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  • 01.11.2006 | Testamentsvollstreckung

    In welchen Fällen darf das Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker ernennen?

    von RA Gudrun Möller, Nordkirchen
    Nach § 2200 Abs. 1 BGB kann das Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker ernennen, wenn der Erblasser in seinem Testament darum ersucht hat. Das Ersuchen braucht nicht ausdrücklich gestellt zu sein. Vielmehr genügt, dass sich durch – ggf. ergänzende – Auslegung der letztwilligen Verfügung (§§ 133, 2084 BGB) ein darauf gerichteter Wille des Erblassers feststellen lässt (OLG Zweibrücken, 16.3.06, 3 W 42/06, n.v., Abruf-Nr. 062928).

     

    Sachverhalt

    Die Erblasserin hatte in vier letztwilligen Verfügungen Testamentsvollstreckung angeordnet und zur Aufgabe des jeweils benannten Testamentsvollstreckers stets die Erfüllung der von ihr angeordneten Vermächtnisse bestimmt. In ihrer letzten Verfügung von Todes wegen, einem notariell beurkundeten Testament, hat sie dem Testamentsvollstrecker in § 5 konkrete Aufgaben zugewiesen. Denn die Erblasserin hatte das Verhältnis zwischen ihrer als Erbin eingesetzten Tochter und ihrer mit Vermächtnis bedachten Pflegetochter als konfliktträchtig angesehen. Jedoch hat der eingesetzte Testamentsvollstrecker sein Amt nicht angenommen. Das Nachlassgericht hat einen Testamentsvollstrecker eingesetzt. Diese Entscheidung hat das LG bestätigt. Die dagegen eingelegte sofortige weitere Beschwerde blieb ohne Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das Testament lässt in seiner Gesamtheit den Willen der Erblasserin erkennen, die Testamentsvollstreckung auch nach dem Wegfall der von ihr benannten Person fortdauern zu lassen. Zwar kann bei der Auswahl einer bestimmten Person als Testamentsvollstrecker durch den Erblasser nicht ohne Weiteres von einem Ersuchen an das Nachlassgericht ausgegangen werden, wenn diese Person für das Amt nicht zur Verfügung steht. Dennoch sind an die Feststellung eines Ersuchens i.S. von § 2200 Abs. 1 BGB keine strengen Anforderungen zu stellen. Es genügt, wenn der Erblasser die Testamentsvollstreckung selbst angeordnet hat, dass sein Wille erkennbar wird, die Testamentsvollstreckung auch nach dem Wegfall der von ihm benannten Person fortdauern zulassen.  

     

    Der Wille muss nicht wirklich vorhanden gewesen sein und dem Erblasser auch nicht bewusst gewesen sein. Er ist nach allgemeinen Grundsätzen über die ergänzende Testamentsvollstreckung anzunehmen, wenn der Erblasser bei Berücksichtigung der später eingetretenen Sachlage mutmaßlich die Ernennung eines Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht gewünscht hätte. Maßgeblich ist dabei, welche Gründe den Erblasser zur Anordnung der Testamentsvollstreckung bewogen haben und ob diese Gründe, von seinem Standpunkt aus, auch nach dem Wegfall der benannten Person fortbestehen, insbesondere ob noch Aufgaben des Testamentsvollstreckers zu erfüllen sind.