Beklagten zu 1) sei aufgrund der jahrelangen vorbehaltlosen Zahlungen stillschweigend ein Vertrag zustande gekommen. Zudem sei der Chefarztvertrag ein Vertrag zugunsten Dritter. Die Beklagte zu 2) sei ihm gegenüber verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Liquidationserlöse des Beklagten zu 1) an die nachgeordneten Ärzte weitergereicht würden. Er habe einen Auskunftsanspruch, weil er nur so nachvollziehen könne, ob die Beklagten ihren Verpflichtungen ausreichend nachgekommen seien.
Der Kläger hat beantragt,
Die Beklagten haben beantragt,
Sie haben die Ansicht vertreten, dass der Kläger keine Zahlung beanspruchen könne.
Der Beklagte zu 1) hat geltend gemacht, er habe keinen Vertrag mit dem Kläger geschlossen. Die Poolbeteiligung sei ausschließlich in Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Beklagten zu 2) erfolgt. Dies sei dem Kläger bekannt gewesen. Er habe weit mehr als 20 % seiner Bruttohonorareinnahmen an die nachgeordneten Ärzte weitergereicht. Die an den Kläger im Jahr 2017 gezahlten 12.000 € entsprächen 66 % des von ihm insgesamt geschuldeten Poolvolumens.
Die Beklagte zu 2) hat ebenfalls den Standpunkt vertreten, dass auch mit ihr kein Vertrag über die Beteiligung des Klägers zustande gekommen sei. Sie habe lediglich als Abrechnungsstelle fungiert. Dadurch sei sie nicht die Schuldnerin des Klägers geworden.
Der Kläger hatte zunächst nur den Beklagten zu 1) in Anspruch genommen. Mit Schriftsatz vom 3. Juli 2018 hat er die Klage auf die Klinikum O GmbH erweitert. Mit Schriftsatz vom 14. November 2018 hat die Klinikum O GmbH darauf hingewiesen, dass sie nicht die Arbeitgeberin des Klägers sei. Das Arbeitsgericht hat in der Kammerverhandlung vom5. Dezember 2018 das Rubrum der Beklagten zu 2) dahingehend berichtigt, dass die jetzige Beklagte zu 2), welche eine Tochtergesellschaft der Klinikum O GmbH ist, verklagt sei. Für die Klinikum O GmbH hatte sich eine Rechtsanwaltskanzlei als Prozessbevollmächtigte bestellt. Sie hat in der Kammerverhandlung vom 5. Dezember 2018 für die (nunmehrige) Beklagte zu 2) Klagabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 14.000 € gegenüber dem Beklagten zu 1) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Gegen diese Entscheidung haben der Kläger und der Beklagte zu 1) Berufung eingelegt.
Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe der geltend gemachte Anspruch auch über den 28. Februar 2018 hinaus zu. Die Kündigung des Beklagten zu 1) unterliege der gerichtlichen Kontrolle nach § 315 BGB. Dieser halte sie nicht stand. Die Beklagte zu 2) sei auch zur Zahlung verpflichtet. Die monatliche Beteiligung an den Liquidationserlösen stelle auch eine Leistung der Beklagten zu 2) in Erfüllung ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen ihm gegenüber dar. Die Auskunftsansprüche seien durch die Beklagten noch nicht erfüllt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
Hilfsweise für den Fall der Abweisung des Klageantrages zu 2.2.1 beantragt der Kläger,
Die Beklagten beantragen,
Der Beklagte zu 1) beantragt,
Der Kläger beantragt,
Der Beklagte zu 1) hält an seiner Auffassung fest, dass zwischen ihm und dem Kläger keine vertragliche Vereinbarung zustande gekommen sei. Er habe mit der Poolzahlung seine vertraglichen Pflichten gegenüber der Beklagten zu 2) erfüllen, nicht aber vertraglichen Pflichten gegenüber dem Kläger eingehen wollen.
