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  • 01.12.2005 | Vorweggenommene Erbfolge

    Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen

    von RA Holger Siebert, FA Steuerrecht Alsfeld

    In der Praxis wird regelmäßig eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen als Instrument der vorweggenommenen Erbfolge gewählt (zur Übertragung von Immobilien unter Lebenden Horst, EE 04, 99; 101; 119; 133 und 145). Der Beitrag erläutert die Steuerfolgen dieser Gestaltung.  

     

    Motiv ist oft der Steuervorteil

    Motiv ist oft das steuerliche Progressionsgefälle zwischen Übergeber und Übernehmer. Der Sonderausgabenabzug beim Übernehmer wirkt sich stärker aus als die einkommensteuerliche Belastung beim Übergeber. Dem liegt zu Grunde, dass der Große Senat des BFH klargestellt hat, dass Versorgungsleistungen, die i.V. mit einer im steuerrechtlichen Sinne unentgeltlichen Vermögensübergabe stehen, prinzipiell keine nicht abzugsfähigen Unterhaltsleistungen i.S. von § 12 Nr. 2 EStG darstellen (BStBl. 04 II, 95). Bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen genießt diese Gestaltung das Privileg, dass die Versorgungsleistungen als Sonderausgaben abzugsfähig sind. Dauernde Lasten sind voll abzugsfähig, Leibrenten mit dem Ertragswert, § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Korrespondierend dazu sind die Versorgungsleistungen beim Berechtigten als wiederkehrende Bezüge steuerbar, § 22 Nr. 1 S. 1 EStG.  

     

    Checkliste: Voraussetzungen der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen
    • Es muss eine lebenslange Leibrente bzw. lebenslange dauernde Last vereinbart sein, wobei ausnahmsweise auch Höchstzeitrenten oder Höchstlaufzeiten ausreichen, wenn eine Versorgungslücke geschlossen werden soll (BFH BStBl 96 II, 676). Dem gegenüber liegt bei anderen Leistungen auf Zeit eine sog. Gegenleistungsrente vor (BFH BStBl 96 II, 672).

     

    • Nach neueren Entscheidungen des BFH ist eine solche Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen mit steuerrechtlicher Wirkung grundsätzlich auch gegenüber Fremden möglich (BFH BStBl 98 II, 718; BFH/NV 01, 1388).

     

    • Fraglich ist, ob die Versorgungsleistung als Sonderausgabe auch gegenüber Personen erbracht werden kann, die nicht selbst Vermögen übertragen haben. Nach der Rechtsprechung des X. Senats des BFH ist der Kreis der Empfänger von Versorgungsleistungen auf der Grundlage einer Vermögensübergabe auf den Personenkreis begrenzt, der im Verhältnis zum Erblasser pflichtteilsberechtigt ist. Ausnahmsweise gehören zu diesem „Generationenverbund“ auch Großeltern, wenn das Wirtschaftsgut vormals von den Großeltern auf die Eltern gegen Zusage von Versorgungsleistungen übertragen worden war (ZEV 04, 163; BStBl 97 II, 458).

     

    • Das steuerliche Privileg für Vermögensübergaben gegen Versorgungsleistungen kommt nur bei der Übergabe sog. existenzsichernder Wirtschaftseinheiten zum tragen.
     

    Abgrenzung zwischen Leibrente und dauernder Last

    Wiederkehrende Versorgungsleistungen stellen dauernde Lasten dar, wenn sie abänderbar sind (BFH/NV 92, 592). Ein Verweis auf §323 ZPO im Übergabevertrag ist grundsätzlich so zu verstehen, dass die vereinbarten Leistungen nach Maßgabe des materiellen Rechts abänderbar sein sollen (BFH/NV 04, 877). Enthält der Vertrag keinen ausdrücklichen Bezug auf § 323 ZPO, kann sich eine Änderungsmöglichkeit gleichwohl auf Grund eines Vertragsinhalts ergeben, der eine Anpassung nach den Bedürfnissen des Berechtigten oder der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten erlaubt (BFH BStBl 92 II, 78). Wird Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen, sind die in sachlichem Zusammenhang hiermit vereinbarten wiederkehrenden Leistungen in der Regel abänderbar, selbst, wenn im Vertrag nicht ausdrücklich die Abänderbarkeit vereinbart ist (BFH 29.5.95, X B 232/94, n.v., Abruf-Nr. 053071). Wer sicher sein will, dass die wiederkehrende Leistung als dauernde Last anerkannt wird, sollte vereinbaren, dass für den Fall einer Veränderung in der Versorgungsbedürftigkeit des Übergebers oder in der Leistungsfähigkeit des Übernehmers, die Versorgungsleistungen entsprechend angemessen zu erhöhen oder herabzusetzen sind.