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  • 04.11.2008 | Testament

    Abgrenzung Erbeinsetzung und Vermächtnis

    von RiLG Dr. Andreas Möller, Bochum

    Bei der Abgrenzung zwischen Erbeinsetzung und Vermächtnis ist es nahe liegend, als Alleinerben die Person anzusehen, der wertmäßig der Hauptnachlassgegenstand zugewiesen ist. Insbesondere, wenn eine Immobilie ihrem Wert nach den wesentlichen Teil des Vermögens bildet, liegt es nahe, in ihrer Zuwendung an eine bestimmte Person deren Einsetzung als Alleinerbe zu sehen. Ist die Immobilie wertlos, ist aber noch eine Entschädigungsforderung anhängig, kommt es darauf an, ob diese der Immobilie zugute kommen sollte oder nicht (OLG Brandenburg 18.6.08, 13 U 77/07, n.v., Abruf-Nr. 083184).

     

    Sachverhalt

    Die Parteien sind zwei der drei Kinder der verstorbenen Erblasserin. Diese hinterließ ein ihr im Wege der Restitution zurück übertragenes Hofgrundstück sowie Sparkonten und Depots. Sie war ferner Inhaberin einer titulierten Forderung von über 400.000 EUR. Grundlage war eine Entschädigungsforderung im Zusammenhang mit dem Grundstück. Im Testament hatte die Erblasserin verfügt, dass nach ihrem Tod der Beklagten der gesamte Grundbesitz zufällt. Im Fall des Todes ihrer Tochter sollte der Besitz an deren Töchter zu gleichen Teilen übergehen. Das Barvermögen sollte den Kindern der Erblasserin zu gleichen Teilen zukommen. Das AG erteilte der Beklagten einen Erbschein, der sie als alleinige Vorerbin ausweist. Nachdem die Beklagte den im Wege der Stufenklage geltend gemachten Auskunftsanspruch der Klägerin begründet mit einem Pflichtteilsanspruch anerkannt und ein notarielles Nachlassverzeichnis erstellt hat, hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung eines Drittels des Barvermögens nun gestützt auf einen Erbauseinandersetzungsanspruch in Anspruch genommen. Das LG hat der Klage nur zu einem geringen Teil stattgegeben und den Anspruch auf §§ 2174, 2147 BGB gestützt. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat zum Teil Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Klägerin hat als Vermächtnisnehmerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf einen Zusatzpflichtteil nach §§ 2305, 2307 Abs. 2 bzw. § 2303 BGB. Die Klägerin ist Vermächtnisnehmerin i.S. von § 2174 BGB, die Beklagte mit dem Vermächtnis beschwerte Erbin, § 2147 BGB. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist das Testament nicht dahin auszulegen, dass die Erblasserin ihre Kinder in Bezug auf die nach Grund und Höhe noch ungewisse Entschädigungsforderung zu gleichen Teilen als Erben und zugunsten der Beklagten in Bezug auf den Grundbesitz nur ein Vermächtnis begründen wollte.  

     

    Die Erblasserin wollte mit dem Testament ihr gesamtes Vermögen verteilen und die Beklagte als Erbin einsetzen, § 2087 BGB. Nach § 2087 Abs. 1 BGB ist die Verfügung als eine Erbeinsetzung anzusehen, wenn der Erblasser sein Vermögen oder einen Bruchteil davon dem Bedachten zugewandt hat, ohne ihn als Erben zu bezeichnen. Erschöpfen die testamentarischen Einzelzuweisungen von Gegenständen an eine oder mehrere Personen den Nachlass, muss davon ausgegangen werden, dass diese Verfügungen auch eine Erbeinsetzung enthalten soll. Nach der Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB will ein Erblasser mit der Zuwendung bestimmter Gegenstände oder bestimmter Gruppen von Gegenständen nur über diese verfügen und Vermächtnisse begründen, nicht aber sein Vermögen als Ganzes (§§ 1922, 1937 BGB) oder zu einem bestimmten Bruchteil dem auf diese Weise Bedachten zukommen lassen (BayObLG NJW-RR 99, 1021).