05.05.2009 | Pflichtteil
Bei Abfindung für Erbverzicht: Kein Pflichtteilsergänzungsanspruch
von RiLG Dr. Andreas Möller, Bochum
1. Wegen der Abfindung, die der Erblasser für den Verzicht eines Abkömmlings auf das gesetzliche Erbrecht leistet, steht einem weiteren Abkömmling ein Pflichtteilsergänzungsanspruch im Hinblick auf die Erhöhung seiner Pflichtteilsquote nach § 2310 S. 2 BGB grundsätzlich nicht zu. |
2. Das setzt voraus, dass sich die Abfindung in dem Zeitpunkt, in dem sie erbracht wird, der Höhe nach im Rahmen der Erberwartung des Verzichtenden hält. Auf den Wert eines vom Verzichtenden zu beanspruchenden Pflichtteils kommt es insoweit nicht an (der abweichende Standpunkt im Urteil des BGH vom 8.7. 85, II ZR 150/84, NJW 86, 127 unter II 2 wird aufgegeben). |
3. Für die Frage, ob die vom Erblasser gewährte Leistung über ein Entgelt oder eine angemessene Abfindung für den Erbverzicht hinausgeht, kann sich der Pflichtteilsberechtigte auf die in der Rechtsprechung bei gemischten Schenkungen anerkannte Beweis- erleichterung berufen. Danach ist eine Schenkung zu vermuten, soweit zwischen Leistung und Gegenleistung ein objektives, über ein geringes Maß deutlich hinausgehendes Missverhältnis besteht. |
(BGH 29.10.08, IV ZR 58/07, Abruf-Nr. 090393) |
Sachverhalt
Die Klägerin macht Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach ihrer Mutter M gegen die Beklagte zu 1, ihre Nichte, als Alleinerbin geltend. Zugleich nimmt sie den Beklagten zu 2 als Testamentsvollstrecker auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den Nachlass in Anspruch. Die Schwester S der Klägerin (und Mutter der Beklagten zu 1) hatte im notariellen Vertrag gegen Übertragung eines Grundstücks der M sowie gegen Zahlung von 20.000 DM durch ihren Vater auf ihre gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrechte nach beiden Eltern für sich und ihre Abkömmlinge verzichtet. Anfang der 90er Jahre vertrat die Klägerin als Anwältin ihren Vater im Scheidungsverfahren der Eltern. Nachdem S verstarb, setzte die M die Beklagte zu 1 mit notariellem Testament als Alleinerbin ein und entzog der Klägerin den Pflichtteil. Weiter ordnete sie Testamentsvollstreckung an.
Inzwischen steht rechtskräftig fest, dass die Pflichtteilsentziehung unwirksam ist. Daraufhin zahlten die Beklagten auf die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Ansprüche. Nach Ansicht der Klägerin stehen ihr weitere, diese Zahlung übersteigende Ansprüche zu. Das LG hat die Klage abgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe der Zahlungen für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat die Entscheidung des LG nur hinsichtlich der Zinsen geändert. Dagegen wendet sich die Klägerin erfolglos, die Beklagte dagegen zum Teil erfolgreich.
Entscheidungsgründe
Gegenstand des Prozesses war u.a. die Frage, ob die Abfindung für den Verzicht eines Abkömmlings auf sein gesetzliches Erbrecht einen Pflichtteilsergänzungsanspruch eines anderen Abkömmlings auslöst, obwohl sich dessen Pflichtteilsquote nach § 2310 S. 2 BGB erhöht.
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