01.08.2006 | Erbengemeinschaft
Nachteil Erbengemeinschaft: Auseinandersetzung des Nachlasses
In der Gestaltungspraxis sollten Erbengemeinschaften vermieden werden, da diese viele Nachteile mit sich bringen. In den folgenden Ausgaben zeigen wir die Nachteile jeweils anhand eines Beispiels auf und erläutern, wie Sie diese vermeiden können (dazu auch Möller, EE 06, 122).
Beispiel |
Miterbe M 1 wohnte mit dem Erblasser E im gleichen Zwei-Familien-Haus. Er ist mit dem anderen Miterben, M 2, seinem Bruder, verfeindet. M 2 hatte mit M 1 und E seit Jahren keinen Kontakt. Erst nach dem Tod des E erhält M 2 Nachricht davon. Er erhält von M 1 keinen Zugang zur Wohnung des E. Der Erbschein beeindruckt M 1 nicht. M 2 weiß nicht, dass u.a. ein wertvolles Bild zum Nachlass gehört. Er kennt auch die Konten nicht. Beim Grundbuchamt erfährt er, dass E Eigentümer des Hauses war, in dem er lebte. |
Checkliste: Nachteile von Erbengemeinschaften |
Rechtliche Möglichkeit: Der BGH hat eine allgemeine Auskunftsklage unter Miterben, die zu den Pflichtteilsberechtigten zählen, abgelehnt und auf §§ 2027, 2028 BGB verwiesen (BGHZ 28, 177, 180, vgl. zu diesem Thema auch Müller-Mann-Hehlgans, EE 05, 201). Mit der Auskunftspflicht des Erbschaftsbesitzers ist M 1 im Beispiel nicht beizukommen, da er sich nicht anmaßt, Alleinerbe zu sein. Dasselbe gilt für die Auskunftspflicht des Hausgenossen, weil es an einer gemeinschaftlichen Wohnung gefehlt hat. Zu Recht bejaht deshalb die ganz h.M. im Schrifttum eine Auskunftspflicht nach § 242 BGB, also aus Treu und Glauben, die M 1 erfüllen kann.
Rechtliche Möglichkeit:
Beispiel: 300 Aktien derselben Kennnummer sind auf 7 Miterben zu je 1/7 in der Weise verteilbar, dass jeder 42 Aktien erhält. Der Rest von 6 Aktien unterfällt nicht mehr der Grundregel. Man kann auch nicht verlangen, dass aus einem Mietshaus Wohnungseigentum gebildet wird oder dass an ihm Bruchteilseigentum gebildet wird. Nur bei einem Erbteil, der sich im Nachlass befindet, hat der BGH die Aufteilung des Erbteils in ideelle Bruchteile (§ 741 ff. BGB) für geboten erachtet (BGH WM 63, 999).
Praxishinweis: Der Pfandverkauf ist oft unwirtschaftlich, weil der Erlös kaum die Kosten deckt. Nach Ansicht des BGH können die Miterben in diesem Fall nach § 242 BGB verpflichtet sein, einer anderen Art der Verwertung zuzustimmen, z.B. dass einer der Miterben diese Gegenstände zum Schätzpreis übernimmt oder dass die Gegenstände je nach den Umständen insgesamt oder einzeln unter den Miterben versteigert werden (BGH nach Johannsen, WM 70, 738, 741).
Rechtliche Möglichkeiten: Sind sich die Miterben darüber einig, wird es versteigert. Eines Titels bedarf es nicht. Besteht keine Einigkeit, ist im Beispiel M 1 nicht zur Herausgabe des Bildes an die Versteigerungsperson bereit, muss der Klageweg beschritten werden. Der richtige Klageantrag ist streitig:
Praxishinweis: Da letztlich nach beiden Versionen geklagt werden muss und der Prüfungsumfang jeweils derselbe ist, geht man zweckmäßiger nach § 1233 Abs. 2 BGB vor und klagt auf Duldung des Pfandverkaufs. Es ist nicht erforderlich, aber zweckmäßig, noch hinzufügen:
Musterformulierung: ... und Herausgabe des Bildes an die Versteigerungsperson ... (so Bamberger/Roth/Gehrlein, BGB, § 753 Rn. 2). Der Gerichtsvollzieher sollte das Gemälde auch auf Grund des bloßen Duldungstitels abholen.
