01.02.2006 | Pflichtteil
Pflichtteilsergänzungen bei Vorbehalt eines Wohnrechts an einzelnen Räumen
von RA und Notar Reinhold Redig, Mörlenbach
Höchstrichterlich ist bisher noch nicht entschieden, ob eine Schenkung i.S. des § 2325 BGB vorliegt, wenn sich der Erblasser bei der Übertragung eines Grundstücks ein Wohnrecht betreffend die Immobilie vorbehält. Der Beitrag zeigt den Meinungsstand dazu auf.
Übersicht: Schenkung i.S. des § 2325 BGB bei Vorbehalt eines Wohnrechts |
- OLG Bremen: Eine „Leistung“ i.S. des § 2325 Abs. 3 BGB liegt vor, wenn sich der Erblasser bei Übertragung des Grundbesitzes nur ein Wohnrecht an einzelnen Zimmern des Hauses vorbehalten hat, sofern er hiermit einen spürbaren Vermögensverlust erlitten hat (EE 05,132, Abruf-Nr. 051822).
- OLG Düsseldorf: Eine „Leistung“ i.S. des § 2325 Abs. 3 BGB ist zu bejahen, sofern das vorbehaltene Nutzungsrecht auf einzelne Räume beschränkt ist und die Wesentlichkeitsgrenze nicht überschritten wird (FamRZ 97, 1114; ebenso OLG Celle DNotI-Report 04, 17; LG Münster MittBayNot 97, 113 – für das im Rahmen eines Altenteilsvertrages vorbehaltene Wohnungsrecht). Die Übergeber hatten das Eigentum über das Hausgrundstück verloren. Ihr Nutzungsrecht beschränkte sich nur noch auf die Wohnung im Erdgeschoss und die ihnen zugeordneten Nebenflächen. Ihr Wohnungsrecht erhielt außerdem den Nachrang nach einer gemäß dem Übergabevertrag einzutragenden Hypothek oder Grundschuld mit der Gefahr des Ausfalls bei einer Vollstreckung aus diesem dinglichen Recht.
- OLG Düsseldorf: Überträgt ein Erblasser das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück an den späteren Erben, behält er sich aber dort ein lebenslängliches Wohnrecht vor und trifft er weitere Vorsorge, dass er wesentlichen Einfluss auf die weitere Verwendung des Hausgrundstücks hat, liegt darin keine Leistung i.S. des § 2325 Abs. 3 BGB (FamRZ 99, 1546). Der Erblasser hatte ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht an den von ihm bewohnten Räumen im Erdgeschoss und zusätzlich an einem Raum im Obergeschoss vorbehalten. Weiterhin bestand die Berechtigung, die Gemeinschaftsanlagen des Hauses und des Grundstücks zu nutzen und schließlich wurde Vorsorge getroffen, dass der Erblasser wesentlichen Einfluss auf die weitere Verwendung des Hausgrundstücks hatte, wie z.B. die Rückübertragung bei Eintritt oder Nichteintritt bestimmter Umstände, aber auch, wenn das Grundstück ohne seine Einwilligung belastet oder veräußert werden würde.
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Praxishinweis: Der BGH hat entschieden, dass im Hinblick auf eine Grundstücksübertragung gegen (Total-) Nießbrauchsvorbehalt eine Leistung i.S. von § 2325 Abs. 3 HS. 1 BGB nur vorliegt, wenn der Erblasser nicht nur seine Eigentümerstellung aufgegeben, sondern auch darauf verzichtet hat, den verschenkten Gegenstand im Wesentlichen weiter zu nutzen (NJW 94, 1791 = ZEV 94, 233 = DNotZ 94, 784). Diesem Erfordernis tragen die Entscheidungen der Obergerichte Rechnung.
Quelle:
Ausgabe 02 / 2006 | Seite 36 | ID 86817
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