Die Beklagte zu 2) verweist darauf, dass sie nicht an den Kläger geleistet habe. Ihre arbeitsvertragliche Vergütungsverpflichtung erfülle sie durch die Zahlung der vertragsgemäßen Vergütung gemäß TVöD.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufungen sind zulässig. Sie sind gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG statthaft und wurden gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 und 5 ArbGG, §§ 519 und 520 ZPO frist- und formgerecht eingelegt.
II. Die Beklagte zu 2) ist wirksam in den Prozess einbezogen worden. Dem steht nicht entgegen, dass ihr die Klage entgegen § 253 Abs. 1 ZPO nicht zugestellt worden ist.
1. Die Zustellung war nicht entbehrlich. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes war eine bloße Rubrumsberichtigung nicht möglich.
a) Die Parteien eines Prozesses sind vom Kläger in der Klageschrift zu bezeichnen. Ist die Bezeichnung nicht eindeutig, so ist die Partei durch Auslegung zu ermitteln. Selbst bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei angesprochen, die nach der Rechtslage die "richtige" ist und mit der Parteibezeichnung erkennbar gemeint sein soll. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Entscheidend für die Möglichkeit einer Berichtigung ist die Wahrung der rechtlichen Identität der Partei. Ist die "wirkliche" Partei nicht dieselbe, liegt keine "Berichtigung" vor, sondern es wird im Wege der Parteiänderung eine andere Partei in den Prozess eingeführt (BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13).
b) Danach war eine Rubrumsberichtigung nicht möglich.
Der Kläger wollte mit der Klageerweiterung vom 3. Juli 2018 die Klinikum O GmbH verklagen. Diese ist ausdrücklich als Beklagte zu 2) zu bezeichnet worden. Der Schriftsatz enthält keine Anhaltspunkte, dass er in Wirklichkeit eine andere Partei meinte.
Eine Berichtigung würde die rechtliche Identität der Partei nicht wahren. Es handelt sich um zwei unterschiedliche juristische Personen. Die jetzige Beklagte zu 2) ist die Tochtergesellschaft der Klinikum O GmbH.
2. Gleichwohl ist die Klage wirksam gegenüber der Beklagten zu 2) erhoben, weil der Verfahrensmangel geheilt ist.
Der Verfahrensmangel der fehlenden Klagezustellung kann durch rügelose Einlassung gemäß § 295 ZPO geheilt werden (BGH 9. Januar 2008 - VIII ZR 12/07).
Die Beklagte zu 2) hat sich rügelos eingelassen, indem sie nach erfolgter Rubrumsberichtigung durch das Arbeitsgericht in der Kammerverhandlung vom 5. Dezember 2018 Klageabweisung beantragt hat.
III. Die Berufung des Klägers ist insoweit begründet, als sie sich gegen die teilweise Abweisung des Zahlungsantrages gegenüber dem Beklagten zu 1) richtet. Im Übrigen ist die Berufung des Klägers ebenso unbegründet wie die Berufung des Beklagten zu 1).
1. Der Kläger hat gegen den Beklagten zu 1) einen Anspruch auf Zahlung von 22.000 € aufgrund eines stillschweigend vereinbarten Vertrages für die Monate Januar 2017 bis Oktober 2018.
a) Der Antrag bedarf zunächst der Auslegung, weil der Kläger den Zeitraum, für den er Zahlung verlangt, nicht ausdrücklich benannt hat. Sein Begehren ist dahingehend zu verstehen, dass er ab Januar 2017 für 22 Monate (d.h. bis einschließlich Oktober 2018) jeweils 1.000 € geltend macht. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass der Beklagte zu 1) ab Januar 2017 weniger als zuvor an den Kläger ausbezahlt hat. Vor diesem Hintergrund ist der Zinsantrag dahingehend zu verstehen, dass keine Zinsen für weitere 1.000 € ab dem 2. Dezember 2018 verlangt werden.
b) Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffenden Ausführungen angenommen, dass sich der Beklagte zu 1) gegenüber dem Kläger vertraglich verpflichtet hat, eine Zahlung in Höhe von monatlich 2.000 € zu leisten. Die Kammer teilt dagegen nicht die Auffassung des Arbeitsgerichtes, dass die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 13. Februar 2018 das Vertragsverhältnis zum 28. Februar 2018 beendet hat. Sie nimmt an, dass die Kündigung gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt und damit unwirksam ist.
aa) Der Beklagte zu 2) hat sich gegenüber dem Kläger stillschweigend vertraglich verpflichtet, ihn an den Liquidationseinnahmen in Höhe von 2.000 € monatlich zu beteiligen.
Der vertraglichen Bindung des Beklagten zu 2) steht nicht entgegen, dass die Parteien eine ausdrückliche Abrede nicht getroffen haben. Eine vertragliche Verpflichtung kann auch durch stillschweigend ausgetauschte korrespondierende Willenserklärungen zustande kommen.
(1) Im Arbeitsverhältnis kann ein vertraglicher Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber aus einer betrieblichen Übung entstehen. Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus einem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für das Entstehen eines Anspruchs ist, wie die Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen mussten und ob sie auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften. Ob dieser tatsächlich mit einem entsprechenden Verpflichtungswillen gehandelt hat, ist unerheblich (BAG 19. September 2018 - 5 AZR 439/17).
Die Kammer verkennt nicht, dass eine betriebliche Übung nur im Arbeitsverhältnis begründet werden kann. Die zur Auslegung der Erklärung bzw. des Verhaltens von Parteien durch das BAG entwickelten Grundsätze sind jedoch allgemeingültiger Natur und können daher auf andere Fallgestaltungen übertragen werden. Sie sind auch für die Frage heranzuziehen, ob überhaupt ein Vertragsverhältnis begründet worden ist (zutreffend LAG Köln 13. Januar 2011 - 6 Sa 942/10).
(2) Danach besteht ein vertraglicher Anspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten zu 1). Der Vertrag ist zustande gekommen, weil der Kläger das Verhalten des Beklagten zu 1) so verstehen musste, dass dieser sich ihm gegenüber vertraglich binden wollte. Dies ergibt sich aus der jahrelangen vorbehaltlosen Zahlung in gleicher Höhe.
Umstände, die gegen die Annahme eines vertraglichen Anspruches sprechen würden, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Insbesondere konnte der Kläger die Zahlungen des Beklagten zu 1) nicht dahingehend verstehen, dass er auf eine fremde Schuld (konkret auf eine Schuld der Beklagten zu 2) leisten wollte. Ein derartiger Eindruck konnte beim Kläger nicht dadurch entstehen, dass die Beklagte zu 2) den Zahlungsbetrag in ihren Abrechnungen ausgewiesen und - soweit erforderlich - auch Steuern und Sozialabgaben abgeführt hat. Dem steht entgegen, dass die Zahlung des Beklagten zu 1) in den Abrechnungen ausdrücklich als "Chefarztzahlung" bezeichnet worden ist.
Aus der Gleichmäßigkeit des Verhaltens des Beklagten zu 1) gegenüber dem Kläger, dass sich auch auf die Höhe der Zahlungen bezieht, ergibt sich auch der Inhalt des vertraglichen Anspruches. Dieser ist unabhängig von den tatsächlichen Honorareinnahmen des Beklagten zu 1) auf die regelmäßige monatliche Zahlung von 2.000 € gerichtet.
bb) Der Anspruch des Klägers kann nicht auf eine weitere Anspruchsgrundlage gestützt werden. Der Chefarztvertrag ist kein echter Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB).
(1) Es ist durch Auslegung des Chefarztvertrages zu ermitteln, ob der Arbeitnehmer (Dritte) ein eigenes Recht auf Leistung erwerben sollte (näher v. Harbou/Scharpf NZA 2008, 333, 336).
