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  • 07.01.2008 | Erbschaftsteuer

    Neue Eckpunkte der Erbschaftsteuerreform

    von RA Holger Siebert, FA Steuerrecht und Erbrecht, Alsfeld

    Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe Koch/Steinbrück mit den Eckpunkten der Erbschaftsteuerreform liegen vor. Der Beitrag zeigt die wesentlichen Änderungen gegenüber dem gültigen Recht (zur Reform auch Siebert, EE 07, 1).  

     

    Übersicht: Eckpfeiler der Erbschaftsteuerreform

    Persönliche Freibeträge: Die persönlichen Freibeträge (§ 16 ErbStG) sollen geändert werden:  

     

    Personenkreis  

    Freibetrag alt  

    Freibetrag neu  

    Ehegatten  

    307.000 EUR  

    500.000 EUR  

    Kinder  

    205.000 EUR  

    400.000 EUR  

    Enkel  

     

    200.000 EUR  

    Sonstige Personen der Steuerklasse I  

    51.200 EUR  

    100.000 EUR  

    Personen der Steuerklassen II + III  

    10.300 EUR / 5.200 EUR  

    20.000 EUR  

     

     

    Sachliche Freibeträge: Geplante Änderungen der Befreiungen nach § 13 Abs. 1 ErbStG:  

     

    Steuerklasse  

    Gegenstände
    alt
    neu

    Steuerklasse I  

    Hausrat  

    41.000 EUR  

    41.000 EUR  

    Steuerklasse I  

    andere bewegliche körperliche Gegenstände  

    10.300 EUR  

    12.000 EUR  

    Steuerklasse II + III  

    Hausrat  

    10.300 EUR  

    12.000 EUR  

    Steuerklasse II + III  

    andere bewegliche körperliche Gegenstände  

    10.300 EUR  

    12.000 EUR  

     

     

    Steuertarife, § 19 ErbStG: Sie werden nach oben geglättet. In Steuerklasse I bleibt es bei den geltenden Tarifsätzen. Für die Steuerklassen II + III wird ein zweistufiger, erhöhter Tarif eingeführt.  

     

    Wert alt bis  

    Wert neu bis  

    Steuerklasse  

    I alt  

    I neu  

    II alt  

    II neu  

    III alt  

    III neu  

    52.000  

    75.000  

    7 %  

    7 %  

    12 %  

    30 %  

    17 %  

    30 %  

    256.000  

    300.000  

    11 %  

    11 %  

    17 %  

    30 %  

    23 %  

    30 %  

    512.000  

    600.000  

    15 %  

    15 %  

    22 %  

    30 %  

    29 %  

    30 %  

    5.113.000  

    6.000.000  

    19 %  

    19 %  

    27 %  

    30 %  

    35 %  

    30 %  

    12.783.000  

    13.000.000  

    23 %  

    23 %  

    32 %  

    50 %  

    41 %  

    50 %  

    25.565.000  

    26.000.000  

    27 %  

    27 %  

    37 %  

    50 %  

    47 %  

    50 %  

    mehr  

    mehr  

    30 %  

    30 %  

    40 %  

    50 %  

    50 %  

    50 %  

     

     

    Achtung: Eingetragene Lebenspartnerschaften sollen wie bisher nach Steuerklasse III behandelt werden. Ihr persönlicher Freibetrag soll allerdings auf 500.000 EUR (bisher 5.200 EUR) angehoben werden.  

     

    Betriebliches Vermögen: § 13a ErbStG mit dem erbschaftsteuerlichen Ansatz von Betriebsvermögen, Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und Anteilen an Kapitalgesellschaften wird abgeschafft. Betriebliches Vermögen soll steuerlich verschont werden. Verschonungsmaßnahmen sind:  

    • Abschlag von der Bemessungsgrundlage für Betriebsvermögen von 85 %,
    • gleitende Freigrenze zur Sicherstellung der Bewertungsfreiheit bei Betriebsvermögen von 150.000 EUR und
    • unter die Begünstigungen fällt auch das betriebliche Auslandsvermögen.

