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  • 01.10.2006 | Der praktische Fall

    Erblasserwünsche rechtssicher umsetzen

    von RA und Notar Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Braunschweig

    In der letzten Ausgabe von EE haben wir anhand eines praktischen Falls aufgezeigt, worauf bei der Übertragung einer selbstgenutzten Immobilie an einen Abkömmling im Wege vorweggenommener Erbfolge und der Einräumung eines Wohnungsrechts für den Übergeber zu achten ist (EE 06, 157; neue Abonnenten können den Beitrag kostenlos anfordern: Fax: 02596 922-99, kein Fax-Abruf!). Dieser Beitrag erläutert, was bei der Übertragung eines Geschäftshauses an S 2 und der Geldschenkung an T zu beachten ist.  

     

    Der praktische Fall

    Eheleute M und F haben drei volljährige Kinder, S 1, S 2 und T. S 1 soll die von F, M und ihm bewohnte Immobilie erhalten. Ferner sind M und F Miteigentümer eines Miet- und Geschäftshauses, das S 2 zu Lebzeiten der Eltern erhalten soll, Wert ca. 200.000 EUR. Als Student ist S 2 aber noch nicht in der Lage, die Instandhaltungskosten zu tragen. T soll Geld erhalten. Welche Gestaltungsmöglichkeiten bieten sich unter zivilrechtlichen, erbrechtlichen und steuerlichen Gesichtspunkten an?  

     

    Übertragung des Miet- und Geschäftshauses auf S 2

    Um den Wünschen der Beteiligten zu entsprechen, bietet es sich hier an, das Objekt auf S 2 zu Eigentum zu übertragen, wobei sich die Eltern auf Lebenszeit den Nießbrauch vorbehalten. Dieser Gestaltungsweg wird gewählt, weil S 2 auf Grund seiner wirtschaftlichen Situation nicht in der Lage ist, die Instandhaltungskosten des Vertragsobjektes zu tragen.  

     

    Checkliste: Übertragung einer Immobilie
    • Größere Erhaltungsaufwendungen muss nach dem Gesetz der Eigentümer tragen. Er kann sie aber wegen fehlender Einkunftserzielung nicht als Werbungskosten abziehen. Es ist daher vorzugswürdig, durch vertragliche Vereinbarungen die gesetzliche Lastenverteilung zu ändern und diese dem Übergeber aufzuerlegen (siehe dazu die Musterformulierung unten auf S. 177).

     

    • Beleihungs- und Finanzierungsmöglichkeiten für den Nießbraucher: Soll der Nießbraucher anstelle des Eigentümers die Lasten des Nießbrauchsobjekts tragen, könnten M und F bei Renovierungen finanzielle Probleme bekommen. Der Nießbraucher ist nicht mehr Eigentümer und kann dafür den Grundbesitz nicht mehr ohne Mitwirkung des S 2 als neuen Eigentümer belasten. Daher sollte zumindest eine schuldrechtliche Verpflichtung des Übernehmers zur Bestellung von Grundpfandrechten für diese Zwecke vereinbart werden. Zwar gibt dies nur einen einklagbaren Anspruch auf Bestellung des Rechts, die vom Übergeber allein nicht wahrgenommen werden kann. Ergänzend sollte daher eine unwiderrufliche Belastungsvollmacht des Übernehmers an den Übergeber erteilt werden, die nach außen unbeschränkt, im Innenverhältnis aber auf die festgelegten Zwecke begrenzt sind.

     

    Wird z.B. der Nießbraucher noch Darlehensnehmer, ist zu regeln, dass jedenfalls mit dem Tod des Nießbrauchsberechtigten der Eigentümer dieses Darlehen in Entlastung der Erben im Wege der befreienden Schuldübernahme übernehmen muss.

     

    Praxishinweis: Die Problemkreise sind sehr vielschichtig und bedürfen einer eingehenden Erörterung mit den Beteiligten. Erst danach kann eine sachgerechte Ausgestaltung des Regelwerkes erfolgen, sodass sich hier schematische Formulierungsvorschläge von vornherein nicht eignen.
    Musterformulierung: Vorbehaltsnießbrauch als Nettonießbrauch

    Die Übergeber behalten sich als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB, der Längerlebende von ihnen uneingeschränkt, auf ihre Lebenszeit am Vertragsgrundbesitz den Nießbrauch vor. Über die gesetzlichen Pflichten hinaus wird im Verhältnis zwischen Eigentümer und Nießbraucher mit dinglicher Wirkung dabei dem Nießbraucher auf die Dauer seines Rechtes auferlegt:  

     

    • Die über die gewöhnliche Unterhaltung hinausgehenden Ausbesserungen und Erneuerungen, nicht jedoch die Wiederherstellung von zerstörten Gebäuden oder sonstigen Bauwerken;
    • die auf dem Vertragsobjekt ruhenden außerordentlichen öffentlichen Lasten, die als auf dessen Stammwert angelegt anzusehen sind, sowie alle sonstigen im Zusammenhang mit dem Nießbrauchsobjekt an die Person des Eigentümers anknüpfenden öffentlichen Lasten und Abgaben, wie Einkommensteuer, die wegen der Erzielung von Einkünften aus dem Vertragsobjekt entsteht;
    • der Schuldendienst (Zins und Tilgung) solcher Verbindlichkeiten, die bei Nießbrauchsbestellung durch Grundpfandrechte am Vertragsobjekt abgesichert sind, sowie solcher Verbindlichkeiten, die erst nach der Nießbrauchsbestellung durch alte oder neue Grundpfandrechte am Vertragsgrundbesitz abgesichert werden, sofern der Nießbraucher deren Kreditaufnahme zugestimmt hat und sie zur Erhaltung und Verbesserung des Vertragsobjektes im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung dienen;
    • die Verkehrssicherungspflicht.

     

    Dem Nießbraucher stehen keine Verwendungsersatzansprüche und Wegnahmerechte zu, während umgekehrt der Eigentümer keine Sicherheitsleistungen nach § 1051 BGB verlangen kann. Soweit vorstehend nichts anderes bestimmt ist, gelten im Übrigen die gesetzlichen Bestimmungen.  

     

    Die Eintragung des Nießbrauchsrechts Zug um Zug mit Vollzug dieser Urkunde an erster Rangstelle in Abteilung II und III des Grundbuchs wird bewilligt und beantragt mit dem Vermerk, dass zur Löschung des Rechts der Nachweis des Todes des jeweiligen Berechtigten genügt.