(2) Der Chefarztvertrag ist dahingehend auszulegen, dass er keinen Anspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten zu 1) begründet. Der Vertrag regelt eine Verpflichtung des Beklagten zu 1) gegenüber der Beklagten zu 2). Er sieht (anders als es praktiziert wurde) gerade nicht vor, dass der Beklagte zu 1) Zahlungen an die nachgeordneten Ärzte erbringt. Vielmehr sollte der Beklagte zu 1) Honorareinnahmen an die Beklagte zu 2) abführen.
cc) Dem Kläger steht der Zahlungsanspruch gegenüber dem Beklagten zu 1) auch über den 28. Februar 2018 hinaus jedenfalls bis Oktober 2018 zu.
Es kann dahinstehen, ob die Kündigung des Beklagten zu 1) einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB unterliegt (so LAG Köln13. Januar 2011 - 6 Sa 942/10). Die Kündigung ist jedenfalls deswegen unwirksam, weil sie gegen das Gebot der Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) verstößt.
(1) Nach § 241 Abs. 2 BGB kann das Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Der Inhalt der Rücksichtnahmepflichten kann nicht in einem abschließenden Katalog benannt werden, sondern ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. § 241 Abs. 2 BGB zwingt nicht zu einer Verleugnung der eigenen Interessen, sondern zu einer angemessenen Berücksichtigung der Interessen der Gegenseite (BAG 7. Februar 2019 - 6 AZR 75/18).
(2) Die Kammer sieht die Kündigung vom 13. Februar 2018 als unwirksam an, weil der Beklagte zu 1) nicht ausreichend Rücksicht auf die Interessen des Klägers genommen hat. Dieser konnte sich gegenüber dem Beklagten zu 1) darauf verlassen, dass er weiterhin jedenfalls solange die Zahlungen erhält, bis der Chefarztvertrag so wie vorgesehen tatsächlich umgesetzt wird.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich der Beklagte zu 1) mit der Kündigung von jeglicher Verpflichtung gegenüber dem Kläger entbinden wollte, obwohl er weiterhin Liquidationserlöse erzielt und auch die vertragliche Verpflichtung gegenüber der Beklagten zu 2) weiterhin besteht. Dies würde zu dem Ergebnis führen, dass der Beklagte zu 1) weiterhin in vollem Umfang privat liquidieren könnte und dabei nicht nur die sachlichen Mittel der Beklagten zu 2), sondern auch die Arbeitskraft des Klägers nutzen könnte, ohne dass er dafür etwas abzuführen hätte. Denn auch die Abführungspflicht gegenüber der Beklagten zu 2) hat zu dem Zweck der Beteiligung der Ärzte an den Einnahmen zu erfolgen.
Darauf, dass der Beklagte zu 1) nach dem 28. Februar 2018 tatsächlich weitere Zahlungen an den Kläger geleistet hat, kommt es nicht an. Wenn die Kündigung wirksam wäre, könnte er die Zahlung jederzeit einstellen.
Es kann dahinstehen, ob eine rechtsgeschäftliche Erklärung des Beklagten zu 1) mit dem Inhalt, dass der Kläger in Zukunft einen konkreten Anteil an den tatsächlichen Einnahmen des Beklagten zu 1) erhalten sollte, wirksam gewesen wäre. Eine derartige Erklärung hat der Beklagte zu 1) nicht abgegeben. Die Kündigung kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sie als "Minus" eine derartige Erklärung enthalten würde. Sie kann nur entweder vollständig wirksam oder unwirksam sein.
