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  • 01.10.2005 | Der praktische Fall

    Testament durchgestrichen – was nun?

    von RA Gudrun Möller, Nordkirchen

    Streicht der Erblasser den Text seines Testaments und ggf. weitere Bestandteile, fragt man sich, ob er seine Verfügung wirksam widerrufen hat. In einem solchen Fall hat nun das BayObLG wichtige Klarstellungen getroffen (1.12.04, 1 Z BR 93/04, NJW-Spezial 05, 206, Abruf-Nr. 052652).  

     

    Erblasser E hatte seine Ehefrau F als Alleinerbin im Testament eingesetzt. Später hatte er diese Verfügung diagonal und seine Unterschrift mehrfach durchgestrichen. Anschließend hatte er neu über einen Teil seines Nachlasses verfügt. Er hatte vermerkt, dass er das Testament noch vervollständigen werde. Dazu ist es jedoch nicht gekommen. Streitig war im Erbscheinsverfahren, ob die F Alleinerbin geworden ist.  

     

    Das BayObLG hat hier entschieden:Der Erblasser hat seine Verfügung widerrufen, § 2255 S. 1 BGB. Er muss in einem solchen Fall aber die Absicht haben, das Testament aufzuheben. Nach S. 2 der Vorschrift wird vermutet, dass er die Aufhebung beabsichtigt hat.  

     

    Wichtig: Das widerrufene Testament kann zur Auslegung eines späteren unvollständig gebliebenen Testaments herangezogen werden. Denn bei der Auslegung letztwilliger Verfügungen sind neben dem gesamten Inhalt der Testamentsurkunde alle Umstände, auch solche außerhalb des Testaments, heranzuziehen und zu würdigen, §§ 133, 2084 BGB. Dazu gehört auch der Inhalt früher errichteter, widerrufener Testamente (BGH JR 81, 23).