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  • 07.06.2011 | Testament

    Berliner Testament und die Testierfreiheit nach dem ersten Erbfall

    von RA Ernst Sarres, FA Familienrecht und Erbrecht, Düsseldorf

    Das Berliner Testament hat weiterhin Konjunktur. Insbesondere die Möglichkeit privatschriftlicher Errichtung lässt die Ehepartner zu dieser Testamentsform greifen. Nach dem ersten Erbfall ist der überlebende Ehepartner bei sog. Standardtestamenten überrascht, wie gering sein Gestaltungsspielraum ist, überhaupt letztwillig noch verfügen zu können. Der Beitrag zeigt, wie der Längstlebende durch die Aufnahme bestimmter Abänderungsgsklauseln im Berliner Testament situationsadäquat auf die Nachlassverteilung nach dem ersten Erbfall Einfluss nehmen kann.  

     

    Überlebender Ehegatte erbrechtlich gebunden

    In der Regel richten die Ehepartner ihr Augenmerk darauf, sich durch gegenseitige Erbeinsetzung zunächst wirtschaftlich abzusichern und ihre Kinder als Erben nach dem Längstlebenden einzusetzen. In diesem typischen Lebenssachverhalt könnte entsprechend den abgestuften Vorschlägen in Hand- und Formularbüchern in der denkbar einfachsten Form wie folgt testiert werden, wenn die Erblasser (Eltern) bei ihrer Risikoabschätzung überwiegend davon ausgehen, dass nach dem ersten Erbfall keine Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden:  

     

    Musterformulierung: Der überlebende Ehegatte ist erbrechtlich gebunden

    Hiermit setzen wir uns wechselseitig zu unbeschränkten Alleinerben ein. Schlusserben nach dem Tod des Längstlebenden werden unsere gemeinschaftlichen Kinder K1, K2 und K3. Falls einer unserer Abkömmlinge nach dem Tod des Erstversterbenden von uns gegen den Willen des Längstlebenden von uns seinen Pflichtteilsanspruch geltend macht, soll er auch nach dem Längstlebenden von uns enterbt sein und nur seinen Pflichtteil erhalten (vgl. im Einzelnen z.B. Kersten/Bühling, Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 22. Aufl., § 106 [S. 1564 ff.]; FA/ErbR-Krause, 4. Aufl., Kap. 2 Rn. 100 [Pflichtteilsstrafklausel]).  

     

    Folge: Wenn in diesem Fall ein Ehegatte verstirbt (erster Erbfall), ist der Überlebende in seiner Testierfreiheit weitgehend beschränkt. Denn die letztwilligen (wechselbezüglichen) Verfügungen im gemeinschaftlichen Testament haben weiterhin Bestand. Der Überlebende kann nicht wirksam abweichend testieren. Sein Testat wäre grundsätzlich unwirksam, § 2271 Abs. 2, § 2289 Abs. 1 S. 2 BGB. Er wäre nicht in der Lage, die Rechtspositionen der Schlusserben durch eigene Verfügung zu beeinflussen.