01.03.2007 | Testament
Ersatzerbfolge oder Nacherbfolge?
Die Formulierung in dem privatschriftlichen Einzeltestament eines Ehegatten „Sollte meine Frau ebenfalls sterben, so gilt Folgendes“ kann dahin ausgelegt werden, dass es sich bei der unter dieser Bedingung erfolgten Zuwendung an ein Kind nur um eine Ersatzerbeneinsetzung, nicht jedoch um eine weitergehende Nacherbenberufung handelt (OLG Hamm 11.12.06, 15 W 94/06, n.v., Abruf-Nr. 070589). |
Sachverhalt
Aus der Ehe des Erblassers und seiner Frau ist die Beteiligte zu 1 hervorgegangen. Die Beteiligte zu 2 wurde zwar nach der Eheschließung geboren, ist aber nicht die leibliche Tochter des Erblassers. Der Erblasser hatte sich bezüglich eines Testaments beraten lassen. Es gab einen Entwurf, in dem sich die Eheleute gegenseitig zu Erben einsetzen. Nach dem Tod des Letztlebenden sollte die Beteiligte zu 1 erben. Die Beteiligte zu 2 sollte auf den Pflichtteil gesetzt werden. Der Überlebende sollte ihr aber je nach ihrem Verhalten weitere Ansprüche zubilligen können. Kurz vor einem gemeinsamen Urlaub mit seiner Frau errichtete der Erblasser ein handschriftliches Testament. Darin vermachte er sein Vermögen seiner Frau. Für den Fall, dass diese „ebenfalls“ sterben sollte, sollte das gesamte Vermögen die Beteiligte zu 1 erben, die einen Betrag an die Beteiligte zu 2 zahlen sollte. Nach dem Tod des Erblassers erteilte das Nachlassgericht seiner Frau einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweist. Sie errichtete ein Testament, in dem sie über Grundstücke aus dem Nachlass des Erblassers zugunsten der Beteiligten zu 2 verfügte. Nach dem Tod der Ehefrau des Erblassers hat die Beteiligte zu 1 erfolglos die Einziehung des Erbscheins und die Erteilung eines neuen beantragt, der sie als alleinige Nacherbin ausweisen soll. Ihre Beschwerde und weitere Beschwerde blieben ebenfalls ohne Erfolg.
Entscheidungsgründe
Der Erbschein war nicht einzuziehen, da er zutreffend die Ehefrau des Erblassers als Alleinerbin ausweist. Ein Erbschein ist einzuziehen, wenn er unrichtig ist (§ 2361 Abs. 1 S. 1 BGB), also die Voraussetzungen für seine Erteilung mit diesem Inhalt nicht (mehr) gegeben sind. Es genügt, dass die nach § 2359 BGB erforderliche Überzeugung des Nachlassgerichts vom Erbrecht erschüttert ist und der Erbschein so nicht mehr erteilt werden dürfte (BGHZ 40, 54). Dies gilt auch für die Auslegung eines Testaments, auf dem der Erbschein beruht. Das Nachlassgericht muss im Einziehungsverfahren den Inhalt des Testaments, soweit er für die Erbenstellung bedeutsam ist, entsprechend allgemeinen Auslegungsgrundsätzen feststellen. Das LG hat das Testament dahingehend ausgelegt, dass die Beteiligte zu 1 nur Ersatz-, nicht aber als Nacherbin berufen ist. Dies ist nicht zu beanstanden.
Es muss der gesamte Inhalt der Testamentsurkunde einschließlich aller Nebenumstände, auch solcher außerhalb des Testaments, gewürdigt werden (BGH NJW 93, 256). Solche Umstände können sowohl vor als auch nach der Errichtung des Testaments liegen.
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