· Fachbeitrag · Testament
Einzelfragen zur Wirksamkeit von Testamenten in der aktuellen Rechtsprechung
von RA Ernst Sarres, FA Erbrecht und FA Familienrecht, Düsseldorf
| Testamente bieten häufig Anlass für Streit um erbrechtliche Ansprüche. Sie können aus unterschiedlichen Gründen auslegungs- und klärungsbedürftig sein oder Erbberechtigungen in Zweifel ziehen. Die folgende Darstellung erfasst eine Auswahl aktueller Entscheidungen mit umstrittenen Sachverhalten verbunden mit Hinweisen für die Beratungspraxis. |
1. Erbberechtigung trotz weitreichender Enterbung?
Eine Entscheidung des OLG Stuttgart behandelte ein privatschriftliches Testament, mit dem die Erblasserin durch eine spezielle Formulierung eine weitreichende Enterbung beabsichtigte. Die Umsetzung dieser letztwilligen Verfügung stand im Mittelpunkt der gerichtlichen Überprüfung (OLG Stuttgart 23.11.20, 8 W 359/20, Abruf-Nr. 220090).
Sachverhalt
Die ledig und kinderlos verstorbene Erblasserin, deren Eltern bereits vorverstorben sind, hinterließ ein im Februar 2007 verfasstes handschriftliches Testament. Der maßgebliche Verfügungstext enthält zunächst nach einem Einleitungssatz den folgenden mit Ausrufezeichen versehenen Obersatz: „Ausgeschlossen sind alle Verwandten und angeheirateten Verwandten!“ Hieran folgt die Aufzählung bestimmter Personen, die sie ausdrücklich von der gesetzlichen Erbfolge ausschließt. Bei den zusätzlichen Bewertungen im Testament unterscheidet sie wegen des erlittenen Vertriebenenschicksals zwischen „wir“ und „Verwandten“. Ihren Bruder erwähnt die Erblasserin in der Ausschlussregelung nicht. Dieser beantragte beim AG einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweist.
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