     

    Zur Vermeidung von Missbrauch werden folgende Einschränkungen aufgenommen:  

    • Begünstigungsausnahme für vermögensverwaltende Unternehmen, deren Verwaltungsvermögen (z.B. fremdvermietete Grundstücke) mehr als 50 % des Betriebsvermögens beträgt,
    • Fortführungsklausel: Lohnsumme darf in 10 Jahren in keinem Jahr geringer sein als 70 % der Lohnsumme der letzten 5 Jahre (Dynamisierung, dabei Öffnungsklausel),
    • Verhaftungsregelung
    • 2-jährige Vorverhaftungsregelung des Verwaltungsvermögens,
    • Nachversteuerung innerhalb von 15 Jahren bei Betriebsveräußerung-/aufgabe oder Veräußerung/Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen mit Reinvestitionsklausel,
    • zur Missbrauchsvermeidung und zur korrekten Wertfindung bei kurzfristigen Einlagen innerhalb von 2 Jahren vor dem Besteuerungszeitpunkt sind die aus der Vergangenheit abgeleiteten Erträge zu erhöhen, die diesen Einlagen für den Referenzzeitraum beizumessen sind,
    • Überentnahmeregelung 15 Jahre,
    • für nichtverwandte Betriebsübernehmer soll es bei der Vergünstigung des § 19a ErbStG bleiben.

     

    Noch zu klären: inwieweit die Doppelbelastung mit Einkommen- und Erbschaftsteuer und auch die latente Ertragsteuerbelastung mittelbar durch eine Einkommensteuerermäßigung bereinigt werden kann.  

     

    Verschonung von vermietetem Grundvermögen (Wohnimmobilien): Hier soll ein genereller Abschlag von 10 % der Bemessungsgrundlage erfolgen.  

     

    Bewertungsfragen: Stein des Anstoßes für das BVerfG war u.a., dass für die Erbschaftsteuer Entlastungen bestimmter Vermögensgruppen auf der Bewertungsebene vorgenommen wurden. Vorgabe des BVerfG: Grundsätzlich müsse ein dem Verkehrswert angenäherter Wert der Besteuerung zugrunde gelegt werden. Das Eckpunktepapier sieht hierzu Folgendes vor:  

     

    Betriebsvermögen: Grundsätzlich wird hier der sog. gemeine Wert vorgegeben. Dieser ist primär aus Verkäufen unter fremden Dritten abzuleiten, die weniger als 1 Jahr vor dem Besteuerungszeitpunkt zurückliegen. Fehlen zeitnahe Verkaufswerte, ist der gemeine Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten oder einer anderen anerkannten Methode zu schätzen. Als Mindestwert wird die Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter des Unternehmens abzüglich der Schulden festgelegt.  

     

    Anteil an Kapitalgesellschaften: Bei börsennotierten Kapitalgesellschaften stellt der Börsenkurs den gemeinen Wert dar. Bei nicht notierten Anteilen ist der gemeine Wert ebenfalls aus zeitnahen Verkäufen zu ermitteln. Fehlen solche Daten, ist der Wert wie bei Betriebsvermögen zu schätzen.  

     

    Land- und forstwirtschaftliches Vermögen: Die Ermittlung des gemeinen Werts erfolgt grundsätzlich nach dem Ertragswertverfahren. Für die Wertermittlung ganzer Betriebe wird der im Ertragswertverfahren anzuwendende Kapitalisierungszinssatz gesetzlich mit 5,5 % festgelegt. Bei Veräußerung des gesamten Betriebs sowie bei Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden innerhalb eines Zeitraums von 20 Jahren findet eine Neubewertung und ggf. Nachversteuerung statt.  

     

    Sonstige Vermögenswerte: Bei sonstigen Vermögenswerten, die nicht unter die vorgenannten Positionen fallen, gelten folgende Bewertungsmaßstäbe:  

     

    Vermögenswert  

    Wertmaßstab  

    Wertpapiere und Anteile an börsennotierten Kapitalgesellschaften  

    Kurswert  

    Andere Wertpapiere  

    Nennwert  

    Kapitalforderungen und Schulden  

    Nennwert  

    Nicht fällige Versicherungsansprüche  

    Rückkaufswert  

    Wiederkehrende Nutzungen und Leistungen  

    Kapitalwert  

    Übriges Vermögen  

    Gemeiner Wert  

     

     

    Inkrafttreten/Ausblick: Das neue Recht soll im 1. Halbjahr 08 in Kraft treten. Für Erbfälle (nicht Schenkungen) soll ein antragsgebundenes Wahlrecht ab 1.1.07 bis zum Inkrafttreten gelten, das neue Recht zu wählen. Wegen der Verschärfungen bei Erben der Steuerklassen II und III wird mit einer Flut von Adoptionen gerechnet, um in den Genuss der höheren Freibeträge und des günstigeren Steuertarifs zu kommen. Bei betrieblichen Vermögen wird sicher gestellt, dass mindestens 15 % davon der Besteuerung unterliegen.  

     

    Quelle: Ausgabe 01 / 2008 | Seite 1 | ID 116709