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  • Transport von Kindern zu Sportveranstaltungen: keine GOA

    | Wenn minderjährige Mitglieder eines Amateursportvereins von ihren Familienangehörigen oder Angehörigen anderer Vereinsmitglieder zu Sportveranstaltungen gefahren werden, handelt es sich grundsätzlich - auch im Verhältnis zum Verein - um eine Gefälligkeit, die sich im außerrechtlichen Bereich abspielt, sodass Aufwendungsersatzansprüche gegen den Verein ausscheiden ( BGH 23.7.15, III ZR 346/14 ). |

    Gefälligkeitsverhältnis

     

    Die Parteien streiten um den Ersatz von Schäden, die die Klägerin (Großmutter, G) bei einem Verkehrsunfall erlitten hat. Die Enkelin (E) spielt in der Mädchen-Fußballmannschaft des beklagten Vereins (V). Die G, die die E zu einer Veranstaltung bringen wollte, verunfallte mit ihrem PKW auf der Fahrt und verletzte sich. Die A. Versicherungs-AG, bei der der V eine Sportversicherung unterhält, lehnte die bei ihr angemeldeten Ansprüche der G ab. Die G hat daraufhin den V auf Ersatz ihres materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch genommen. Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der G hat das OLG den V - unter Zurückweisung der Berufung bezüglich des begehrten Schmerzensgeldes - zur Zahlung verurteilt.

     

    Der BGH folgt der Ansicht des LG. Nach der Senatsrechtsprechung ist im Bereich der rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisse zwischen einem Auftrags- und einem Gefälligkeitsverhältnis zu unterscheiden. Ob jemand für einen anderen ein Geschäft i.S. des § 662 BGB besorgt oder jemandem nur eine (außerrechtliche) Gefälligkeit erweist, hängt vom Rechtsbindungswillen ab. Maßgeblich ist insoweit, wie sich dem objektiven Beobachter - nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls mit Rücksicht auf die Verkehrssitte - das Handeln des Leistenden darstellt. Eine vertragliche Bindung wird insbesondere zu bejahen sein, wenn erkennbar ist, dass für den Leistungsempfänger wesentliche Interessen wirtschaftlicher Art auf dem Spiel stehen und er sich auf die Leistungszusage verlässt oder wenn der Leistende an der Angelegenheit ein eigenes rechtliches oder wirtschaftliches Interesse hat. Ist dies hingegen nicht der Fall, kann dem Handeln der Beteiligten nur unter besonderen Umständen ein rechtlicher Bindungswillen zugrunde gelegt werden. Ein Bindungswille wird deshalb i.d.R. beim sog. Gefälligkeitshandeln des täglichen Lebens, bei Zusagen im gesellschaftlichen Bereich oder bei Vorgängen, die diesen ähnlich sind, zu verneinen sein. Genauso muss, um Wertungswidersprüche zu vermeiden, im Bereich der gesetzlichen Schuldverhältnisse zwischen der Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677 ff BGB und der (außerrechtlichen) Gefälligkeit ohne Auftrag unterschieden werden. Maßgeblich ist ebenfalls, wie sich dem objektiven Beobachter - nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls mit Rücksicht auf die Verkehrssitte - das Handeln des Leistenden darstellt. Die Abgrenzung erfolgt unter Berücksichtigung u.a. der Art der Tätigkeit, ihrem Grund und Zweck, ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Bedeutung für den Geschäftsherrn, der Umstände, unter denen sie erbracht wird, und der Interessenlage der Parteien. Gefälligkeiten des täglichen Lebens oder vergleichbare Vorgänge können insoweit regelmäßig den Tatbestand der §§ 677 ff. BGB nicht erfüllen.

     

    Die G hat die E fahren wollen, damit diese am Turnier teilnehmen konnte. Dies geschah aus Gefälligkeit gegenüber der E bzw. deren sorgeberechtigten Eltern. Daran ändert auch nichts, dass der Transport auch im Interesse des V lag. Der „Bringdienst“ zu auswärtigen Spielen war Sache der Eltern bzw. anderer Angehöriger oder Freunde. G hat u.a. vorgetragen, wenn sie nicht gefahren wäre, hätte man den Transport innerhalb der Familie oder der übrigen Vereinsmitglieder so umorganisiert, dass eine andere Person die E gefahren hätte. Dieser übliche Ablauf spricht dagegen, den Transport der Kinder zu Auswärtsspielen als auf der Grundlage eines Schuldverhältnisses erbracht anzusehen. Vielmehr handelt es sich um eine reine Gefälligkeit, die sich im außerrechtlichen Bereich abspielt. Solange keine gegenteiligen Absprachen getroffen werden, scheiden damit Aufwendungsersatzansprüche aus.

     

    Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 124/2015

    Quelle: ID 43578622