01.08.2006 | Familienrecht
Einsatz des Erbteils zur Bedarfsdeckung
Ein Elternteil ist nicht unterhaltsbedürftig, so lange er eigenes Vermögen in Form der Teilhabe an einer ungeteilten Erbengemeinschaft hat und dieses als Kreditunterlage nutzen kann, um seinen Pflegebedarf kreditieren zu lassen (BGH 23.11.05, XII ZR 155/03, FamRZ 06, 935 m. Anm. Hauß, Abruf-Nr. 061609). |
Sachverhalt
Der Kläger nimmt als Rechtsnachfolger seiner verstorbenen Mutter den beklagten Bruder auf Zahlung von Elternunterhalt in Anspruch. Der Vater der Parteien ist vorverstorben und wurde von seiner Ehefrau und den insgesamt drei Abkömmlingen zu je einem Viertel beerbt. Die Mutter lebte im Haushalt des jetzigen Klägers und seiner Ehefrau und wurde dort auf Grund ihrer Pflegebedürftigkeit betreut. Zum Nachlass gehörte ein Hausgrundstück, das von den Erben zum Kaufpreis von 250.000 DM veräußert wurde. Der Betrag wurde beim AG hinterlegt, da die Erbengemeinschaft noch nicht auseinander gesetzt war und über eine Teilauseinandersetzung kein Einvernehmen erzielt werden konnte. Der Nachlass enthielt ferner Ansprüche gegen den Kläger in streitiger Höhe sowie ein Kontoguthaben von ca. 6.700 DM. Die Erbteile des Klägers und seines Bruders wurden vom Finanzamt gepfändet. Die Mutter bezog Rentenleistungen sowie Wohn- und Pflegegeld, die sie bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt hat. Ihr Unterhaltsbedarf setzte sich u.a. aus Kosten für Unterkunft und Verpflegung im Haus der Schwiegertochter und Kosten für eine Vollzeitbetreuung zusammen. Die Mutter ließ sich die für sie vorgelegten Kosten und das für die erbrachten Pflegeleistungen geschuldete Entgelt stunden und damit kreditieren. Der Beklagte trat der Klage entgegen und verwies u.a. darauf, dass die Mutter ihren Unterhalt aus ihrem Einkommen und Vermögen bestreiten könne. Das AG wies die Klage ab. Die Berufung der Mutter blieb ebenfalls ohne Erfolg. Dagegen richtete sich die Revision der Mutter. Nach deren Tod hat der Kläger, der diese allein beerbt hat, das Verfahren als Rechtsnachfolger erfolglos aufgenommen.
Entscheidungsgründe
Unterhaltsberechtigt war die Mutter nur, soweit sie nicht in der Lage war, ihren Bedarf selbst zu decken. Ein – nicht minderjähriger – Unterhaltsberechtigter ist im Verhältnis zum Unterhaltspflichtigen grundsätzlich gehalten, vorhandenes Vermögen zu verwerten, soweit ihm dies – auch unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten – zumutbar ist.
Dies schließt jedoch nicht aus, dem Unterhaltsberechtigten eine gewisse Vermögensreserve (sog. Notgroschen) für Fälle plötzlich auftretenden (Sonder-) Bedarfs zu belassen. Auch betagte Eltern können noch Notfallreserven benötigen, deren Auflösung von ihnen deshalb nicht verlangt werden kann. Im Hinblick auf die Höhe des sog. Notgroschens ist regelmäßig zumindest der sozialhilferechtliche Schonbedarf anzusetzen (dazu BGH FamRZ 04, 370 und FamRZ 06, 935 m. Anm Hauß, S. 937).
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