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  • · Fachbeitrag · Wahlleistungen

    Wahlarzt verhindert? Grund und Dauer müssen dem Patienten nicht mitgeteilt werden!

    von RA, FA für MedR Philip Christmann, Berlin/Heidelberg, christmann-law.de

    | Ist der Chefarzt unvorhersehbar an der Behandlung gehindert, kann er eine Stellvertretung mit dem Patienten schriftlich vereinbaren, sofern der ständige ärztliche Vertreter des Chefarztes als Vertreter bestimmt und zugleich namentlich benannt wird. Ist dagegen die Verhinderung zu diesem Zeitpunkt bereits vorhersehbar, muss zusätzlich der Patient so früh wie möglich und schriftlich über die Verhinderung unterrichtet werden. Zugleich muss er darauf hingewiesen werden, dass er auch auf die Chefarztbehandlung ganz verzichten und sich ohne Zuzahlung vom jeweils diensthabenden Arzt behandeln lassen kann. Nicht erforderlich ist es, dem Patienten Grund und Dauer der Verhinderung mitzuteilen (Landgericht [LG] Flensburg, Urteil vom 01.10.2024, Az. 3 O 213/23). Das Urteil deckt sich mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in dieser Frage ( CB 05/2024, Seite 6 ff.). |

    Chefarzt klagt Honorar erfolgreich ein

    Eine an Vorhofflimmern leidende Patientin ließ sich in einer Klinik behandeln, in dem der Kläger, Prof. Dr. G., Facharzt für Innere Medizin und Kardiologe, als Chefarzt tätig war. Die Patientin schloss mit dem Krankenhaus folgende schriftliche Wahlleistungsvereinbarung (WLV):

     

    • Streitgegenständliche WLV zwischen Patientin und Krankenhaus (Auszug)

    Für den Fall der unvorhersehbaren Verhinderung (z. B.: bei Notfällen, plötzlicher Erkrankung) des Wahlarztes der jeweiligen Fachabteilung bin ich mit der Übernahme seiner Aufgaben durch seinen in der Tabelle nachfolgend benannten ständigen ärztlichen Vertreter einverstanden.

     

    Das Arzthonorar kann gesondert von den jeweils liquidationsberechtigten Krankenhausärzten geltend gemacht werden, sofern nicht die Verwaltung des Klinikums oder eine externe Abrechnungsstelle für den liquidationsberechtigten Arzt tätig wird.

     

    Liquidationsberechtigte Ärzte und ständige ärztliche Vertreter:

     

    Fachabteilung
    Wahlarzt
    ständiger ärztlicher Vertreter

    Innere Medizin

    Prof. Dr. G.

    Kardiologie: Oberarzt Dr. R.

     

     

    Am Tag der Aufnahme der Patientin in der Klinik wurde Prof. Dr. G zu einem Notfall gerufen. Die Patientin unterzeichnete deshalb eine „Individualvereinbarung“ (s. Ende des Abschnitts) und kreuzte die zweite Alternative an: die Vertretung des Wahlarztes durch dessen ständigen Vertreter. Die Patientin wurde von Oberarzt. Dr. R. behandelt und die Klinik rechnete diese Leistungen als Chefarztbehandlung nach GOÄ mit rund 5.000 Euro ab. Die Krankenversicherung der Patientin lehnte eine Begleichung der Rechnung ab, u. a. da die WLV unwirksam sei. Die Zahlungsklage des Chefarztes hatte Erfolg.

     

    • Streitgegenständliche Individualvereinbarung (Auszug)

    „Prof. G wird verhindert sein, die vereinbarte wahlärztliche Hauptleistung persönlich durchzuführen. Als Patient/in mit Wahlleistung haben Sie folgende Entscheidungsmöglichkeiten:

     

    • Der Eingriff soll bis zur Verfügbarkeit von Prof. G verschoben oder in einer anderen Klinik erbracht werden. Eine Verschiebung des Eingriffs kommt natürlich nur dann in Betracht, wenn dies die Erkrankung zulässt.
    • Die Operation soll zu den Bedingungen der WLV mit Abrechnung nach GOÄ durch den zuständigen Vertreter von Prof. G durchgeführt werden bei Beibehaltung des Liquidationsrechts von Prof. G.
    • Der Vertreter wurde Ihnen namentlich mitgeteilt (...)
    • Der Eingriff soll als allgemeine Krankenhausleistung (also nicht als wahlärztliche Leistung) durch den jeweils laut Dienstplan zuständigen Arzt durchgeführt werden.
     

    So begründete das Gericht seine Entscheidung

    A.

    Das LG sprach dem Chefarzt das begehrte Honorar zu, denn er habe einen Zahlungsanspruch gegen die Patientin nach § 630a Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 4 Abs. 2 Satz 1 und 3 GOÄ und der getroffenen WLV. Der Chefarzt könne aufgrund der WLV das Honorar ausdrücklich selbst geltend machen.

     

    Dass nicht der Chefarzt, sondern sein Vertreter die Leistungen erbrachte, stehe dem nicht entgegen. Ein Chefarzt als Wahlarzt müsse den Patienten zwar grundsätzlich selbst behandeln. Habe er aber wirksam einen Stellvertreter vereinbart, so habe der Patient auch die von diesem erbrachten Leistungen als Wahlleistung zu zahlen.

     

    Die als „Individualvereinbarung“ benannte Stellvertretervereinbarung (bei unvorhersehbarer Verhinderung des CA) erfülle auch die rechtlichen Vorgaben:

    • 1. CA und Patientin haben schriftlich vereinbart, dass der CA die Ausführung seiner Kernleistung im Falle seiner unvorhersehbaren Verhinderung einem Stellvertreter überträgt.
    • 2. Diese Vereinbarung ist auch eine Individualvereinbarung, weil die Patientin zwischen verschiedenen Optionen wählen konnte.
    • 3. Als Vertreter ist der ständige ärztliche Vertreter des CA bestimmt und zugleich namentlich benannt.
    • 4. Die Leistungen wurden auch durch diesen Vertreter erbracht.
    •  

    Grund und Dauer der Verhinderung des CA müssen dagegen nicht in der Individualvereinbarung genannt werden.

     

    B.

    Ist der CA dagegen vorhersehbar verhindert, gilt:

    • 1. Zusätzlich zu unter o. g. Punkten muss dann der Patient so früh wie möglich und schriftlich über die Verhinderung des Wahlarztes unterrichtet werden,
    • 2. und ihm muss auf einem gesonderten Dokument das Angebot gemacht werden, dass an dessen Stelle ein bestimmter Vertreter zu den vereinbarten Bedingungen die wahlärztlichen Leistungen erbringt;
    • 3. und darin ist er ist darauf hinzuweisen, dass er auch auf die wahlärztlichen Leistungen ganz verzichten und sich ohne Zuzahlung von dem jeweils diensthabenden Arzt behandeln lassen kann.
    Quelle: Ausgabe 12 / 2024 | Seite 8 | ID 50206268