Diskutiert wird, ob die Klage auf Duldung der Versteigerung mit der Klage auf Zustimmung zum Teilungsplan, also zu welchen Quoten der künftige Erlös aufgeteilt werden soll, verbunden werden kann. Dies wird teilweise befürwortet, da es sich bei der Verteilbarkeit des Nachlasses nur um eine Voraussetzung des Vollzugs des Teilungsplans handele, nicht aber um eine Voraussetzung für die Aufstellung eines den gesamten Nachlass erfassenden Teilungsplans (BGH nach Johannsen, WM 70, 738, 744; MüKo/Heldrich, a.a.O., § 2042, 59). Die Gegenansicht meint, erst wenn der ganze Nachlass teilungsreif sei, sei die Erbteilungsklage begründet (OLG Karlsruhe NJW 74, 956).
Gegen diese Klagenverbindung spricht, dass sie wenig handlich ist, wenn viele Sachen des Nachlasses noch nicht versilbert sind. Besteht über die Verteilung des Erlöses kein Streit, stimmen die verklagten Miterben der Erbteilungsklage sofort zu und erkennen den Klageanspruch an. Zweckmäßig ist es dagegen, mit der Klage auf Duldung der Versteigerung beweglicher Sachen eine Klage auf Auskunft über ausgleichungspflichtige Vorempfänge (§ 2057 BGB) des Gegners zu verbinden. Die Ausgleichung selbst wird in der Klage auf Zustimmung zum Teilungsplan durchgeführt.
Rechtliche Möglichkeiten: Bringer schlägt vor, hier § 1246 BGB anzuwenden und eine gerichtliche Entscheidung über eine andere Art der Verwertung herbeizuführen, § 166 FGG (ZErb 06, 39). Diese Vorschrift ist auf Grund der Verweisung in § 753 BGB anwendbar und zweckmäßig.
Gemäß § 1277 BGB kann der Pfandgläubiger nur Befriedigung auf Grund eines vollstreckbaren Titels nach den Regeln der Zwangsvollstreckung suchen, ausgenommen Hypotheken. Hier muss also ein Titel auf Duldung der Zwangsvollstreckung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft hergestellt werden, sei es durch Klage oder (billiger) durch Erstellung einer vollstreckbaren Urkunde (MüKo/Damrau, a.a.O., § 1277 Rn. 2 u. 3). Dies verlangt aber Übereinstimmung der Miterben.
Praxishinweis: Im Beispiel können die Miterben einen Titel vermeiden, wenn sie sich auf eine andere Art der Verwertung einigen, §§ 1277, 1245 BGB, und insbesondere eine privatrechtliche Versteigerung verabreden (MüKo/Damrau, a.a.O., § 1277 Rn. 59).
Rechtliche Möglichkeiten: In Betracht kommt daher die Teilungsversteigerung. Diese hat den Nachteil, dass regelmäßig der Verkaufserlös unter dem üblichen Marktwert liegt und noch zusätzlich die Kosten der Verwertung hinzutreten. Eines Titels bedarf es nicht, um den Antrag auf Teilungsversteigerung eines Grundstücks zu stellen, § 181 Abs. 1 ZVG. Der Anspruch aus § 2042 BGB genügt, so dass jeder Miterbe jederzeit den Antrag stellen kann. War der Erblasser Miteigentümer zu einem Bruchteil an dem Grundstück gilt Folgendes:
Praxishinweis: Will man einen wirtschaftlichen Erlös erzielen, muss man den großen Antrag stellen. Wie schon bei der Versteigerung des beweglichen Vermögens muss die Teilungsversteigerung des Grundstücks der Erbteilungsklage vorausgehen.
