01.04.2006 | Testierfähigkeit
Gibt es eine postmortale Schweigepflicht bezüglich der Testierfähigkeit des Erblassers?
In der Praxis stellt sich nach dem Tod des Erblassers oft die Frage, ob dieser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierfähig war. Die Frage muss ggf. vom Gericht geklärt werden. Der folgende Beitrag erläutert, inwieweit sich Ärzte, Anwälte und Notare auch nach dem Tod des Erblassers auf Ihre Schweigepflicht berufen können.
Überzeugung des Notars von der Testierfähigkeit reicht nicht aus
Allein die Tatsache, dass der beurkundende Notar in der Urkunde festgehalten hat, dass er auf Grund der Verhandlungen mit dem Erblasser von dessen Testierfähigkeit überzeugt sei, reicht für die Annahme der Testierfähigkeit nicht aus (BayObLG FamRZ 05, 658). Zu Recht führt das BayObLG aus, dass beim ordnungsgemäßen öffentlichen Testament in dem nach § 28 BeurkG vorgesehenen Vermerk des Notars über seine Wahrnehmungen zwar ein Indiz für Testierfähigkeit liegen kann (OLG Hamm FamRZ 97, 1026; Staudinger/Baumann, BGB, 13. Aufl., § 2229 Rn. 47). Eine solche Feststellung des Notars kann aber keine begründeten Zweifel an der Testierfähigkeit entkräften (BayObLG, a.a.O.). Dies gilt insbesondere, wenn eine psychische Erkrankung des Erblassers bereits durch einen Sachverständigen festgestellt ist. In solchen Fällen muss die Berücksichtigung des mutmaßlichen Erblasserwillens weitgehende Aufklärung ermöglichen.
Gericht überprüft die Testierfähigkeit
Im gerichtlichen Verfahren muss die Testierfähigkeit gemäß § 2229 Abs. 4 BGB ex post geprüft werden. Dazu bedarf es der Erstattung von Sachverständigengutachten und der Vernehmung von Zeugen, die den Erblasser gekannt haben und daher Anhaltspunkte dafür liefern können, ob sein Verhalten den Schluss auf Testierfähigkeit oder Testierunfähigkeit zulässt. Dabei kann es bedeutsam sein, solche Personen als Zeugen zu vernehmen, die an sich einer Schweigepflicht unterliegen. Es geht dabei vorwiegend um Ärzte, Anwälte und Notare. Von besonderer Bedeutung ist insoweit die Aussage von Ärzten: Diese unterliegen grundsätzlich gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO der Schweigepflicht, die auch strafrechtlich abgesichert ist, § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB.
Schweigepflicht berechtigt zur Aussageverweigerung
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