30.07.2010 | Erbschein
Feststellungsklage bezüglich Miterbenstellung trotz Erbscheinsverfahren zulässig
von RiLG Dr. Andreas Möller, Bochum
1. Ein mit umfangreicher Beweisaufnahme durchgeführtes Erbscheinsverfahren, in dem auch ein vom Kläger gestellter Erbscheinsantrag zurückgewiesen wurde, nimmt einer Feststellungsklage eines Miterben nicht das Rechtsschutzbedürfnis. |
2. Eine Feststellungsklage auf Feststellung des Erbrechts ist nicht gegen alle weiteren möglichen Miterben zu richten. Diese bilden keine notwendige Streitgenossenschaft i.S. von § 62 ZPO. |
(BGH 14.4.10, IV ZR 135/08, n.v., Abruf-Nr. 102116) |
Sachverhalt
Die Erblasserin hatte mit notariellem Testament aus dem Jahr 88 den Beklagten und zwölf weitere Personen als Erben eingesetzt. Im Jahr 91 errichtete die Erblasserin zwei weitere notarielle Testamente, in denen sie die früheren letztwilligen Verfügungen aufhob und Testamentsvollstreckung anordnete. Sie setzte ausdrücklich keine Erben ein, wandte aber u.a. dem Kläger Vermächtnisse zu. Der Testamentsvollstrecker beantragte einen Erbschein, der die 28 in den Testamenten aus dem Jahr 91 bedachten Personen als Erben ausweisen sollte. Der Beklagte beantragte seinerseits einen Erbschein, der ihn auf Grundlage des Testaments aus dem Jahr 88 als Miterben zu 1/13 ausweisen sollte. Nach umfangreicher Beweisaufnahme u.a. durch Einholung von Sachverständigengutachten hielt das Nachlassgericht die Testamente aus dem Jahr 91 wegen Testierunfähigkeit der Erblasserin für nichtig und erließ einen entsprechenden Vorbescheid. Die gegen den Vorbescheid gerichteten Rechtsmittel waren erfolglos. Dem Beklagten wurde der Erbschein erteilt. Der Kläger begehrt im vorliegenden Verfahren die Feststellung, dass er aufgrund der Testamente aus den Jahren 91 Miterbe der Erblasserin geworden sei. Die Vorinstanzen haben die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Entscheidungsgründe
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Klage zulässig.
Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis bzw. das Feststellungsinteresse ist gegeben. Ein Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht. Eine solche Gefährdung eines Rechts liegt in der Regel schon darin, dass der Beklagte das Recht des Klägers bestreitet. Auch aus § 27 ZPO ergibt sich, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Erbrechts Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann (BGHZ 47, 58, 66). Der Beklagte bestreitet eine Mitberechtigung des Klägers, weil er die Testamente aus dem Jahr 91 nicht für wirksam hält. Damit macht er dem Kläger ein von diesem behauptetes Recht streitig.
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