01.07.2010 | Auskunft
Auskunftsansprüche unter Miterben
von RA Berthold von Braunbehrens, FA für Steuerrecht, München
Miterben haben häufig nicht genügend Informationen über Umfang und Zusammensetzung des Nachlasses sowie die Nachlassverbindlichkeiten. Die Informationsbeschaffung hierüber ist jedoch erforderlich um
- die Annahme/Ausschlagung des Erbes prüfen zu können,
- haftungsbeschränkende Maßnahmen ergreifen zu können und
- die gemeinsame Verwaltung des Nachlasses zu regeln und die Auseinandersetzung vorzubereiten.
Der Beitrag informiert Sie über Auskunftsansprüche der Miterben untereinander (vgl. dazu auch Müller-Mann-Hehlgans, EE 05, 201) sowie besondere Auskunftsansprüche.
Allgemeiner Auskunftsanspruch der Miterben untereinander?
Im BGB sind keine allgemeinen Auskunftsansprüche der Miterben untereinander geregelt, insbesondere kann ein allgemeiner Auskunftsanspruch nicht aus der Befugnis zur gemeinsamen Verwaltung des Nachlasses gem. § 2038 BGB abgeleitet werden. Die überwiegende Ablehnung eines allgemeinen Auskunftsanspruchs der Miterben untereinander wird meist auf die Grundsatzentscheidung des BGH (NJW-RR 89, 450) gestützt. Diese Entscheidung betraf jedoch einen besonderen Fall. Dazu im Einzelnen:
Der Fall des BGH (NJW-RR 89, 450) |
Die verstorbene Erblasserin E hatte in einem ersten Testament zunächst den Sohn S als Alleinerben eingesetzt, in einem entgegenstehenden zweiten Testament jedoch Sohn S und Tochter T als Miterben zu je 1/2. T hatte die Erblasserin in den letzten Monaten vor ihrem Tod bei sich zu Hause gepflegt. Während dieser Zeit errichtete diese das zweite Testament. S begehrt Auskunft von T, welche Medikamente die E während der Zeit der Pflege im Haus der T erhalten habe. Mit Hilfe dieser Auskunft strebt S an, die angebliche Testierunfähigkeit der E bei Errichtung des zweiten Testaments nachweisen zu können.
Lösung: Im Leitsatz der genannten Entscheidung stellt der BGH fest, dass die Miterbengemeinschaft als solche keine Sonderbeziehung begründet, aufgrund derer die Miterben einander zur Auskunft verpflichtet sind. Der Leitsatz wird aber der Besonderheit des Falls nicht gerecht, da es darum ging, dass der Kläger Informationen wollte, die letztlich seine Erbenstellung betreffen (Alleinerbe nach Testament 1 oder Miterbe nach Testament 2?), nicht jedoch den Nachlassbestand. Der BGH hatte die Verpflichtung der Beklagten T abgelehnt, dem Kläger S Informationen zu beschaffen, die ihre eigene Erbenstellung nachteilig beeinflussen könnten. |
Grundsätzlich schließt der BGH in der Entscheidung NJW-RR 89, 450 eine allgemeine Auskunftspflicht nach § 242 BGB unter Miterben nicht aus: „Wer Auskunft fordert, muss vielmehr durch das Verhalten desjenigen, von dem er Auskunft will, oder in sonstiger Weise bereits in seinem bestehenden Recht so betroffen sein, dass nachteilige Folgen für ihn ohne die Auskunftserteilung eintreten können. Auch im Erbrecht wird ein Auskunftsverlangen nur dem eingeräumt, dessen Position als Pflicht-teilsberechtigter oder Erbe unzweifelhaft ist, und wenn und soweit vom Bestehen des Anspruchs ausgegangen werden kann, zu dessen Durchsetzung die Auskunft dienen soll.“
Die allgemeine Auskunftspflicht nach § 242 BGB besteht immer, wenn der Anspruchsberechtigte sich in entschuldbarer Unkenntnis über Tatsachen und Umstände befindet, die zur Durchsetzung des bestehenden Anspruchs unerlässlich sind und über die der Anspruchsgegner unschwer Informationen erteilen kann.
Besondere Auskunftsansprüche
Günstiger als das Vorgehen nach § 242 BGB ist es, die Auskunft gegen die Miterben mit nachfolgenden Anspruchsgrundlagen zu erwirken:
Übersicht: Besondere erbrechtliche Auskunftsansprüche |
Das Gleiche gilt, wenn der Miterbe nach dem Erbfall Notverwaltungsmaßnahmen gem. § 2038 Abs. 1 S. 2 HS. 2 BGB getroffen hat oder bei dauerhafter Verwaltung gemeinsamer Grundstücke durch einen Miterben (§ 745 BGB; BGH NJW 01, 1131).
Praxishinweis: Anders kann es liegen, wenn der verwaltende Miterbe der Ehegatte des Erblassers war. Hier nimmt der BGH selbst dann kein Auftragsverhältnis unter den Ehegatten nach § 662 ff. BGB an, wenn der Erblasser seinem Ehegatten die wesentliche Verwaltung seiner Einkünfte und seines Vermögens überlassen hat. Grund: Die Verwaltung beruht auf dem besonderen ehelichen Vertrauensverhältnis, sodass dem verwaltenden Ehegatten „nicht einseitig das Risiko auferlegt werden darf, im Nachhinein Ausgaben nicht mit der gleichen Genauigkeit angeben und belegen zu können, wie das in Rechtsverhältnissen ohne Inanspruchnahme von personalem Vertrauen erforderlich oder geboten ist“ (BGH FamRZ 01, 23; ähnlich 86, 558, 559 und 88, 42, 43).
Die Auskunftspflicht bezieht sich auf
Praxishinweis: Da es für Nachlassschuldner (StB des Erblassers, Banken, Lebensversicherungen, etc.) keine allgemeine Verpflichtung gibt, sich nach dem Tod des Erblassers mit den Erben in Verbindung zu setzen, kann es u.U. sinnvoll sein, unter Vorlage einer Kopie des Erbscheins alle örtlichen Banken anzuschreiben und nach Konten des Erblassers zu fragen.
Überregional können auch die zuständigen Bankenverbände eingeschaltet werden, deren Adresse bei der örtlichen Bank erfragt werden kann.
Bei Lebensversicherungen kann der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft, Berlin, Wilhelmstr., angeschrieben werden. Bei Bankvermögen in der Schweiz kann man sich an einen Bankenombutsmann, Postfach 1818, CH 8021 Zürich, wenden. |
Praxishinweis: Im Hinblick auf die Auskunftsansprüche von Pflichtteilsberechtigten vgl. Müller-Mann-Hehlgans, EE 06, 4; zu den Auskunfts- und Wertermittlungsansprüchen des Vermächtnisnehmers gegenüber dem Erben vgl. Müller-Mann-Hehlgans, EE 06, 23. Diese Beiträge finden Sie im Archiv Ihres myIWW-Bereichs im Internet. Loggen Sie sich einfach auf www.iww.de mit Benutzername und Kennwort ein und wählen Sie auf der sich öffnenden Seite den Menüpunkt „Archiv“.