02.04.2009 | Testamentsvollstreckung
Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen Verschweigen von Nachlassbestandteil
von RA Dr. Ernst L. Schwarz, FA Familienrecht und Erbrecht, München
Im Gegensatz zu anderen Fremdverwaltern im Zivilrecht (wie Betreuer, Vormund, Nachlasspfleger, Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter) unterliegt der Testamentsvollstrecker keiner von Amts wegen wahrzunehmenden gerichtlichen Aufsicht. Die Kontrolle des Testamentsvollstreckerhandelns durch das Nachlassgericht erfolgt mittelbar erst, wenn einer der Beteiligten bei Vorliegen eines wichtigen Grunds die Entlassung des Testamentsvollstreckers beantragt. Einen wichtigen Grund stellen insbesondere grobe Pflichtverletzungen dar. Hierzu zählt auch das Verschweigen von wesentlichen Nachlassbestandteilen (OLG Schleswig 19.9.08, 3 Wx 98/03, Abruf-Nr. 090866). |
Sachverhalt
Der Testamentsvollstrecker hatte den Erben das Vorhandensein eines Depots in der Schweiz in Höhe von rund 100.000 Franken nicht mitgeteilt. In dem gegenüber den Erben zu erstellenden Nachlassverzeichnis erwähnte der Testamentsvollstrecker diese werthaltige Vermögensposition nicht. Ferner nahm er das Depot auch nicht in seine Verwaltung, sodass das Konto über 25 Jahre der Zugriffsmöglichkeit Dritter (über Kontovollmacht) offen stand. Ein Teil der Erben beantragte deswegen beim Nachlassgericht die Entlassung des Testamentsvollstreckers. Die Vorinstanzen (AG und LG) wiesen den Entlassungsantrag bzw. die Beschwerde zurück. Das OLG hingegen hob im Rahmen der weiteren Beschwerde diese Entscheidungen auf und wies das Nachlassgericht an, den Testamentsvollstrecker zu entlassen und einen neuen zu bestimmen.
Entscheidungsgründe
Wie bereits die Vorinstanzen feststellten, hatte der Testamentsvollstrecker Pflichtverletzungen begangen. Denn gemäß § 2215 BGB muss er den Erben unverzüglich nach Amtsannahme ein Nachlassverzeichnis erstellen. Dies ist eine ganz wesentliche Aufgabe des Testamentsvollstreckers. Das Verzeichnis muss vollständig und richtig sein. In dem hier gefertigten Verzeichnis fehlte das dem Testamentsvollstrecker bekannte Depot in der Schweiz, weshalb es eindeutig falsch war. Dem Testamentsvollstrecker obliegt es ferner, den Nachlass in Besitz zu nehmen (§ 2205 BGB). Auch dagegen hat der Testamentsvollstrecker hinsichtlich dieses Schweizer Depots verstoßen. Wegen dieses Unterlassens bestand für die Witwe des Erblassers aufgrund Kontovollmacht weiterhin eine jahrzehntelang ungehinderte Zugriffsmöglichkeit. In mindestens einem Fall hatte sie von dieser Kontovollmacht auch nachweislich Gebrauch gemacht.
Trotz dieser Pflichtverletzungen sahen die Vorinstanzen den Entlassungsantrag nicht als begründet an, weil es an dem Merkmal einer groben Pflichtverletzung fehle. Sie stellten auf die nachvollziehbare Motivation des Testamentsvollstreckers für sein Handeln ab und erkannten nur einen geringen Schuldvorwurf. Die Schwelle der groben Pflichtverletzung sei nicht erreicht. Dem ist das OLG nicht gefolgt. Die Ausführungen des Testamentsvollstreckers für sein Handeln waren nicht geeignet, dieses auch nur ansatzweise zu rechtfertigen und die begangenen Pflichtverletzungen in ihrer Bewertung abzuschwächen. Er hatte allgemein auf das Verbringen von Geld in die Schweiz durch den Erblasser verwiesen und darin per se eine Steuerhinterziehung impliziert. Er meinte, die Offenlegung gegenüber dem Finanzamt wäre einer Anzeige des Erblassers wegen Steuerhinterziehung gleichgekommen. Dem hielt das OLG zu Recht entgegen, dass die Tatsache einer Geldanlage in der Schweiz noch keine Straftat bedeute. Es fehlte jegliche Ermittlung des Testamentsvollstreckers für eine etwaige Steuerhinterziehung (Schwarzgeld, Anfall von Zinsen). Da der Erblasser verstorben war, wäre ein Strafverfahren nicht mehr durchgeführt worden. Unaufgeklärt ließ der Testamentsvollstrecker auch, inwieweit Steuernachforderungen überhaupt möglich gewesen wären. Insbesondere wies das OLG darauf hin, dass der Testamentsvollstrecker zu ordnungsgemäßer Verwaltung verpflichtet war. Für einen Willen des Erblassers, dass der Testamentsvollstrecker das Konto nicht in Besitz nehmen und den Erben 25 Jahre verschweigen sollte, fehlten jegliche Hinweise.
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