2. Der Zinsanspruch beruht auf § 288 Abs. 1 BGB.
3. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte zu 2) auf Zahlung von 22.000 € für die Monate Januar 2017 bis Oktober 2018. Für das Begehren besteht keine Anspruchsgrundlage.
a) Ein Zahlungsanspruch nachgeordneter Ärzte gegen den Krankenhausträger wegen der Behandlung von Privatpatienten, für die dem Chefarzt ein Liquidationsrecht zusteht, besteht nur dann, wenn ein besonderer Verpflichtungstatbestand gegeben ist. Zu berücksichtigen ist, dass die nachgeordneten Ärzte aufgrund des Arbeitsvertrages zur Behandlung aller Patienten verpflichtet sind, die sich in die Obhut des Krankenhausträgers begeben haben. Regelmäßig ist davon auszugehen, dass die an den Privatpatienten erbrachten Dienste mit dem Grundgehalt abgedeckt sind (vgl. BAG 20. Juli 2004 - 9 AZR 570/03; v. Harbou/Scharpf NZA 2008, 333, 334).
Selbstverständlich kann sich der Krankenhausträger zu einer zusätzlichen Vergütung vertraglich verpflichten. Eine betriebliche Übung kann allerdings nur dann entstehen, wenn es sich bei der Gewährung der Mitarbeiterbeteiligung um eine Leistung des Krankenhausträgers handelt (v. Harbou/Scharpf NZA 2008, 333, 337).
b) Nach diesen Grundsätzen besteht kein Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten zu 2).
Eine betriebliche Übung ist nicht begründet worden, weil der Kläger aus dem Verhalten der Beklagten zu 2) nicht den Schluss ziehen konnte, sie wolle sich ihm gegenüber vertraglich verpflichten. Dem steht entgegen, dass sie nicht an den Kläger geleistet hat. Die Zahlungen sind durch den Beklagten zu 1) in Erfüllung seiner gegenüber dem Kläger bestehenden Pflichten erfolgt. Auch aus den Abrechnungen konnte nicht der Eindruck erwachsen, die Beklagte zu 2) wolle sich gegenüber dem Kläger verpflichten. In den Abrechnungen sind die Zahlungen ausdrücklich als Chefarztzahlungen gekennzeichnet worden. Schließlich ergibt sich eine betriebliche Übung nicht aus dem Chefarztvertrag. Dieser regelt die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2). Er war nicht dazu bestimmt, Dritten bekannt gegeben zu werden.
4. Die Stufenklage ist insgesamt unbegründet.
a) Grundsätzlich ist bei einer Stufenklage (§ 254 ZPO) über jeden der Ansprüche in der vorgegebenen Reihenfolge im Wege der abgesonderten Antragstellung zu befinden. Die Entscheidung über die beiden ersten Stufen hat jeweils durch Teilurteil zu erfolgen (Zöller/Greger ZPO 32. Aufl. 2018 § 254 Rn. 7).
Eine einheitliche Entscheidung über die mehreren in einer Stufenklage verbundenen Anträge kommt nur dann in Betracht, wenn schon die Prüfung des Auskunftsanspruchs ergibt, dass dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt (BGH 28. November 2001 - VIII ZR 37/01).
b) Danach war über die vom Kläger mit der Stufenklage verbundenen Anträge insgesamt zu entscheiden, weil schon die Prüfung des Auskunftsanspruchs ergeben hat, dass dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt.
Dies ergibt sich für die Beklagte zu 2) bereits daraus, dass dem Kläger ihr gegenüber kein vertraglicher Anspruch auf Beteiligung an den Liquidationserlösen des Beklagten zu 1) zusteht.
In Bezug auf den Beklagten zu 1) waren die Anträge vollständig abzuweisen, weil der Anspruch des Klägers - wie ausgeführt - auf einen der Höhe nach feststehenden Betrag gerichtet ist. Er kann monatlich 2.000 € beanspruchen. Zu einer höheren Zahlung ist der Beklagte zu 1) selbst dann nicht verpflichtet, wenn er deutlich höhere Erlöse als von ihm für die Jahre 2015 bis 2017 angegeben erzielen würde.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
V. Die Kammer hat die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen, weil die entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung haben.