01.02.2005 | Nachlasspflegschaft
In welchen Fällen ist ein Erbe unbekannt i.S. von § 1960 BGB?
1. Die Frage, ob ein Erbe i.S. des § 1960 BGB unbekannt ist, ist vom Standpunkt des Nachlassgerichts bei der Entscheidung über die Anordnung der Sicherungsmaßnahmen zu prüfen. Ermittlungen sind nur soweit zu erstrecken, dass sich beurteilen lässt, ob der Erbe derzeit unbekannt ist. |
2. Bei der Frage, ob der Erbe bekannt ist, ist nicht letzte Gewissheit erforderlich, sondern es genügt schon eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmt Person Erbe geworden ist. |
(OLG Frankfurt am Main 23.11.04, 20 W 91/04, n.v., Abruf-Nr. 050177). |
Sachverhalt
Die Beteiligten zu 1 bis 3 streiten über ihr Erbrecht nach der Erblasserin. Die Beteiligte zu 1 ist Begünstigte eines notariellen Testaments, die Beteiligten zu 2 und 3 sind die gesetzlichen Erben. Der Beteiligte zu 2 behauptet, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des Testamentes testierunfähig gewesen sei. Das Nachlassgericht hat die Nachlasspflegschaft angeordnet, gegen die sich die Beteiligte zu 1 wendet. Zur Darlegung der Testierunfähigkeit hat der Beteiligte zu 2 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben in der er auf deutliche geistige Ausfallerscheinungen der Erblasserin und auf sonstige relevante Umstände hingewiesen hat. Dagegen haben der das Testament beurkundende Notar, der Hausarzt sowie die Zeugin J. (eine Ärztin) ausgeführt, dass die Erblasserin zum Errichtungszeitpunkt testierfähig gewesen sei.
Die Beteiligte zu 1 hat in einem weiteren Verfahren Klage auf Feststellung ihres Erbrechts erhoben. Diese Klage ist noch nicht entschieden. Das Erbscheinsverfahren wurde im Hinblick auf das Feststellungsverfahren ausgesetzt. Antrag auf Aufhebung der Nachlasspflegschaft wurde abgelehnt. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und die weitere Beschwerde gegen den ablehnenden Beschwerdebeschluss waren erfolglos.
Entscheidungsgründe
Gemäß § 1960 BGB muss das Nachlassgericht die Nachlasspflegschaft anordnen, wenn der Erbe unbekannt ist und ein Sicherungsbedürfnis besteht. Hierfür ist ausreichend, wenn mehrere Personen in Betracht kommen und der Tatrichter sich nicht ohne umfängliche Ermittlungen davon überzeugen kann, wer von ihnen Erbe geworden ist. Ein solcher Fall liegt vor, wenn nicht sogleich zu entkräftende Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers bei der Errichtung einer letztwilligen Verfügung bestehen (OLG Köln FamRZ 89, 547; BayObLG FamRZ 96, 308; KG ZEV 98, 260; Palandt/Edenhofer, BGB, 64. Aufl., § 1960, Rn. 7).
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