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Sittenwidrigkeit einer bedingten Enterbung
| Das OLG München hat sich mit der Frage der Sittenwidrigkeit einer Enterbung in einem privatschriftlichen Testament für den Fall beschäftigt, dass der Begünstigte eine bestimmte Person heiratet und die Eheschließung noch vor dem Tod des Erblassers erfolgt. |
Der Erblasser errichtete ein eigenhändiges Testament, in dem er die Beteiligten je zu 1/2 als Miterben einsetzte. Auf der letzten Seite des Testaments verfügte er: „Sollte mein Sohn A. (= der Beteiligte zu 1) seine Lebensgefährtin ... (C. L.) heiraten, wird er enterbt.“ Der kinderlose Beteiligte zu 1 heiratete noch zu Lebzeiten des Erblassers die im Testament genannte Lebensgefährtin.
Der Beteiligte zu 2 beantragte die Erteilung eines Alleinerbscheins. Er meinte, durch die Heirat des Beteiligten zu 1 sei die Bedingung im Testament eingetreten und dieser enterbt worden. Dem ist der Beteiligte zu 1 mit der Ansicht entgegengetreten, es handele sich insoweit um eine sittenwidrige Bedingung.
Das Nachlassgericht ist der Argumentation des Beteiligten zu 1 gefolgt und hat den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 2 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 2, der das Nachlassgericht nicht abgeholfen hat. Es hat die Beschwerde dem OLG München zur Entscheidung vorgelegt, das der Beschwerde stattgegeben und das Nachlassgericht angewiesen hat, den beantragten Alleinerbschein zu erteilen.
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Ob eine sittenwidrige und damit nichtige Bedingung die konkrete Verfügung des Erblassers (hier: Enterbung) insgesamt unwirksam macht, ist im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung zu klären. (Abruf-Nr. 244400) |
Für die Annahme von Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB sei im vorliegenden Fall kein Raum. Dabei hat der Senat sehr ausführlich die folgenden Erwägungen angestellt und berücksichtigt:
- Der Beteiligte zu 1 sei pflichtteilsberechtigt und habe bereits deshalb eine maßgebliche Beteiligung am Nachlass.
- Der Erblasser habe dem Beteiligten zu 1 geholfen, eine Ausbildung in der Spitzengastronomie zu erhalten und abzuschließen.
- Dem Beteiligten sei auch nicht jede Eheschließung untersagt worden, sondern lediglich eine mit einer bestimmten Person.
- Der Erblasser hätte noch zu Lebzeiten das von ihm missbilligte Verhalten des Beteiligten zu 1 durch eine (erneute) Enterbung sanktionieren können.
Selbst wenn man aber zu einer Sittenwidrigkeit der konkreten Bedingung käme, wäre der Beteiligte zu 1 nicht als Erbe berufen. Nach Inhalt und Aufbau der Verfügung kam es dem Erblasser auf den Ausschluss des Beteiligten zu 1 von der Erbfolge in besonderem Maße an, falls dieser die vom Erblasser missbilligte Ehe eingeht. Die Erbeinsetzung lasse sich mithin auch nicht im Wege ergänzender Testamentsauslegung feststellen.