01.11.2006 | Der praktische Fall
Wie können überschuldete oder bedürftige Personen erbrechtlich abgesichert werden?
Die Absicherung verschuldeter Personen durch Verfügungen von Todes wegen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Anhand eines praktischen Falls wird ein Überblick über den aktuellen Stand der Gestaltungsdiskussion mit Formulierungsvorschlag gegeben.
Beispiel |
F und M haben die Tochter S und die Söhne A und B. A ist arbeitslos und hat Schulden. Er bezieht mittlerweile Arbeitslosengeld II. Seine berufliche Zukunft ist ungewiss. Über ein Privat-Insolvenzverfahren hat er sich noch keine Gedanken gemacht. Solange sich die Verhältnisse bei A nicht bessern, soll dafür Sorge getragen werden, dass dessen Erbschaft nicht für seine Schulden verbraucht wird. Zugleich soll er aber „schon etwas bekommen“, nur sollen hierauf weder seine Gläubiger, noch der Staat zugreifen können. Insbesondere soll ihm, wenn er schon das – niedrige – Arbeitslosengeld II bezieht, dieses nach dem Erbfall nicht versagt oder gekürzt werden können. F und M möchten sich dabei gegenseitig absichern. Wie kann dies rechtlich umgesetzt werden? |
Situation ist mit dem Behindertentestament vergleichbar
Oft setzen sich Ehegatten zu Alleinerben ein und als Schlusserben die Abkömmlinge, sog. Berliner Testament, mit der Folge, dass die Abkömmlinge im Hinblick auf den Erstversterbenden enterbt werden. Diese sind aber insoweit pflichtteilsberechtigt. Ist ein Abkömmling arbeitslos und bezieht Arbeitslosengeld II, ist die Situation mit der beim Behindertentestament vergleichbar (Everts, ZErb 05, 353; Langenfeld, Testamentsgestaltung, 3. Aufl., Rn. 423 ff.; Nieder, Handbuch der Testamentsgestaltung, 2. Aufl., Rn. 1296 ff.). Denn auch hier droht die Überleitung des Pflichtteilsanspruchs auf den Staat, § 33 Abs. 1 SGB II bzw. § 93 Abs. 1 SGB XII (Hußmann, ZEV 05, 54).
Lösung |
Zur Absicherung des A kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht:
Falls der verschuldeten Person eine fortlaufend zu zahlende Geldrente vermächtnisweise zugewandt werden soll, ist darauf zu achten, dass diese Zuwendung auf Grund „Fürsorge und Freigebigkeit“ erfolgt und damit frei von jeder Gegenleistung ist, so dass sie gemäß §§ 850b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 ZPO nur in Ausnahmefällen nach den Bestimmungen über die Pfändung von Arbeitseinkommen pfändbar ist (Nieder, Handbuch der Testamentsgestaltung, a.a.O., Rn. 524; Zeller/Stöber, ZPO, 21. Aufl., § 850b Rn. 7).
Pfändbar sind die Früchte des Nachlasses, die sich dem Vorerben gegenüber als freies Vermögen darstellen (Palandt/Edenhofer, a.a.O., § 2115 Rn. 1).
Pfändbar sind aber, worauf der Bedachte trotz der Entziehung der Verfügungsbefugnis Anspruch hat, die Nutzungen des Nachlasses (BGH NJW-RR 86, 1069). Der Testamentsvollstrecker ist insofern verpflichtet, diese entsprechend einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses herauszugeben (OLG Frankfurt ZEV 01, 156). Allerdings kann der Erblasser Anweisungen geben, dass dem Bedachten Nutzungen und Teile der Nachlasssubstanz zukommen sollen, die im Rahmen der Pfändungsschutzbestimmungen dem Vollstreckungszugriff entzogen sind. Hierbei ist an die Auszahlung einer Geldrente in Höhe des gemäß 850b Abs. 1 Nr. 3 ZPO unpfändbaren Betrags zu denken.
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Letztwillige Verfügung sollte flexibel gestaltet sein
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