Achtung Verzögerungsgefahr: Die Versteigerung des Grundstücks kann durch den Antrag auf Einstellung des Verfahrens für die Dauer von sechs Monaten wegen der Interessen der Miterben gemäß § 180 Abs. 2 ZVG verzögert werden. Der Antrag auf Aussetzung der Versteigerung kann auch wiederholt werden. Hier sind wechselseitig sofortige Beschwerden gegen Anordnungsbeschluss und Einstellungsbeschluss möglich. In Betracht kommt auch ein Antrag nach § 765a ZPO (wegen gröbster Unbilligkeit der Versteigerung) auch wenn die h.M. die Vorschrift im Verfahren der Teilungsversteigerung nicht für anwendbar hält (OLG Koblenz NJW 60, 828). Durch sofortige Beschwerde kann man das überprüfen lassen. Es folgt die Ermittlung des Verkehrswerts durch ein Sachverständigengutachten nebst Gegenvorstellungen aller Beteiligten, der anschließenden Festsetzung des Verkehrswerts gemäß § 74a ZVG mit entsprechender sofortiger Beschwerde. Im Versteigerungstermin wird die Barhinterlegung von 10 Prozent des Verkehrswerts verlangt, § 68 Abs. 1 ZVG. Und bleibt das Meistgebot unter 7/10 des festgesetzten Verkehrswerts, wird die Versagung des Zuschlags beantragt, § 74a Abs. 4 ZVG. Beim nächsten Termin wird vielleicht der 5/10 Wert nicht erreicht. Dann wird der Zuschlag von Amts wegen versagt, § 85a ZVG. Nach durchgeführter Versteigerung gibt es einen besonderen Teilungstermin. Das bedeutet, dass der Erlös entsprechend der Grundbuchlage aufgeteilt wird. Das bedeutet nicht, dass der Versteigerungserlös auf die Miterben aufgeteilt wird und gar das Vollstreckungsgericht dabei über Ausgleichungspflichten entscheidet. Nach dem Surrogationsprinzip tritt der Erlös, nach Abzug der Kosten, an die Stelle des Eigentums am Grundstück, § 2041 BGB. Demgemäß ist der Betrag, soweit er Surrogat ist, auf das Erbenkonto einzuzahlen (a.A. wohl Eberl-Borges, Die Erbauseinandersetzung, 2000, S. 196 f).
Rechtliche Möglichkeit: Die Teilungsanordnungen müssen den ausdrücklichen Hinweis enthalten, dass keiner der Miterben, dem Gegenstände zugeteilt sind, einen eventuellen Mehrerhalt ausgleichen muss, dass es sich vielmehr insoweit um Vorausvermächtnisse handelt. Soweit ein Rest des Nachlasses nicht verteilt ist, ist er gemäß den Erbquoten zu verteilen.
Praxishinweis: Immerhin kann der Erblasser so auch gewisse Ungleichgewichte, die im Laufe der Zeit eingetreten sind oder die von ihm so gewollt sind, relativ unangreifbar machen. Die Grenze bildet § 2306 BGB. Der Miterbe, der zu den Pflichtteilsberechtigten zählt, kann allein wegen der Teilungsanordnungen, wie auch wegen der Vermächtnisse das Erbe ausschlagen, wenn der ihm hinterlassene Erbteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils nicht übersteigt, wenn die Quote also höher ist als die Pflichtteilsquote, § 2306 Abs. 1 S. 2 BGB. Ist die Erbquote ebenso groß wie die Pflichtteilsquote oder sogar geringer, gelten die Beschränkungen wie Vorausvermächtnis und Teilungsanordnungen als nicht angeordnet, § 2306 Abs. 1 S. 1 BGB.
