04.10.2010 | Erbschaftsteuer
Kein Steuererlass bei insolvenzbedingter Veräußerung innerhalb der Behaltensfrist
von RA und Notar a.D. Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Magdeburg
Der Wegfall der Vergünstigungen nach § 13a Abs. 5 ErbStG a.F. infolge einer insolvenzbedingten Veräußerung des Betriebsvermögens ist kein sachlicher Grund für einen Erlass gemäß § 227 AO (BFH 4.2.10, II R 25/08, ZEV 10, 322, Abruf-Nr. 101272). |
Sachverhalt
Die Kläger wurden neben ihrer Schwester je zu einem Drittel Erben ihres am 6.8.96 verstorbenen Vaters. Zum Nachlass gehörten u.a. alle Anteile an einer GmbH & Co. KG mit einem Wert von ca. 3 Mio. DM. Über das Vermögen der Gesellschaft wurde am 1.3.01 das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Mai 01 verkaufte der Insolvenzverwalter das Betriebsvermögen an einen Investor. Das Finanzamt (FA) setzte mit bestandskräftig gewordenen Bescheiden gegen die Kläger Erbschaftsteuer in Höhe von 110 TEUR fest und versagte die Vergünstigungen des § 13a ErbStG, weil das Betriebsvermögen innerhalb der fünfjährigen Behaltensfrist des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG veräußert worden sei. Die Kläger beantragten daraufhin im Jahr 06, die auf den Erwerb des Betriebsvermögens entfallende und bereits bezahlte Erbschaftsteuer in Höhe von jeweils 64 TEUR aus sachlichen und persönlichen Billigkeitsgründen zu erlassen. Das FA lehnte die Anträge mit Bescheiden ab und wies später die Einsprüche der Kläger als unbegründet zurück. Das FG Münster wies die dagegen erhobene Klage ab. Die dagegen eingelegte Revision beim BFH blieb erfolglos.
Entscheidungsgründe
Nach § 227 AO kann das FA Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Erlassentscheidung ist eine Ermessensentscheidung, die nach § 102 FGO gerichtlich nur daraufhin überprüft werden darf, ob das FA die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder es von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.
Ein Erlass kommt nach der ständigen BFH-Rechtsprechung in Betracht, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber infolge eines Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass sie unbillig erscheint (siehe BFH BStBl II 98, 396). Grundvoraussetzung hierfür ist, dass der Gesetzgeber die mit der Einziehung der Steuer verbundene Härte nicht bewusst in Kauf genommen hat. Ein Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit ist deshalb nur durch § 227 AO gedeckt, wenn angenommen werden kann, der Gesetzgeber würde die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte er sie geregelt - im Sinne des vorgesehenen Erlasses entscheiden.
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