01.09.2006 | Pflichtteil
Wertermittlung, Mitwirkung und Kosten
Nach § 2314 BGB hat der Pflichtteilsberechtigte, der kein Erbe ist, einen Anspruch gegen den Erben auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses. Die Auskunft umfasst nach dessen Abs. 1 S. 2 auch einen Wertermittlungsanspruch. In der Praxis steht die Ermittlung der Werte von Unternehmen und Grundstücken im Mittelpunkt. Der Pflichtteilsberechtigte hat ein Interesse an zügiger Wertermittlung, um seinen Anspruch schnell realisieren zu können. Der folgende Fall zeigt, wie bei der Wertermittlung Rechte und Pflichten zwischen Erben und Pflichtteilsberechtigten verteilt sind.
Der praktische Fall |
Der Pflichtteilsberechtigte P verlangt vom Erben E mit Recht die Erstellung eines Gutachtens zum Hausgrundstück H, das zum Nachlass gehört. Als E sich hiermit Zeit lässt und nach den Vorstellungen von P auch nichts unternehmen will, handelt er vorschnell selbst. Er bestellt einen Sachverständigen und schießt die Wertermittlungskosten vor. Bei der Pflichtteilsberechnung stellt er seine Gutachterkosten als Passivposten ein. Erbe E ist mit dem Vorgehen von P nicht einverstanden. Wie ist die Rechtslage? |
Alleinbefugnis des Erben
Gemäß § 2314 BGB hat der Pflichtteilsberechtigte einen Anspruch gegen den Erben auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Wertermittlung, insbesondere für Immobilien und Unternehmen. Der Erbe muss die Wertermittlung veranlassen. Es handelt sich um eine unvertretbare Handlung (BGH NJW 75, 258). Der Pflichtteilsberechtigte kann diese Pflicht nicht für den Erben übernehmen. Er kann diese auch nicht im vermuteten Einverständnis des Erben vornehmen, da die Auswahl, Verpflichtung und Honorierung des Sachverständigen ausschließlich zum Pflichtenkreis des Erben gehören. Die Begründung der Rechtsprechung für die „Wertermittlungslast“ des Erben ist konsequent: Würde der Erbe nur zur Duldung verurteilt, könnte sich der Erbe weigern, alle für die Wertermittlung durch den Sachverständigen noch erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Hier wäre der Pflichtteilsberechtigte zu weiterer Klageerhebung gezwungen (BGH, a.a.O.).
Kosten der Wertermittlung
Wegen der Übernahme der Kosten für die Erstellung des Nachlassbestandes und für die Wertermittlungskosten enthält § 2314 Abs. 2 BGB eine klare Regelung, dass die Kosten dem Nachlass zur Last fallen. Die Pflicht zur Kostentragung betrifft auch ein Schenkungsobjekt, das zum sog. fiktiven Nachlass gehört (BGHZ 89, 24).
Möchten Sie diesen Fachbeitrag lesen?
Kostenloses EE Probeabo
0,00 €*
- Zugriff auf die neuesten Fachbeiträge und das komplette Archiv
- Viele Arbeitshilfen, Checklisten und Sonderausgaben als Download
- Nach dem Test jederzeit zum Monatsende kündbar
* Danach ab 16,30 € / Monat
Tagespass
einmalig 10 €
- 24 Stunden Zugriff auf alle Inhalte
- Endet automatisch; keine Kündigung notwendig