· Fachbeitrag · Ausschlagung
Anfechtbarkeit einer lenkenden Ausschlagung der Erbschaft wegen Motivirrtum
von RA Uwe Gottwald, VorsRiLG a. D., Vallendar
| Der BGH hat die bislang streitige Frage entschieden, ob ein Irrtum über die Person desjenigen, dem die Ausschlagung der Erbschaft zugutekommt, ein zur Anfechtung berechtigender Irrtum ist, und dies verneint. |
Hintergrund
Die zu entscheidende Frage war in der obergerichtlichen Rechtsprechung kontrovers entschieden worden. So hatte das OLG Düsseldorf in zwei Entscheidungen (ZEV 19, 469 und ZEV 18, 85) entschieden, dass ein zur Anfechtung berechtigender Inhaltsirrtum i. S. d. § 119 BGB vorliegt, wenn der (auch rechtskundig beratene) Erklärende über Rechtsfolgen seiner Willenserklärung irrt, weil das Rechtsgeschäft nicht nur die von ihm erstrebten Rechtswirkungen, sondern ganz andere als die beabsichtigten Wirkungen erzeugt. Demgegenüber haben u. a. das OLG Hamm (ZEV 22, 525 mit Anm. Lange), das KG (ZEV 20, 152), das OLG Frankfurt (ZEV 17, 515) und das OLG München (NJW 10, 687) erkannt, dass ein Irrtum über die Person desjenigen, dem die Ausschlagung der Erbschaft zugutekommt, grundsätzlich nur ein nicht zur Anfechtung berechtigender unbeachtlicher Motivirrtum ist. Letztgenannter Ansicht hat sich der BGH nun angeschlossen.
Sachverhalt
Die Beteiligten erstreben die Klärung der Erbfolge im Erbscheinsverfahren. Der Erblasser verstarb im Juli 2018, ohne eine letztwillige Verfügung zu hinterlassen. Die Beteiligte zu 1 ist die Witwe des Erblassers, der Beteiligte zu 2 ein gemeinsames Kind. Sämtliche Abkömmlinge des Erblassers schlugen die Erbschaft aus. Die fristgerecht beim Nachlassgericht eingegangene Erklärung des Beteiligten zu 2 lautet auszugsweise: „Ich, …, schlage die Erbschaft hiermit aus allen in Betracht kommenden Gründen aus.“
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