Der Testamentsvollstrecker kann den Plan nicht nach Gutdünken aufstellen, er muss gemäß § 2204 Abs. 1 BGB die Vorschriften der §§ 2042bis 2056 BGB beachten. Das bedeutet: Legt sich auch nur ein Miterbe mit einem Anteil von 1/1032 quer, müsste er nach den gesetzlichen Vorschriften über die Aufteilung des Nachlasses verfahren. Das würde bedeuten, dass er Grundstücke zur Teilungsversteigerung bringen und bewegliche Sachen durch Pfandverkauf verwerten müsste.
Rechtliche Möglichkeit: Die Verweisung ist nicht zwingend, sie wird vielmehr von § 2205 BGB überlagert. Nach dieser Norm hat der Testamentsvollstrecker eine umfassende Verfügungsmacht über alle Nachlassgegenstände, er kann nur keine unentgeltlichen Verfügungen vornehmen, ausgenommen Pflicht- und Anstandsschenkungen. Wegen dieser weitreichenden Verfügungsmacht sieht man ihn als berechtigt an, freihändig alle Nachlassgegenstände zu versilbern, damit er den Erlös unter den Miterben aufteilen kann. Der Testamentsvollstrecker ist also z.B. nicht berechtigt, nach bestem Gewissen dem Miterben A das Haus und dem Miterben B das Schiff zuzuteilen, wenn diese damit nicht einverstanden sind.
Mit der bloßen Anordnung der Auseinandersetzung durch einen Testamentsvollstrecker erspart der Erblasser seinen Miterben zwar Verluste durch Versteigerungen, weil dort regelmäßig weniger geboten wird als auf dem freien Markt zu erzielen ist, und er erspart ihnen die Kosten der Versteigerungen. Dagegen stehen aber die Kosten der Testamentsvollstreckung. Der Erblasser muss seinen Testamentsvollstrecker jedoch nicht bezahlen, sondern seine Erben.
Praxishinweis: Der Erblasser kann den Testamentsvollstrecker noch freier stellen. Er kann ihn zwar nicht dazu ermächtigen, die Erbquoten nach Gutdünken zu bestimmen. Dem steht § 2065 BGB entgegen. Aber die Erbquoten haben nicht zur Folge, dass jedem Miterben auf den Cent genau ein entsprechender Teil des Nachlasses zukommen muss. Das zeigt die Verpflichtung zur Ausgleichung, §§ 2050 ff. BGB. Dort bekommt ein Miterbe mit einer Quote von 1/2 vielleicht bei der Erbauseinandersetzung gar nichts, weil er zu Lebzeiten des Erblassers so hohe ausgleichungspflichtige Zuwendungen erhalten hat, dass er beim Erbfall und der folgenden Auseinandersetzung, nichts mehr bekommt. Also: Der Testamentsvollstrecker wird vom Erblasser angewiesen, den Nachlass nach billigem Ermessen unter den Erben gemäß deren Erbquoten aufzuteilen, §§ 2204, 2048 S. 1 BGB.
Was bedeutet „Aufteilung des Nachlasses aus billigem Ermessen“ in § 2048 BGB? Unverbindlich ist die Aufteilung erst, wenn sie offenbar unbillig ist. Und das ist erst der Fall, wenn sie in so grober Weise gegen Treu und Glauben verstößt, dass die Unbilligkeit sich dem unbefangenen Sachkundigen aufdrängt. Kleinere Ungenauigkeiten oder Fehler haben die Betroffenen hinzunehmen. Behauptet dies ein Miterbe, kann er auf Aufteilung des Nachlasses durch das Gericht klagen, § 2048 S. 3 BGB. Anders als bei der Erbteilungsklage handelt es sich um ein Gestaltungsurteil, durch das das Gericht eine billige Aufteilung vornimmt. |
Lösung |
M 2 ist Folgendes zu raten:
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