01.06.2007 | Pflichtteil
Kein Pflichtteilsergänzungsanspruch bei nachträglichem Entgelt für eine Schenkung
Vereinbart der Erblasser, nachdem er ein Grundstück schenkweise übertragen hat, nachträglich ein volles Entgelt für dieses Grundstück und die daraus vom Erwerber bereits gezogenen Nutzungen, steht dem Pflichtteilsberechtigten beim Erbfall kein Ergänzungsanspruch wegen der ursprünglichen Schenkung zu (BGH 14 2.07, IV ZR 258/05; n.v., Abruf-Nr. 071211). |
Sachverhalt
Der Kläger ist der nicht eheliche Sohn des Erblassers. Letzterer hatte die Beklagte, seine Ehefrau, als Alleinerbin eingesetzt. Der Kläger macht Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen diese geltend. Der Erblasser hatte sein Grundstück durch notariellen Vertrag unter Vorbehalt des Nießbrauchs sowie eines (von verschiedenen Voraussetzungen abhängigen) Widerrufsrechts der Beklagten ohne Gegenleistung übertragen. Mit notariellem Änderungsvertrag zwischen dem Erblasser und der Beklagten entfielen die vorbehaltenen Rechte des Erblassers. Dafür sowie für die Eigentumsübertragung wurden Gegenleistungen der Beklagten vereinbart. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Die Revision führt zur Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache.
Entscheidungsgründe
Aufgrund der Vertragsfreiheit ist eine Vertragsänderung zulässig, durch die für eine bereits vollzogene Übertragung von Vermögensstücken ein anderer Rechtsgrund festgelegt wird. Dies gilt auch dann, wenn die nachträgliche Ersetzung des vereinbarten Rechtsgrunds für eine Grundstücksübertragung nicht vorbehalten wurde (MüKo/Kollhosser, BGB, 4. Aufl., § 516, Rn. 21; a.A. Staudinger/Wimmer-Leonhardt, BGB, 13. Aufl., § 516 Rn. 44).
Es kommt darauf an, ob der nachträglichen Änderung des Rechtsgrunds auch Wirkungen im Verhältnis zu Dritten zukommen. Zwar sichert der Pflichtteilsergänzungsanspruch den Berechtigten dagegen, dass sein Pflichtteil durch lebzeitige Schenkungen des Erblassers umgangen wird (BGHZ 157, 178, 187). Das Gesetz schränkt aber die Verfügungsbefugnis des Erblassers zu dessen Lebzeiten nicht ein. Es schützt den Pflichtteilsberechtigten nicht gegen die Übertragung von Vermögensgegenständen, für die der Erblasser ein Äquivalent erhält, selbst wenn es zurzeit des Erbfalls verbraucht ist. Der Schutz ist vielmehr auf Schenkungen beschränkt. Liegt zwischen der Leistung des Erblassers und der Gegenleistung ein auffallendes, grobes Missverhältnis, wird nach der Rechtsprechung vermutet, dass trotz behaupteter Einigung über eine angebliche Entgeltlichkeit des Geschäfts eine Schenkung vorliegt (BGH NJW 02, 2469).
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