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  • 04.06.2009 | Annahme/Ausschlagung

    Anfechtung einer Anfechtungserklärung

    von RiLG Dr. Andreas Möller, Bochum

    1. Die Anfechtung der Erklärung zur Anfechtung einer Erbschaftsannahme ist möglich.  
    2. Die Anfechtungserklärung bedarf in analoger Anwendung der Form des § 1945 BGB.  
    (OLG Hamm 29.1.09, 15 Wx 213/08, Abruf-Nr. 091542)

     

    Sachverhalt

    Der Erblasser wurde von den Beteiligten in gesetzlicher Erbfolge beerbt. Die Beteiligten beantragten einen gemeinschaftlichen Erbschein, der am 1.6.05 erteilt wurde. Am 11.10.05 fochten die Beteiligten die Annahme der Erbschaft zur Niederschrift der Rechtspflegerin des AG an. Sie seien von einem positiven Bestand des Nachlasses ausgegangen, da sie von der Existenz einer Kapitallebensversicherung ausgegangen seien. Diese sei aber nicht vorhanden. Ferner beantragten sie die Einziehung des Erbscheins, die das AG mit Beschluss vom 3.5.06 ablehnte. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 12.6.06 haben die Beteiligten erklärt, dass sie diese Anfechtung/Erbausschlagung vom 11.10.05 anfechten, da ihnen mittlerweile bekannt geworden sei, dass der Erblasser ein Depot mit einem erheblichen Guthaben gehabt habe. Mit anwaltlichem Schreiben vom 8.12.06 erklärten sie erneut die Anfechtung „des Erbes“, da sich mittlerweile herausgestellt habe, dass der Erblasser mit dem Guthaben des Depots Verbindlichkeiten getilgt habe. Die Beteiligten legten mit Schriftsatz vom 26.1.07 Beschwerde gegen den Beschluss des AG vom 3.5.06 ein. Das LG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Die weitere Beschwerde führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das LG ist aufgrund von nicht vollständigen Ermittlungen zu dem Schluss gelangt, dass die Beteiligten sich nicht in einem zur Anfechtung berechtigenden Irrtum befunden haben. Entgegen der Ansicht des LG reicht der tatsächliche Vortrag der Beteiligten dafür aus, dass die Beteiligten die Annahme der Erbschaft wegen eines Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses wirksam angefochten haben können, §§ 1954, 119 Abs. 2 BGB. Bei einer Irrtumsanfechtung wegen Überschuldung des Nachlasses ist erforderlich, dass sich die Fehlvorstellung auf das Vorhandensein konkreter zum Nachlass gehörender Rechte und Vermögenswerte bezieht (BGH NJW 89, 2885; BayOblG NJW 03, 216; MüKo/Leipold, BGB, 4. Aufl., § 1954 Rn. 12). Hierfür reichen rein vage Hoffnungen auf nicht näher bestimmte Aktiva nicht aus (BayOblG FamRZ 97, 1174, für die vage Hoffnung auf Vermögen im Ausland).  

     

    Die Existenz einer Kapitallebensversicherung ist vorliegend nicht nur eine vage Hoffnung. Gegen einen Irrtum spricht nicht die spätere Kenntnis von dem Depot, da für die Kausalität des Irrtums auf den Zeitpunkt der Annahme abzustellen ist. Zum Zeitpunkt der Annahme hatten die Beteiligten keine Kenntnis von dem Depot. Die Beteiligten haben bei der Anfechtung vom 11.10.05 auch die Formvorschriften gemäß §§ 1955, 1945 BGB und die Frist des § 1954 BGB eingehalten. Bevor über die Wirksamkeit der Anfechtung vom 11.10.05 entschieden werden kann, sind aber noch weitere Ermittlungen hinsichtlich der Fehlvorstellung der Beteiligten über die Kapitallebensversicherung erforderlich. Deswegen war der Beschluss des LG aufzuheben und die Sache an das LG zur Durchführung der Beweisaufnahme zurückzuverweisen.